Sternenkinder
Rede. Aber der automatische Gerichtsschreiber war der einzige Zeuge; der Gerichtssaal leerte sich bereits.
Pirius erhob sich verwirrt. Er sah Gesichter, die ihm zugewandt waren, Torec, Captain Seath, sogar Pirius Blau, sein älteres Ich, aber sie wirkten fern, unergründlich, irgendwie verschwommen. Also, das war’s dann wohl: Sein Leben war ihm durch ein Schnellverfahrensurteil für ein »Verbrechen« entrissen und zerstört worden, das er nicht einmal hatte begehen können.
»Das ist alles deine Schuld!«, rief er zu Pirius Blau hinunter.
Pirius Blau blickte von seiner tiefer gelegenen Bank auf und lachte freudlos. »Kann schon sein. Aber was glaubst du, wie ich mich fühle? Und weißt du, was das Schlimmste daran ist? Diese Mission, meine Mission, wird gar nicht erst stattfinden.«
Dann wurde er abgeführt. Pirius Rot glaubte nicht, dass er ihn jemals wieder sehen würde.
Das breite, faltige Gesicht von Nilis schwebte wie ein Mond vor ihm. »Ensign? Alles in Ordnung?«
»Ich weiß nicht. Es kommt mir so unwirklich vor. Ich möchte nicht Ihrer Aufsicht unterstellt werden, Sir. Ich möchte nur meine Pflicht tun.«
Nilis Miene wurde weicher. »Und du denkst, wenn ich dich von der Front fern halte, dieser ewigen Leichengrube, hindere ich dich daran? Du denkst, deine Pflicht besteht nur darin zu sterben, wie so viele andere vor dir?« Die Augen des alten Mannes waren feucht, als werde er gleich in Tränen ausbrechen. »Glaub mir«, sagte Nilis, »bei mir wirst du deine Pflicht erfüllen – nicht indem du stirbst, sondern indem du am Leben bleibt. Und mir hilfst, meine Vision zu verwirklichen. Denn ich, als Einziger unter all den Narren und Wichtigtuern in diesem Raum, ich habe einen Traum.«
»Einen Traum?«
Nilis beugte sich nah zu ihm und flüsterte: »Einen Traum, wie dieser Krieg gewonnen werden könnte.« Er lächelte.
»Wir fliegen morgen ab, Ensign; seien Sie zur Weckzeit bereit.«
»Wir fliegen ab? Wohin denn, Sir?«
Diese Frage schien Nilis zu überraschen. »Zur Erde natürlich!« Und er ging davon. Sein schmutziges schwarzes Gewand klatschte ihm gegen die Fersen.
6
Nilis’ schlanke, pfeilförmige Korvette schmiegte sich an einen der zwölf Ports, die sich an der belebten Gangway im Offiziersland aufreihten.
Captain Seath begleitete Pirius Rot zu der Korvette. Sie waren als Erste dort und mussten auf Nilis warten.
Pirius wusste nicht genau, weshalb Seath ihn persönlich hierher gebracht hatte. Es gab nichts zu tragen, denn er besaß keinerlei persönliche Habseligkeiten. Man hatte ihm eine schicke neue Uniform für die Reise gegeben; alles, was er sonst noch brauchte, würde ihm von den Systemen der Korvette zur Verfügung gestellt werden, und es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, so etwas wie ein Souvenir mitzunehmen. Offiziell, sagte Seath, sei sie hier, um dafür zu sorgen, dass Pirius »nicht wieder Mist baute«. Pirius meinte jedoch, unter Seaths narbiger Schroffheit etwas anderes, Weicheres zu entdecken. Mitleid vielleicht? Oder womöglich Reue; vielleicht glaubte Seath, dass sie als seine Vorgesetzte mehr hätte tun können, um ihn vor diesem Schicksal zu bewahren.
Was auch immer. Seath war keine Frau, mit der man über Gefühle sprach.
Er betrachtete die Korvette. Sie war ein Marineschiff und trug das Tetraederzeichen der freien Menschheit, das älteste Symbol der Expansion. »Sir – ein Marineschiff?«, fragte er. »Aber ich bin doch jetzt Kommissar Nilis unterstellt.«
Sie lachte humorlos. »Die Kommission verfügt nicht über Sternenschiffe, Ensign. Glauben Sie, die Marine würde ihrem ältesten Feind Zugang zur Überlichttechnologie gewähren?«
»Die Xeelee sind der Feind.«
»Oh, die Marine und die Kommission lagen schon im Krieg miteinander, lange bevor jemand etwas von den Xeelee hörte.« Es war beunruhigend, eine hundertprozentig korrekte Offizierin wie Seath so reden zu hören.
Hinter ihnen erklangen zögernde Schritte. Zu seiner Überraschung sah Pirius Torec auf sich zukommen. Sie hatte ebenso wenig Gepäck dabei wie er, trug aber ebenfalls eine schicke neue Uniform. Ihr Gesicht war verschlossen, ihr Mienenspiel vielschichtig, und ihre vollen Lippen waren zu einem Schmollmund verzogen, der kindlich aussah, wie Pirius fand.
»Sie sind spät dran«, blaffte Seath.
»Entschuldigung, Sir.«
Pirius fragte: »Bist du hier, um mir auf Wiedersehen zu sagen?« Er war gerührt, wollte es sich jedoch nicht anmerken lassen.
»Nein.«
»Sie fliegt mit,
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