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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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massenhaftem Wehklagen beherrscht, dem Weinen und Schreien und den flehentlichen Hilferufen tausender verwundeter Soldaten. Aber es gab weitaus mehr Tote als Verletzte. Das Stimmengewirr war quälend und nutzlos.
    Von Cohls Zug waren mit ihr selbst nur noch vier Mann übrig. Sie hatten sich in eine letzte Grabenlinie knapp vor der Plattform mit den Monopolkanonen zurückgezogen. Cohl warf einen verstohlenen Blick über den Rand des Grabens. Die Kanonen feuerten noch, aber unregelmäßig; sie hatte keine Ahnung, wie viele Kanoniere noch am Leben waren. Trotzdem wimmelte es dort von Xeelee-Drohnen, eine Wolke schwarzer Gebilde, die immer dichter zu werden schien, je mehr man in sie hineinfeuerte.
    Sie wusste, dass sie nur aus Zufall lange genug am Leben geblieben war, um das zu sehen.
    Cohl war schon seit vier Stunden in ihren Anzug eingeschlossen. Das war natürlich zu lange. Jeder Soldat wusste, wenn ein Gefecht zu lange dauerte, war die Sache schief gegangen, so oder so. Und wenn die Verlustquote ihres eigenen Zuges dem Durchschnitt entsprach, würden die Drohnen bald durchkommen und die Kanonen unwiderruflich ausschalten.
    Im Funk hörte sie jedoch Gerüchte, dass es noch schlimmer kommen würde: dass die Nachtjäger im zornigen Himmel über ihnen die Vorpostenkette der Grünschiffe durchbrachen und sich bereits im Anflug befanden, um den Steinbrocken endgültig zu vernichten.
    Blayle lag neben ihr. Seit Gesicht war eine ausdruckslose Maske. »Tausend Jahre«, murmelte er. »Tausend Jahre Aufbau – und Glaube. Vierzig Generationen von Kindern und Kindeskindern, nur um eine Hand voll Soldaten ins Xeelee-Feuer zu schicken…«
    »Denken Sie nicht darüber nach«, sagte Cohl leise.
    »Ich kann nicht anders«, erwiderte er beinahe wehmütig. »Je müder ich werde, desto mehr denke ich nach. Tausend Jahre für ein einziges Ziel, und binnen Stunden ist alles vorbei. Einfach unvorstellbar. Und wozu das alles?« Er verrenkte sich den Hals, um zu den blauen Strahlern von IRS 16 hinaufzuschauen. »Ich weiß nicht, ob der Einsatz von Erfolg gekrönt ist. Ich weiß nicht mal, was die Xeelee hier wollen, geschweige denn, weshalb wir sie angreifen.«
    »Das brauchen wir auch nicht zu wissen«, griff Cohl auf die Doktrinen zurück. Dann fuhr sie etwas nachdenklicher fort: »Aber wahrscheinlich war es schon immer so.« Für einen Soldaten fand der Krieg im kleinen Rahmen statt. Es kam nur darauf an, was um ihn herum geschah – wer auf ihn schoss, welcher seiner Kameraden noch am Leben war und ihn am Leben zu erhalten versuchte. Wenn man an vorderster Front stand, spielte es keine Rolle, was man vom größeren strategischen Ganzen wusste.
    Und nun, wo die Faust des Feindes sich um diesen Steinbrocken schloss, sah sie kein anderes Ende als die Niederlage.
    Der anfängliche Adrenalinstoß hatte sich schon längst aufgebraucht, und auch die zweite Luft hatte sie bereits hinter sich. Jetzt war sie wie ein Automat, der mechanisch kämpfte und sich am Leben erhielt, fast ohne bewusste Überlegung. Sie hatte für eine solche Situation trainiert, war von ihren Ausbildern auf Quin so hart gebrannt worden, dass ihr dieser seltsame Zustand vertraut war. Aber es kam ihr vor, als befände sie sich nicht einmal mehr in ihrem eigenen Kopf, sondern schaute auf ihre unglückliche, staubbedeckte Gestalt im versagenden Hautanzug hinunter, die sich in einem Graben im Dreck zusammenkauerte und am Leben zu bleiben versuchte.
    Sie warf einen Blick auf das Chronometer in der Ecke des Helmvisier-Displays. Sie hatte fünf Minuten Pause gehabt; es kam ihr wie dreißig Sekunden vor.
    »Hätte es doch jemand anderen getroffen als mich«, sagte Blayle.
    »Was?«
    »Warum gerade ich? Wieso muss nach all den Generationen, die ein fettes, bequemes Leben in diesem von Lethe ausgebrüteten Steinbrocken geführt haben, ausgerechnet ich hier draußen kämpfen und sterben? Wären es doch die anderen, die in ihren Kojen gestorben sind«, sagte er leise. »Hätte es doch jemand anderen getroffen als mich …«
    Schillernd blaues Licht flammte auf, und Asteroidenstaub wurde vor ihnen aufgewirbelt. Cohl fuhr herum und feuerte in den blau getönten Staubnebel. Sie erhaschte einen Blick von Xeelee-Drohnen, die auf ihren Graben herunterkamen. Etwas war über ihr; sie fühlte es, bevor sie es sah. Sie rollte sich auf den Rücken, bereit, erneut zu feuern.
    Aber es war ein kleiner, ungepanzerter Flitzer. Seine Tür stand offen, und eine Leiter hing heraus.
    »Cohl!« Sie

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