Sternenfinsternis (German Edition)
vielleicht war dies nur zu ihrem Besten – ein derartiger Schicksalsschlag hätte sie womöglich ihrer Konzentration beraubt.
Zielstrebig folgte ihre Sphäre all den unzähligen anderen künstlich geschaffenen Himmelskörpern, die bereits damit begannen, sich am Zielpunkt zu formieren.
Während Nokturijè damit beschäftigt war, im System der Mÿnotrôn nach der Befehlszeile des Autopiloten zu forschen, in der Hoffnung diese außer Kraft setzen zu können, um die volle Kontrolle des Schiffes zu erlangen – stand Cameron nur regungslos da und begutachtete, was sich jenseits der gläsernen Front zutrug.
Ob er in diesem Augenblick erahnte, was ihnen bevorstehen würde, war seiner Mine nicht zu entnehmen. Vermutlich war er zu sehr darauf erpicht, erfassen zu können, was sich da vor seinen Augen ereignete. Je näher sie dem Konstrukt kamen, welches die Sphären, Kugel um Kugel erschuf, desto eindeutiger wurde es für den einstigen Colonel der irdischen Confederated Space Alliance, die inzwischen, wie auch sein und Lucas Heimatplanet, der Vergangenheit angehörte.
»Nokturijè. Komm her und sieh dir das an«, sagte er, woraufhin die Mè von ihrer Suche abließ und sich zu ihm an das Frontfenster begab.
»Was haben die vor?«, fragte sie ihn überrascht.
Ihr Verstand schien in dem Moment der Sichtung nicht dazu in der Lage, das zu erkennen, was Cameron bereits ansatzweise durchschaute.
»Sie formieren sich zu einem gewaltigen Ball.«
Nun fügte sich auch für die Mè das Bild langsam zusammen, dennoch entdeckte sie nicht den Sinn, der dahinter steckte, womit sie mit der Erkenntnis Camerons gleichzog.
»Die bilden mit ihren Sphären eine überdimensional-große Sphäre ... doch warum?«
Cameron sah die Mè ratlosen Blickes an und zuckte unwissend mit den Schultern.
»Ich hab keinen Plan. Ich hatte gehofft, dass du dir einen Reim darauf machen kannst.«
Nokturijè biss sich nachdenklich auf die Unterlippe und kniff die Augen soweit zusammen, dass sie nur noch durch kleine Schlitze hindurchsah.
»Sie bilden mit den Körpern eine Hülle ... das Innere lassen sie jedoch hohl«, murmelte sie vor sich hin, als sie plötzlich ihre Lider weit aufriss und dabei erschrocken tief Luft einsog.
Ohne Cameron über ihre Erleuchtung aufzuklären, lief sie zurück zum Holotisch und setzte ihre Arbeit noch hektischer fort. Er stand nur verdutzt da und sah zu der Mè hinüber. Cam konnte es nicht fassen, dass sie ihn, ob nun absichtlich oder unbewusst im Unklaren ließ.
»Hallo? Würdest du mal mit mir reden?«, verlangte er von ihr perplex.
»Nein. Keine Zeit ... wenn ich recht haben sollte, dann ...«
Die Mè stockte, hielt in ihrem Tun inne und sah Cameron an, als ob sie einen Geist erblickt hätte.
»Was? Was ist denn? Jetzt sag mir schon, was los ist, verdammt. Wenn du wegen was recht haben solltest? Und warum haben wir keine Zeit mehr? Ich bekomm hier gleich die Krise«, redete er flatterig, ohne dabei Luft zu holen.
Nokturijè jedoch entgegnete nichts, sie tippte nur auf das berührungsempfindliche Display der Tischoberfläche, ohne ihren Blick von der dreidimensionalen Projektion, welche über diesem schwebte abzuwenden. Cameron wünschte sich, nur im Ansatz etwas von dem in Ziffern und Lettern gefassten Binärcode verstehen zu können, der vor der Mè im Raum schwebte.
Als sie ihre Arbeit scheinbar abgeschlossen hatte, erschien ein neuer Countdown auf allen holographischen Monitoren der gesamten Brücke. Cameron betrachtete wortlos die kryptischen Ziffern auf den zahlreichen in der Luft schwebenden Bannern. Auch wenn er nicht genau wusste, was dies zu bedeuten hatte, sagte ihm sein Bauch, dass dies kein gutes Zeichen war. Kreidebleich sah er wieder Nokturijè an und fragte, was er insgeheim eigentlich gar nicht wissen wollte.
»Was passiert, wenn der Countdown abgelaufen ist?«
Die Mè biss sich wieder auf die Lippe. Es war ihm zuvor nie aufgefallen, doch dies tat sie immer, wenn ihr etwas unangenehm war oder sie etwas gestehen musste, dies jedoch nicht wollte. In diesem Falle bestätigte es seine Befürchtung – es bedeutete alles andere als etwas Gutes.
»Das kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Doch jetzt ist der Autopilot nebensächlich geworden. Ich muss den Code finden, dem das Zählwerk anhängt und unter allen Umständen das verhindern, was folgen wird. Denn ... ich befürchte, dass es sonst das Letzte gewesen sein wird, was wir unternommen haben.«
Kommentarlos nickte Cameron ihr zu, worauf
Weitere Kostenlose Bücher