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Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)

Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)

Titel: Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Kathleen Ryan
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großen Augen in die Dunkelheit und versuchte Seth, den Gefangenen und Anne Mather zu vergessen – alles zu vergessen. Sie versuchte sich selbst zu vergessen.

Das letzte Amen
    D anke, dass ihr alle gekommen seid.« Kieran blickte auf seine schrumpfende Gemeinde und rieb mit den Fingern über das hölzerne Podium. Er fühlte sich für diese Predigt nicht inspiriert genug. Er hatte zu viel Angst.
    »Morgen werden wir in aller Frühe unseren Feinden zum ersten Mal seit dem Angriff gegenüberstehen. Diesmal, so hoffe ich, wird unser Aufeinandertreffen friedfertig sein. Ich weiß, dass ihr euch nach Rache sehnt. Auch ich tue das. Aber meine Aufgabe ist es, euch zu beschützen. Deshalb werde ich versuchen, eine friedliche Lösung unseres Konflikts zu verhandeln. Falls mir das nicht gelingt –«
    »Was dann?«, schrie jemand aus dem hinteren Teil des Raums. »Bückst du dich dann und küsst ihnen die Ärsche?« Kieran schaute perplex auf. Er versuchte den Sprecher in der Gemeinde ausfindig zu machen, aber die hellen Scheinwerfer blendeten ihn, und er konnte hinten im Raum nichts erkennen.
    »Nein«, sagte er. Er warf einen kurzen Blick auf den Rest seiner Predigt, erkannte, wie fade sie war, knüllte den Zettel zu einem Ball zusammen und warf ihn über seine Schulter. Ein paar Leute lachten, einige andere setzten sich gerader in ihren Stühlen auf. »Nein. Falls sie uns unsere Eltern nicht umgehend zurückgeben, falls sie versuchen sollten, dieses Schiff zu entern, oder irgendeine feindliche Aktion starten sollten, dann … hat sich der Zentralrat mit mir geeinigt, dass wir unsere Eltern mit Gewalt zurückholen werden.«
    Ein Jubelschrei ertönte von weiter hinten, ein paar Pfiffe fielen ein, und dann war plötzlich die gesamte Gemeinde auf den Füßen, klatschte und jubelte freudig.
    »Wir werden sie töten! Wir töten sie alle!«, schrie jemand in den Applaus hinein. Einige Jungen stimmten einen Sprechchor an. »Anne Mathers Kopf! Auf einer Stange! Anne Mathers Kopf! Auf einer Stange!«
    Schon bald hatte die gesamte Versammlung den Kampfschrei aufgegriffen, und der Raum war von einem blutrünstigen Rausch ergriffen.
    Marjorie Wilkins und ihre Schwester standen in der ersten Reihe mit hochgerissenen Armen auf ihren Stühlen und schrien ihre hilflose Wut heraus. Sie hatten kein Video von der New Horizon erhalten. Tatsächlich war das wahrscheinlich der Hauptgrund für all den Zorn im Raum – dass manche sehen mussten, wie Freunde gute Nachrichten von ihren Angehörigen erhalten hatten, während sie selbst leer ausgegangen waren. Das war ein ausreichender Grund, um jeden in einen Wilden zu verwandeln.
    Und sie waren Wilde. Sie brüllten mit rot angelaufenen Gesichtern, stießen voller Wut die Fäuste in die Luft und brüllten nach Rache, bis ihre Stimmen heiser waren. Kieran starrte sie fasziniert an. Er erkannte sie nicht wieder. Er hatte keine Ahnung, wie er zu ihnen reden sollte. Sobald er sich wieder gefasst hatte, hob er die Hände und brüllte in das Mikrofon: »Das reicht jetzt! Stopp! Stopp!«
    Langsam beruhigte sich die Menge wieder und sah ihn erwartungsvoll an.
    »Ich weiß, dass ihr für das, was sie uns angetan haben, Rache nehmen wollt. Ich möchte das auch.«
    »Worauf du einen lassen kannst!«, schrie Marjorie, und mehrere Leute lachten.
    »Vergessen wir die Verhandlungen!«, rief ein Junge in der ersten Reihe. »Schnappen wir sie uns!«
    Mehrere zustimmende Rufe antworteten ihm.
    »Wir müssen realistisch sein!«, übertönte Kieran sie. »Wir wollen sie alle bestrafen, aber wenn wir auf ihrem Territorium kämpfen, könnten wir schnell diejenigen sein, die bestraft werden.«
    »Kieran scheißt sich an!«, rief jemand aus der Menge, und mehrere andere fielen in den Ruf mit ein, zuerst nur leise, dann immer lauter werdend, bis die gesamte Gemeinde aus vollem Hals brüllte. Einige verteidigten Kieran, aber die meisten grölten mit.
    Kieran schmeckte das Salz, als er sich den Schweiß von der Oberlippe leckte. Er war schon einmal in dieser Situation gewesen, vor einer Menschenmasse zu stehen, die ihn verdammen wollte. Er hatte diesen Horror schon einmal erlebt, und es hatte ihn beinahe zerstört.
    Nein, sagte er zu sich selbst, nein.
    »Haltet eure Klappe! Alle!«, schrie er in das Mikrofon. Marjorie Wilkins, die ihn ignorierte, hechtete über die Lehne ihres Sitzes und sprang auf einen Jungen, der Kieran mit herausgestreckter Zunge verhöhnte. Der Junge konnte sie abschütteln, so dass sie zu Boden

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