Sternenkinder
wollen. Ich möchte mit Ihnen zusammenarbeiten, nicht gegen Sie.«
Bleibende Hoffnung stand auf. »Ich bin dabei, wenn Pirius dabei ist. Ich meine«, setzte er ätzend hinzu, »der echte Pirius.«
Pirius Rot sah sich noch mit anderen Problemen konfrontiert, als er weitere Kandidaten befragte.
Man brachte eine junge Frau namens Tili zu ihm, die angeblich gute intuitive Ansätze als Navigatorin gezeigt hatte, bevor sie wegen irgendeines belanglosen Fehlverhaltens an diesen trostlosen Ort verbannt worden war. Ihre Verfassung schockierte ihn. Sie war im Kampf verwundet worden, und obwohl ihre körperlichen Verletzungen verheilt waren, zeichnete sich ein keimender Schmerz in ihren großen Augen ab. Pirius verpatzte schon gleich den Einstieg ins Gespräch, als sie nicht einmal auf ihren Namen reagieren wollte. Anscheinend hatte sie zu einem Drillingspaar gehört; doch da die anderen beiden ums Leben gekommen waren, bestand sie nun darauf, nur mit ihrem »Familiennamen« angesprochen zu werden: Drei.
Sie werde sich nicht freiwillig zu seiner Staffel melden, jedoch Befehle befolgen, sagte sie. »Aber es ist ohnehin egal, was wir tun.«
»Nein, keineswegs…«
»Doch. Fragen Sie Diese Bürde Wird Vergehen.«
»Wen?«
Sie zuckte mit den Schultern und saß apathisch da, bis er sie entließ.
Nach ähnlichen Erfahrungen mit anderen Kadetten, bei denen mehrmals Bürdes Name fiel, erkannte Pirius, dass er diesen Frontpropheten kennen lernen musste, wenn er die seltsame, abweichende Kultur dieser Basis durchschauen wollte.
Und wie er immer gewusst hatte, würde er auch seinem künftigen Ich gegenübertreten müssen.
Diese Bürde Wird Vergehen – oder Quero, wie Pila ihn hartnäckig nannte – passte nicht in diese Kolonie von Kindersoldaten. Er war zu groß, zu alt, zu erfahren. Ruhig und entspannt saß er in Pirius’ requiriertem Büro und beherrschte dennoch irgendwie den Raum. Er ruhte in sich, das war die richtige Formulierung; er brachte Pirius dazu, sich jung und unfertig zu fühlen.
»Sie sind ein guter Flieger«, sagte Pirius. »Das geht eindeutig aus Ihrer Ausbildungsakte hervor.«
»Vielen Dank.«
»Und Sie verstehen es, sich am Leben zu erhalten. Allein schon wegen dieser beiden Eigenschaften hätte ich Sie gern in meiner Staffel.«
Bürde nickte. Doch als ihm aufging, dass Pirius ihm einen Fliegerposten anbot, mied er merkwürdigerweise dessen Blick. »Was immer Sie sagen.«
Pirius sagte sein Standardsprüchlein auf. »Ich würde Sie ungern abkommandieren. Ich will Freiwillige, wenn ich welche kriegen kann; die Mission wird auch so schon hart genug, ohne widerwillige Abkommandierte.«
»Klug von Ihnen.«
»Aber der Punkt ist«, sagte Pirius, »dass es hier auf Quin viele gibt, die nicht einmal in Erwägung ziehen, mit mir zu kommen, wenn Sie es nicht tun. Ich verstehe nicht, welchen Einfluss Sie auf diese Leute haben.«
»Ich nehme an, ich gebe ihnen Hoffnung«, sagte Bürde.
»Es liegt an Ihrer Philosophie, nicht wahr? Sie sind Wignerianer. Sie glauben, dies alles« – er machte eine Handbewegung – »wird ausgelöscht, wenn…«
»Wenn wir die zeitartige Unendlichkeit erreichen«, sagte Pila kalt. Sie musterte Bürde mit unverhülltem Abscheu. Trotz ihres ganzen Zynismus war sie eine strenge Druzitin, und Bürdes Nonkonformismus empörte sie. »Sie sind nur hier, weil Sie ein Meinungsbildner sind.« Sie wedelte mit ihren manikürten Händen. »Da draußen, in diesem Loch, das Sie Kaserne nennen.«
»Ich will niemandes Meinung bilden. Ich bin nur ich selbst.«
»Unsinn«, sagte Pila. »Es erstaunt mich, dass die Kommandeure hier Ihr abweichendes Verhalten dulden. Ich würde das nicht tun. Keine Sekunde lang.«
»Sie werden sich schon dran gewöhnen. Und schließlich spielt es keine Rolle. Diese Bürde wird vergehen«, sagte Bürde und grinste.
»Jedenfalls macht es keinen Unterschied, ob Sie sich uns anschließen oder nicht«, sagte sie. »Denn ganz gleich, was wir tun, das alles wird sowieso ausgelöscht, oder nicht? Aus welchem Grund verlassen Sie dann überhaupt noch Ihre Koje?«
»Dafür gibt es immer einen Grund«, sagte Bürde milde. »Alle Weltlinien tragen zum Ganzen bei, auch wenn wir es in gewissem Sinn nicht verstehen. Und dann sind da natürlich immer die Menschen um einen herum. Man muss sich um sie kümmern, so wie sie sich um einen kümmern. Ich glaube tatsächlich an die zeitartige Unendlichkeit, die finale Konvergenz…«
Pirius nickte. »Aber wir haben die Pflicht,
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