Sternenkinder
Hoffnung meldete sich zu Wort. »Nicht nur die Crews«, sagte er mit fester Stimme. »Ihr müsst auch an die Schiffe denken. Vielleicht ist es euch Glamour-Piloten nicht klar, aber selbst wenn es keinen katastrophalen Unfall gibt, ermüdet man mit jedem Flug die Konstruktion und die Systeme. Wir werden zumindest einige dieser Schiffe für einen echten Einsatz brauchen. Und wenn wir sie schon abgenutzt haben, bevor wir mit dem Training fertig sind…«
»Ich verstehe«, sagte Pirius Rot. »Aber ich weiß nicht, was wir dagegen tun könnten.«
»Unser Problem sind nicht die Schiffe oder unsere Leute«, meinte Blau. »Es ist dieser verdammte Grav-Schild. Wenn er stabil bliebe, könnten wir ihm sechs Stunden lang folgen – oder zehn, oder hundert. Aber es gelingt uns nicht, ihn stabil zu halten. Wir können unsere Schiffe fliegen, jedoch nicht den Schild.«
»Aha«, sagte Bürde, »und warum? Weil es eine Technologie der Geister und nicht der Menschen ist.«
Pirius Rot holte tief Luft. Auf diesen Moment war er vorbereitet gewesen. »Also«, sagte er langsam, »brauchen wir einen Geist, der ihn fliegt.«
In der schockierten Stille, die darauf folgte, sprang ihm Torec bei. »So haben wir es auch beim Prototyp im Sol-System gemacht, und zwar aus genau denselben Gründen. Geistertechnologie muss von einem Geist geflogen werden.«
Der Geist, der wie eine riesige Seifenblase in der Luft gehangen hatte, schwebte plötzlich einen halben Meter nach vorn. Damit veränderte er die Geometrie der Sitzung und verwirrte alle Anwesenden.
Pirius Blau rieb sich die Nase, eine Geste, die Rot immer wieder irritierend fand. »Ist das dein Ernst?«, fragte er ohne erkennbare Gefühle. »Schlägst du vor, einen Silbergeist bei einem menschlichen Kampfeinsatz mitfliegen zu lassen?«
Rot starrte ihn so lange an, bis er den Blick senkte. »Denk daran, ich habe genau so empfunden.« Er hatte Blau von seinen Erlebnissen auf dem Pluto erzählt – wie es für ihn gewesen war, zum ersten Mal einem Geist gegenüberzustehen. »Die Mission ist wichtiger als alles andere.« Er forderte Blau geradezu heraus, ihm zu widersprechen.
Blau zog ein angewidertes Gesicht.
Bleibende Hoffnung zuckte die Achseln. »Ein Geist im Cockpit? Na und? Wenn ihr aufhört, meine Schiffe kaputtzumachen, könnt ihr von mir aus Ratten das Fliegen beibringen.«
Bürdes Reaktion war differenzierter. »Die Frage ist, ob unsere Leute mit einem Geist fliegen werden. Man hat uns von Geburt an dazu erzogen, ihre glatte Haut zu verabscheuen.«
Pirius Rot nickte. »Ich weiß das, glauben Sie mir. Wenn wir’s tun, werde ich selbst im ersten Schwarm mitfliegen. Um ein Beispiel zu geben.«
»Gut«, sagte Bürde. »Aber ich muss auch die andere Frage stellen: Wird ein Geist mit Menschen fliegen?«
»Im Sol-System hat er’s getan«, sagte Torec.
»Aber das war nur ein Test, mit dem die Brauchbarkeit einer Technologie bewiesen werden sollte. Hier geht es um Kampftraining. Wir sind Feinde, denkt daran.«
Pirius wandte sich an den Silbergeist. »Botschafter?«
Der Geist rotierte um eine Querachse. Die subtile Veränderung seiner Haltung deutete irgendwie an, dass er zuhörte.
»Du hast gehört, was wir zu sagen haben. Wärst du bereit…?«
»Ich habe mit der Bitte gerechnet.« Virtuelle Diagramme liefen über einen imaginären Bildschirm vor ihm. »Ich habe mir erlaubt, einen Plan auszuarbeiten. Wir könnten morgen abflugbereit sein.«
Das verschlug ihnen die Sprache.
Pirius Blau sagte kalt: »Ich frage mich, wer hier eigentlich das Heft in der Hand hat.«
Pirius Rot schloss die Sitzung. Er vertraute darauf, dass seine Leute herausfinden würden, was zu tun war, um den neuen Plan in die Tat umzusetzen.
Als die anderen hinausgingen, blieb Torec zurück. »Pirius, ich muss mit dir reden. Über Tili Drei.«
»Ich habe dein Logbuch gesehen.«
»Sie wird es nicht schaffen.« Torec schüttelte den Kopf. Sie fühlte sich so elend, als wäre es ihr eigener Fehler. »Ich glaube nicht, dass es ihr an Talent oder an Mut mangelt. Und es hat auch nichts mit ihrer Prothese zu tun. Es ist einfach so, dass sie auf Quin zu viel durchgemacht hat. Sie ist ausgebrannt.«
Tili Drei würde das vierte Besatzungsmitglied sein, das Pirius auf diese Weise verlor. Die Verschleißrate war Besorgnis erregend, aber er konnte nichts dagegen tun; für manche war diese Mission einfach zu hart.
Torec war durcheinander. »Ich sage das wirklich nur sehr ungern. Ich will nicht, dass sie verletzt
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