Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)
Stunden pro Tag wach, kann aber nicht viel tun.«
»Atmet Philip selbständig?«
»Er ist noch immer an das Beatmungsgerät angeschlossen. Wir werden es erst abstellen, wenn seine anderen Vitalfunktionen sich ausreichend stabilisiert haben.«
»Gib mir dann bitte Bescheid, ja? Ich möchte dabei sein«, sagte Kieran und beendete die Verbindung.
Es gab so vieles, worüber er sich den Kopf zerbrechen müsste, so vieles, was ihn ängstigte. Aber was ihn nachts wach hielt, war die Erinnerung an Philips geschwollenen Kopf, an seine hervortretenden Augen und die Marionettenhaftigkeit, mit der seine Gliedmaßen sich bewegt hatten. Ich hätte einem kleinen Jungen nie eine so riskante Aufgabe geben dürfen, dachte Kieran. Aber der Auftrag, Waverly zu beschatten, war ihm damals gar nicht so gefährlich erschienen.
Letzen Endes war sie es gewesen, die Philip in Gefahr gebracht hatte. Hätte sie nicht Dinge getan, die sie nicht tun sollte, würde es dem Jungen jetzt gutgehen.
Vermutlich, so dachte Kieran, traf Waverly sich gerade jetzt, während er hier saß und sich über Philip den Kopf zerbrach, mit ihrem Zentralrat. Wenigstens hatte Arthur sich gut genug erholt, um an diesen Treffen teilzunehmen, und obwohl er kaum sprechen konnte, würde er genau Bericht erstatten. Waverly würde nichts tun können, ohne dass Kieran es wusste. Zumindest für den Augenblick war die Bedrohung, die von ihr ausging, neutralisiert.
Oder doch nicht? Als er von seinem Quartier zur Kommandozentrale ging, fiel ihm ein neues, sehr plastisches Graffiti ins Auge. Es zeigte Kieran, der masturbierte, während Waverly und Seth den Terroristen verprügelten. Darunter stand: Wer ist unser wahrer Anführer? Ein paar Tage zuvor erst hatte er ein Graffiti gesehen, auf dem Seth hinter Gitterstäben abgebildet war, und die Unterschrift dort lautete: So danken wir unseren Helden. Vielleicht hatte die Tatsache, dass Kieran Seth eingesperrt hatte, ihn für einige Leute zum Märtyrer gemacht. Andererseits: Hatte er, Kieran, denn eine Alternative?
»Bring unsere Eltern zurück«, murmelte er zu sich selbst. »Wenn dir das gelingt, wird sich niemand mehr gegen dich stellen.«
Zitternd und mit schnellem, unstetem Atem loggte er sich in das Langstrecken-Interkom ein und rief das andere Schiff.
Sofort antwortete ein Mann, der auf ihn etwas zu glatt wirkte. » Empyrean, hier ist die New Horizon. «
»Ich möchte bitte mit Anne Mather sprechen.«
»Ich werde nachsehen, ob die Pastorin Zeit hat.«
Kieran musste nicht lange warten, denn kurz darauf erschien Mathers Gesicht auf dem Bildschirm. Sie wirkte müde und abgespannt, als hätte sie tagelang nicht geschlafen, und sein Mut wuchs. »Hallo, Kieran, ich hoffe, du hast gute Neuigkeiten für mich.«
»Nennen Sie mir Ihre Bedingungen.«
»Gut«, sagte sie und stützte ihre Ellbogen auf dem Schreibtisch ab. »Als Erstes fordere ich Immunität.«
»Für wen?«
»Für mich. Du könntest versuchen, mich als Kriegsverbrecherin hinzustellen, aber wenn du das mit der Galionsfigur des Schiffs machst, beleidigst du jeden an Bord. Es kann keinen Frieden geben, wenn wir beide versuchen, die jeweils andere Seite zu schikanieren.«
»Ich werde darüber nachdenken.«
Sie sah ihn scharf an, fuhr dann aber fort: »Dann möchte ich sichergestellt haben, dass, wenn wir New Earth erreichen, beide Schiffe an der Verteilung der Territorien beteiligt sein werden.«
»Um einen kompletten Planeten unter ein paar hundert Leuten aufzuteilen? Glauben Sie wirklich, dass das Probleme bereiten wird?«
»Wir haben nur begrenzte Daten über die Ökosysteme vor Ort, Kieran. Vielleicht gibt es dort nur wenig urbares Land. Ich werde nicht zulassen, dass meine Leute eines Tages inmitten einer Wüste festsitzen.«
»Gut, darauf kann ich mich einlassen.«
»Und ich finde, dass Vertreter beider Schiffe mindestens einmal pro Jahr an einem Kongress teilnehmen müssen, der abwechselnd von einem der Schiffe oder einer der Kolonien ausgerichtet wird und in dessen Verlauf Informationen ausgetauscht werden und über die planetare Regierung entschieden wird.«
Es dämmerte Kieran, dass er selbst überhaupt keine Bedingungen vorbereitet hatte – von der Forderung, die Eltern zurückhaben zu wollen, abgesehen – und dass daher Mather in diesem Gespräch das Sagen hatte. »Pastorin Mather …«
»Anne, bitte.«
Er seufzte, gereizt wegen ihres anbiedernden Tonfalls. »Ich möchte, dass Sie mir Ihre Bedingungen als Textdokument senden, damit ich
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