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Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)

Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)

Titel: Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Kathleen Ryan
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Etwas gegeben hat und die ich vermutlich nie herausfinden werde. Irgendein Gewürz oder zusätzliche Ziegenmilch oder vielleicht auch etwas ganz anderes. Ihre heiße Schokolade war einfach das Beste überhaupt. Heute rühre ich keine mehr an.«
    Irgendwann während dieses Monologs hatte das Summen aufgehört.
    »Sie lachte sehr viel«, sagte Seth. Er schloss die Augen und rief sich das Lachen seiner Mutter in Erinnerung: ein leises Glucksen, das nie lange anhielt, ihn aber immer glücklich gemacht hatte. Er hatte es geliebt, für sie den Clown zu spielen. Er war in seinem Schlafanzug herumgetanzt, hatte die Beine in die Luft geworfen und so lange Grimassen geschnitten, bis sie ihm einen Kuss gegeben hatte. »Nachdem Mom tot war, lachte niemand mehr bei uns. Mein Dad war wirklich … Hm, ich spreche nicht gern schlecht von Toten, aber er war so ein Arschloch, und er war der Meinung, dass Lachen ein Zeichen von Schwäche ist. Ich schätze, ich komme da nach ihm, denn auf diesem ganzen Schiff gibt es wohl niemanden, der mich je zum Lachen gebracht hätte.«
    »Vielleicht bist du nur traurig«, sagte der Gorilla.
    Seth war bestürzt von diesem offensichtlichen Mitgefühl, aber er fing sich schnell wieder. »Das bin ich wohl.«
    »Ich wusste nicht, dass du Waise bist.«
    »Ja«, sagte Seth. Seine Stimme schmerzte vom Reden, also hielt er den Atem an und wartete, dass der andere weitersprach.
    Er wartete lange und war fast eingeschlafen, als der Mann schließlich sagte: »Ich bin auch Waise.« Er sprach diese Worte mit einer Stimme aus, die so tief war, dass sie aus der Mitte seiner breiten Brust zu kommen schien. »Meine Mom starb auf der Erde, bevor wir an Bord der New Horizon gingen. Sie wurde von einem Hund gebissen, und wir konnten keine Antibiotika für sie finden. Ist das zu glauben? Etwas so Simples wie Penizillin, und wir konnten es nicht auftreiben! Das hat mich fast in den Wahnsinn getrieben. Ich glaube, das war der Grund, warum mein Vater unbedingt auf das Schiff wollte – damit wir immer einen Arzt in der Nähe haben.«
    »Was ist mit deinem Dad passiert?«, fragte Seth.
    »Leberkrebs. Als ich zwölf war.«
    »Scheiße.«
    »Ich bin trotzdem irgendwie groß geworden. Es hat sich immer jemand um mich gekümmert.«
    »Ja, du bist groß geworden«, sagte Seth mit vorgespielter Anerkennung. »Wie groß bist du genau?«
    Der Mann gluckste. »Einsachtundachtzig.«
    »Echt? Ich hätte mehr gedacht.«
    »Wie groß bist du?«
    »Etwa einsdreiundachtzig.«
    »Du wächst noch etwas. Wenn du es nicht vorher irgendwie schaffst, über den Jordan zu gehen.«
    »Interessanter Kommentar von jemandem, der mich töten wollte. Zweimal sogar.«
    »Das war nichts Persönliches.«
    »Es fühlte sich aber verdammt persönlich an.« Einen Moment lang vergaß Seth, was er vorhatte. Er wollte den Kerl schlicht anschreien und Messer auf ihn werfen. Viele Messer. Große Messer.
    »Das tut mir leid«, sagte der Mann. Er verlagerte sein Gewicht, so dass die Pritsche, an der er lehnte, quietschte. Er streckte die Beine aus, bis die Sohlen seiner gewaltigen Schuhe die Gitterstäbe seiner Zelle berührten. »Ich wollte nur selbst am Leben bleiben.«
    »Und du hast versucht, Waverly umzubringen.«
    »Sie hat Shelby getötet.«
    »Dein Hausschaf?«
    »Meinen Bruder«, sagte der Mann. Seine Stimme klang nun verletzlich, fast jungenhaft. »Wir waren keine Blutsverwandten. Unsere Nachbarn nahmen mich zu sich, nachdem Dad gestorben war, und Shelby war ihr Sohn. Viele Kinder hätten ein neues Kind im eigenen Zuhause abgelehnt, aber Shelby nahm mich in den Arm und sagte: ›Ich wollte schon immer einen Bruder haben.‹ Das war gleich am ersten Tag. Ich glaube, ich tat ihm leid, da ich gerade meinen Dad verloren hatte und so, und er wollte helfen.«
    »Klingt nach einem guten Menschen«, sagte Seth, als der Gorilla eine Pause machte.
    »Er war ein großartiger Mensch«, erwiderte der Mann verteidigend. »Er hatte nur einen Narren an Pastorin Mather gefressen und tat alles, was sie ihm befahl.«
    »Du denn nicht?«
    »Sie hat mich nie sonderlich beachtet«, sagte der andere, aber Seth vermutete, dass er sich mehr Beachtung gewünscht hätte.
    »Warum hat sie dich dann hergeschickt?«
    Der Mann drehte den Kopf, um Seth direkt anzusehen, der sein Bestes gab, dem Blick standzuhalten. »Was hast du vor?«, fragte der Gorilla.
    »Wie jetzt?«, fragte Seth unschuldig. »Hältst du mich für einen Spion oder so was?«
    Die Augen des anderen verengten sich

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