Sternenkinder
los, ihr wisst ja, wie’s geht.«
Die Grünschiffe glitten um ihn herum an ihre Positionen, und die Staffel rückte vor. Pirius suchte den Himmel ab, hielt Ausschau nach Xeelee-Jägern und nach Chandra, dem seltsamen schwarzen Loch, das sein Endziel war.
55
In dieser Ära der Materie fanden die Proto-Xeelee neue Überlebensmöglichkeiten. Sie gediehen sogar prächtig. Mit Lebensformen aus baryonischer Materie gingen sie eine neue Stufe der Symbiose ein. Auf diese neue Form – ein Gemisch aus drei Zeitaltern des Universums – würden eines Tages die Menschen treffen, und sie würden sie mit einer verzerrten anthropomorphen Version eines Namens in einer fremden Sprache bezeichnen: Endlich waren sie Xeelee.
Aber die neuen Xeelee sahen sich bald mit einer eigenen Katastrophe epochalen Ausmaßes konfrontiert.
Nach wie vor waren sie auf die urzeitlichen schwarzen Löcher angewiesen, die unmittelbar nach der Singularität entstanden waren; von den verschlungenen Raumzeitknoten dieser Löcher schälten sie beispielsweise ihre Raumzeitdefekt-»Flügel« ab. Doch nun wurden die primordialen Löcher immer seltener: Durch die Hawking-Strahlung verloren sie Massenenergie und verdampften. Als die Menschheit auftauchte, hatten die kleinsten verbliebenen Löcher noch die Masse des Mondes.
Für die Xeelee war das verheerend, so als wäre den Menschen der Planet Erde unter den Füßen verdampft.
Doch dann bot sich eine neue Möglichkeit. Aus dem Kollaps von Riesensternen entstanden neue schwarze Löcher, und in den Herzen der Galaxien brachten Verschmelzungsprozesse Monster mit der Masse einer Million Sonnen hervor. Dorthin wanderten die Xeelee. Der Übergang war nicht leicht; er hatte eine Welle der Auslöschung unter ihren diversen Arten zur Folge. Aber sie überlebten, und ihre Geschichte ging weiter.
Und dank der Unterstützung durch die schwarzen Löcher in den Zentren der Galaxien kamen die Xeelee zum ersten Mal in Kontakt mit der Dunkelmaterie.
In der dunklen Materie gab es Leben, ebenso wie in der hellen.
Im gesamten Universum übertraf die Masse der dunklen Materie die der baryonischen, der »hellen«, um das Sechsfache. Sie sammelte sich in gewaltigen Riffen mit einer Spannweite von mehreren hunderttausend Lichtjahren. Da sie aufgrund der speziellen Eigenarten ihrer Physik keine Wärme abgeben konnte, war die dunkle Materie im Gegensatz zum baryonischen Stoff gegen den Zusammenbruch in kleinere Strukturen von der Größe von Sternen oder Planeten gefeit.
Dunkle und helle Materie durchdrangen einander wie Geister und berührten sich nur durch die Schwerkraft. Aber die winzigen Gravitationsfelder der neuen baryonischen Sterne waren nützlich. Die dunkle Materie wurde in diese Felder hineingezogen und dabei stärker konzentriert und verdichtet, was neue Wechselwirkungen zwischen Komponenten der dunklen Materie ermöglichte.
In diesem Universum war die Entstehung von Leben in dunkler Materie unvermeidlich. In ihren frühesten Stadien flogen diese »Photino-Vögel« fröhlich in den Herzen der Sterne umher, immun gegen solche Belanglosigkeiten wie das Fusionsfeuer im Kern einer Sonne.
Allerdings beunruhigten sie die ersten stellaren Explosionen – und die damit einhergehende Auflösung der kostbaren Gravitationsfelder der Sterne, ohne die es keine Photino-Vögel mehr geben würde.
Fast gleichzeitig mit dem Aufleuchten der ersten Sterne begannen die Photino-Vögel deshalb, die stellaren Strukturen wie auch die stellare Evolution zu verändern. Wenn sie sich im Herzen eines Sterns sammelten, konnten sie die dort ablaufenden Fusionsprozesse dämpfen. Auf diese Weise wollten sie die Mehrheit der Sterne durch die unerfreulichen Explosionen und anderen Instabilitäten möglichst rasch ins Zwergenstadium überführen, in dem ein alternder Stern äonenlang ruhig und kalt brannte und eine perfekte Arena für die verborgenen Dramen des Photino-Lebens bot. Etwas später machten sich die Photino-Vögel dann an den Strukturen der Galaxien selbst zu schaffen, vor allem, um noch mehr Zwerge zu produzieren.
So kam es, dass die Menschen eine Galaxie vorfanden, in der stabile, langlebige und unspektakuläre rote Zwerge gegenüber Sternen wie ihrer eigenen Sonne ungefähr um das Zehnfache in der Überzahl waren. Diese Tatsache ließ sich nur schwer in eine naturalistische Geschichte des Universums einfügen, obwohl Generationen von Astrophysikern daran arbeiteten: Wie so viele Merkmale des Universums war die
Weitere Kostenlose Bücher