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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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zumindest die Reibereien mit den Offizieren, von denen keiner Zeit für »Fliegerjungs« von der Marine hatte. Wie sich herausstellte, gehörten die meisten Offiziere hier zum Eliteregiment der so genannten Koalitionsgarde, die sogar auf das übrige Heer hinabschaute.
    Die Kultur dieser Infanterietruppen war eine ganz andere als bei der Marine, aber Pirius gewahrte nach und nach ihren elementaren Stolz. Dieser mit Sternenschiffen ausgetragene Krieg hatte eine überraschend primitive Basis. Überall mussten Stellungen gehalten werden, auf Planeten voller Menschen, Hafenanlagen und Waffenfabriken wie auch auf Steinbrocken, die in die Kampfzone geschleudert wurden. Ging die Stellung verloren, war die Schlacht verloren. Und als Infanterist hielt man die Stellung; als Infanterist gehörte man zur Kampftruppe der Menschheit, und alle anderen hatten nur Unterstützungsfunktion.
    Selbst die Schrecknisse ihrer Umgebung in der Kaserne legten sich allmählich.
    Anfangs fühlten sie sich, als hätte man sie in eine Grube voller seltsamer, menschenähnlicher Tiere geworfen. Sie waren von glatthäutigen, lüsternen Kindern umgeben; Pirius hatte den Eindruck, dass ständig jemandem der Schwanz aus der Hose hing, wohin man auch schaute. »Es ist wie in einer Koaleszenz«, flüsterte Cohl entsetzt und mit großen Augen.
    Auf alle Fälle war es nicht wie in der Bogen-Basis. Dort waren die Ausbilder – alt gediente Kämpfer, selbst wenn sie als Invaliden aus dem aktiven Dienst ausgeschieden waren -Vorbilder für die Kadetten, und der militärische Drill hielt sich in verhältnismäßig engen Grenzen. Hier waren die meisten Erwachsenen Aufseher, nicht Lehrer. Es war alles sehr erschreckend.
    Aber allmählich schienen diese seltsamen Kinderhorden die Crew der Claw auf ihre Weise zu akzeptieren. Die Kadetten plapperten in ihrem fremdartigen, schnellen Dialekt auf sie ein und zeigten ihnen den Weg zu den Speisesälen, Duschen und Entlausungsblöcken. Andere gaben ihnen simple Tipps, wie man sich das Leben erleichtern konnte: zum Beispiel, dass der Hautanzug nicht mehr so stark scheuerte, wenn man ein wenig Fett von Essen zurückbehielt und seine Gelenke innen damit einrieb. Und als Pirius bei einem von Martas endlosen Übungsmärschen einmal ins Stolpern geriet, kamen zwei von ihnen zu ihm und halfen ihm auf.
    In der Kaserne lud ihn eine Kadettin eines Nachts ein, zusammen mit ihr ein Virt zu schauen. Es war ein Drama, eine primitive Seifenoper voller starker Handlungsfäden und schnulziger Gefühle, eine von vielen, die unablässig von Erzählmaschinen ausgespuckt wurden, alle verschieden und doch alle gleich. Pirius schaute aus Höflichkeit ein bisschen zu und schlich sich dann fort, als seine Gastgeberin einschlief.
    Und er gewöhnte sich an nächtlichen Besuch: ein glattes, rundes Gesicht, das über seinem hing, Lippen, die seine streiften, eine kleine Hand, die sich unter seine Decke vortastete – Annäherungsversuche von Jungen und Mädchen, auch in diversen Kombinationen. Er wehrte sie sanft ab, mit einem Lächeln. Er fand, dass sein Leben momentan schon kompliziert genug war.
    Zwangsläufig herrschte hier eine starke Kameradschaft. Schließlich war dies die Frontlinie einer Kriegszone. Man wuchs mit den Menschen um einen herum auf und wusste, dass man vielleicht auch mit ihnen sterben würde.
    Der Tod schien immer nahe zu sein. Schon die Architektur des Steinbrockens machte deutlich, dass es dem Heer nicht darum ging, das Leben seiner Soldaten zu schützen. Im Fall eines Angriffs würden die unter Normaldruck stehenden Schichten des Asteroiden zusammenbrechen. Die Kadetten waren ein Schild aus menschlichem Fleisch und Blut, das die wirklich wertvolle Fracht des Steins, die Waffen und Schiffe im Kern, vielleicht ein bisschen länger schützen würde.
    Menschen waren entbehrlich. Natürlich galt das überall an der Front, in jeder Waffengattung. Pirius war in dem Glauben aufgewachsen, dass er sein Leben überhaupt nur der Stärke und dem stählernen Willen der Koalition verdankte und dass es seine Pflicht war, dieses Leben aufzugeben, wann immer es von ihm verlangt wurde.
    Aber die ökonomische Logik des Krieges war brutal. Die umfassende Ausbildung, die in einen Piloten investiert wurde, steigerte seinen Wert. Die Ausbildung der Heeresinfanteristen hier war weitaus billiger; infolgedessen zählte das Leben der Stoppelhopser noch viel weniger. Es war ein ernüchternder, trostloser Gedanke, der auch durch noch so viel doktrinelle

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