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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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wechselseitigen Destruktion sich legte und alle Antimaterie verschwunden war, blieb eine Spur Materie übrig – ein weiteres Rätsel für die menschlichen Wissenschaftler der Zukunft, die sich immer über die verwirrende Existenz eines Überschusses von Materie gegenüber Antimaterie wundern würden.
    Das Universum hatte einen weiteren Übergang durchgemacht; eine weitere Generation des Lebens war verschwunden und hatte nur weit verstreute Überlebende und die Ruinen untergegangener und vergessener Zivilisationen hinterlassen. Für seine wenigen verbliebenen Bewohner schien das Universum nun wahrhaftig sehr alt zu sein, alt und aufgebläht, kühl und dunkel.
    Seit der Singularität war eine Millionstel Sekunde vergangen.

 
46
     
     
    Hinter einem Grav-Schild herzufliegen war wie eine Reise in einen endlosen Tunnel.
    Von ihrer Pilotenblase aus blickte Torec durch das übliche Sammelsurium virtueller Warnfelder auf eine Wand aus Turbulenz vor ihr. Das Ergebnis der Raumzeitverzerrungen durch den Gravastern-Schild ähnelte einer annähernd kreisförmigen, brechenden Wellenfront, in der das blauweiße Licht des Kerns gemischt und verquirlt und irgendwie auf eine Weise gedehnt war, dass ihr die Augen davon schmerzten. Der Anblick hatte etwas zutiefst Beunruhigendes, fand sie; etwas daran löste auf einer sehr untergründigen Ebene instinktive Abwehr bei ihr aus.
    Als sie sich umschaute, sah sie eine Anordnung leuchtend grüner Funken in ihrem Blickfeld. Das waren die anderen Grünschiffe ihres Schwarms, der heute von Pirius Blau angeführt wurde, hoch oben in Torecs Himmel – Blau, die sonderbare, verbitterte Zukunftszwillingsversion ihres eigenen Pirius, die unerklärlicherweise zum Schwarmkommandanten ernannt worden war.
    Die Staffel erlernte den Formationsflug mit Grav-Schild. Es war Torecs zweiter Trainingsflug an diesem Tag, ihr zehnter in dieser Woche, und in den Zeiten zwischen Landung und nächstem Start hatte sie nicht viel Schlaf bekommen. Aber sie schob die Müdigkeit beiseite, von der ihr die Augäpfel kribbelten, schaute nach vorn und versuchte, sich weiterhin auf das eigentümliche Phänomen zu konzentrieren, das ihr eines Tages vielleicht das Leben retten würde – wenn es sie nicht vorher umbrachte.
    Der Gravastern-Schild gehörte irgendwie nicht ganz zu diesem Universum und war überdies ein Produkt der nichtmenschlichen Geistertechnologie. Kein Wunder, dass er seltsam aussah. Aber theoretisch war der Umgang mit ihm simpel: hinter dem Grav-Schild herfliegen, in der Formation bleiben, dem Schiff an der Spitze folgen. Der Defekt wich fast mit Lichtgeschwindigkeit von ihr zurück, und es war ihre Aufgabe, ihm mit ihrem Grünschiff nachzujagen, in diese mehr oder weniger wohnliche Tasche aus glatter Raumzeit gehüllt, nicht so nah, dass man von den Gezeitenbelastungen und dem Fallout des Schildes vernichtet wurde, aber doch nah genug, dass die Xeelee nicht schon im Vorhinein Kenntnis von dem Anflug erlangten, weil man sich – und sie musste immer noch angestrengt nachdenken, um das zu verstehen – effektiv in einem anderen Universum befand.
    Das Grünschiff im Zentrum ihres Blickfelds saß direkt hinter der Wand aus geronnenem Horror. Dieses Schiff, der »Schildmeister«, wie die Crews es nannten, hatte die Grav-Feld-Generatoren an Bord. Heute wurde es von Jees geflogen, der mürrischen, entschlossenen Prothetischen, die Pirius Rot vor dem Einsatz in der Verwaltung bewahrt hatte und die sich jetzt als eine der besten Pilotinnen der Triumph-Staffel erwies. Es gab niemanden, den Torec lieber da vorn an der Spitze gesehen hätte als Jees; wenn jemand die Fortpflanzung einer kilometerbreiten Wellenfront verzerrter Raumzeit steuern konnte, dann sie.
    Doch dann schwankte diese zentrale grüne Nadelspitze vor Torecs Augen kaum merklich. Es reichte, um in Torecs Kopf Alarm auszulösen, lange bevor in ihren virtuellen Displays weitere rote Felder aufleuchteten.
    Jees hatte Stabilitätsprobleme. Torec sah bereits das Schimmern der Grav-Schild-Front und die Raumzeitverzerrungen, die durch den »Tunnel« auf ihr eigenes Schiff zuliefen. Sie kräuselten die Bilder der ferneren Sterne und ließen sie verschwimmen, als sähe man sie durch einen Hitzeschleier.
    »Jetzt geht’s wieder los«, rief sie. »Alles für den Aufprall vorbereiten.«
    »Pilotin, Ingenieur. Verstanden. Schalte Systeme ab.« Das war ihr Ingenieur, Cabel, sehr jung, sehr ernst.
    »Navigatorin?«, rief Torec. »Was ist mit dir?« Als keine Antwort

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