Sternenkinder
»Es ist nicht mein Job, Sie umzubringen, Kadett.«
»Sir.«
Sie beugte sich näher zu ihm. »Ich kenne solche wie dich. Ich konnte es in deinem Gesicht sehen, schon in der Minute, als ihr gelandet seid. Natürlich habe ich deshalb auf deinem dicken Freund herumgehackt. Um euch loszuwerden.«
»Sir.«
»Glaubst du, du bist ein Held, Pirius?«, zischte sie. »Hältst du dich für was Besonderes?« Sie machte eine Handbewegung. »Schau zum Himmel. An der Frontlinie dieses Krieges stehen eine Milliarde Menschen. Zu jeder Zeit. Und du bildest dir wirklich ein, von dieser gewaltigen Menge würde man ausgerechnet dir Beachtung schenken?«
Das Sprechen fiel ihm schwer. »Das ist mein Ziel. Sir.«
Sie lehnte sich zurück. »Wenn ich die Sperre löse, läufst du dann weiter?«
»Sir.«
»Was muss ich tun, um zu verhindern, dass du dich umbringst?«
»Artillerie.«
»Was?«
»Hier auf Quin gibt es eine Artillerieeinheit.« Das stimmte; Bürde hatte es ihm erzählt. »Schicken Sie Bleibende – äh, Tuta dorthin. Er ist Ingenieur. Mit allem Respekt, Sir.«
Sie grunzte. »Ich werd’s mir durch den Kopf gehen lassen. Aber wenn du das nächste Mal so eine Nummer abziehst, schaue ich zu, wie du dich umbringst. Verlass dich drauf.«
»Verstanden, Sir.« Sie erhob sich, ging davon und ließ ihn im Schmutz liegen. Cohl, Bürde und zwei andere Kadetten kamen herüber und trugen ihn zur Luftschleuse, wo sie ihn aus seinem starren Anzug schneiden mussten.
Es dauerte ein paar Tage, bis es so weit war, aber dann wurde Bleibende Hoffnungs Verlegung zu einem Monopolkanonierzug bestätigt.
11
Pirius Rots Cockpit war nur ein pechschwarzes, sehr enges Gitterwerk; ansonsten trennte ihn nichts vom Weltraum draußen. Durch das offene Gitter sah er die blassen, goldgelben Streifen an der Oberseite der Saturnwolken, die sich mit majestätischer Langsamkeit drehten. Es gab keine physische Steuerung, sondern nur virtuelle Displays und Leitsymbole, die vor seiner Brust schwebten. Das einzige andere Licht war der sanfte grüne Schimmer des zu seinem Anzug gehörenden Biotornisters. Es war ein äußerst provisorisches Konstrukt.
Aber das Cockpit war zumindest von Menschenhand gebaut, im Gegensatz zum Rest seines Schiffes.
Als er sich umschaute, sah er den schnittigen, schlanken Schiffsrumpf und die weit ausgestellten, atemberaubend anmutigen Flügel. Die Hülle war vollkommen schwarz, von einer Farbe, die jeder menschlichen Analyse trotzte, so schwarz, dass es den Anschein hatte, als werde nicht einmal ein einziges einfallendes Photon des Saturnlichts reflektiert. Dies war der Nachtjäger, den sein künftiges Ich, Pirius Blau, ausgeschaltet und gekapert hatte.
Es fiel ihm schwer zu glauben, dass dies alles wirklich geschah. Heute, sechs Wochen nach seiner Ankunft auf der Erde, im Herzen des Sol-Systems, würde Pirius Rot ein Xeelee-Schiff fliegen.
Für einen im Zentrum der Galaxis aufgewachsenen Jungen war der Himmel des Sol-Systems öde und leer; seine Trostlosigkeit wurde von den wenigen Sternen im ausgefransten Rand dieses Spiralarms und dem hellen Lichtpunkt der Sonne kaum gemindert. Selbst der Saturn war überraschend lichtschwach; der riesige Planet mochte die größte Konzentration von Feuerkraft im Sol-System beherbergen, aber er wirkte seltsam fragil. Pirius fragte sich kurz, wie er in den alten Zeiten ausgesehen haben mochte, als seine gewaltigen Ringe aus Eis und Staub noch nicht der Treibstoff- und Waffenproduktion zum Opfer gefallen waren. Man konnte den galaktischen Kern nicht einmal sehen. Nilis hatte ihm erklärt, von hier aus hätte das Zentrum der Galaxis eigentlich eine Lichtmasse von der Größe des Mondes sein müssen, heller als alles andere am Erdhimmel, außer Sol selbst. Aber Gaswolken in der galaktischen Ebene verbargen es. Die Erdenwürmer hatten nicht einmal gewusst, dass sie in einer Galaxie lebten; das hatten sie erst ein paar Jahrhunderte vor den ersten Sternenflügen herausgefunden.
Heute interessierten ihn die Erdenwürmer jedoch nicht. An diesem Tag war der kahle Himmel am Rand der Galaxis ein wilder, exotischer Raum für ihn, und am Steuer eines echten Nachtjägers zu sitzen war ein unvorstellbares Abenteuer.
»Das ist der Höhepunkt meines Lebens«, sagte er zu sich selbst.
Ein finster dreinschauendes Gesicht, nicht größer als sein Daumennagel, erschien vor seinen Augen. »Was haben Sie gesagt, Ensign?«
»Nichts, Sir.«
Das war Commander Darc, ein mürrischer, offenkundig
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