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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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gleichermaßen beruhigt wurden. Es war dieselbe Eigenschaft, die er häufig bei Rohan spürte, und er fragte sich plötzlich, wer sie wen gelehrt hatte.
    Und ebenso plötzlich kam ihm in den Sinn, dass Pol nicht über dieses Zentrum der Ruhe verfügte. Er war noch nicht so auf die Probe gestellt worden wie seine Eltern. Er war noch nicht verletzt worden.
    Andry entspannte sich ein wenig und meinte leise lächelnd: »Es dauert immer lange, bis die eigene Familie aufhört, in einem Mann einen kleinen Jungen zu sehen, der Drachen spielt.«
    »Genau dasselbe hat dein Vater heute Nachmittag gesagt. Er klang äußerst erstaunt. Ich denke, du hast ihn überrascht, Andry. Er machte auch eine sehr misslaunige Bemerkung darüber, dass er wohl langsam alt würde.«
    »Er? Niemals!«
    Ihre Miene wurde wieder weicher. »Das ist die erste ehrliche Reaktion von dir heute Abend! Mein Lieber, ich muss gestehen, dass ich manchmal aus Angst, meine Gefühle würden mich überwältigen, nicht gewagt habe, bestimmte Gedanken hochkommen zu lassen. Aber wir sind deine Familie. Sorins Familie. Wir trauern um ihn ebenso sehr wie du.« Voller Verständnis legten sich ihre Finger auf seinen Arm. »Wir brauchen deinen Trost, und du den unseren.«
    Verführerisch. Aber am Ende auch verräterisch. Wenn er seinen Gefühlen jetzt nachgab, dann würden sie ihn überwältigen, wie sie gesagt hatte. Wenn er sich auf einem Gebiet verletzlich zeigte, dann würde er sich in anderen Bereichen nicht verteidigen können. Die Erkenntnis, dass er seiner eigenen Familie zutraute, jede seiner Schwächen auszunutzen, hätte kein solcher Schock sein dürfen. Schließlich traute seine Familie ihm ja auch nicht.
    In ihren Augen lag ein so tiefes Wissen über seine geheimen Gedanken, dass er innerlich fluchte; er war nicht so undurchschaubar, wie er es sich wünschte. Kummer zuckte über ihr Gesicht. Sie nahm die Hand von seinem Arm und winkte einen Knappen heran.
    »Arlis, mehr Wein für Lord Andry.«
    »Sofort, Hoheit.«
    Mehr als alles andere unterstrichen die Titel, dass dieser Augenblick verloren war, vielleicht unwiederbringlich. Sie waren jetzt nicht mehr Familienmitglieder, sondern der Herr der Schule der Göttin und die Höchste Prinzessin. Andry nahm Zuflucht zu der Frage, ob der junge Mann beim Rialla im kommenden Sommer zum Ritter geschlagen werden würde, und ein kurzes Gespräch über Arlis’ Großvater Saumer und Volog folgte. Aber er konnte das Gefühl von Verzweiflung nicht abschütteln, den Eindruck, dass er im Heim seiner Ahnen isoliert war.
    »Du siehst also, wir müssen etwas tun, um die Zahl der verfügbaren Höhlen zu vergrößern, und zwar möglichst noch dieses Jahr«, schloss Feylin und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Andernfalls …«
    »Verstehe.« Rohans Seufzer war ein wütendes Stöhnen. »Ich habe doch nicht die Zeit für all das«, murmelte er.
    »Lichtläufer, Zauberer und Drachen«, fasste sie zusammen. »Und dazu noch dieser Merida-Freund aus Cunaxa. Man wünscht sich fast, jemand anderer würde den Reif tragen, nicht wahr?«
    Automatisch rieb er das Silber auf seiner Stirn, und sie lächelte mitfühlend. »Besser ich als du, meinst du?«, schlug er vor.
    »Auf jeden Fall. Ich mache mir nur Sorgen um die Drachen. Und Remagev, um meinen Sohn, meine Tochter und meine Enkel …« Sie grinste ihn an. »Aber ich bin neugierig. Welches Problem wirst du als Erstes angehen, und was wirst du tun?«
    »Andry. Ich werde ihn zu einem Gespräch unter vier Augen einladen.«
    Ihre grauen Augen verengten sich, als sie zur Stirnseite des Tisches der Hohen blickte. »Das hat Sioned bereits versucht. Es sieht nicht so aus, als hätte sie irgendetwas erreicht.«
    »Das hatte ich auch nicht erwartet«, gab er zu. »Hast du einen Vorschlag?«
    Feylin zuckte nur mit den Schultern.
    »Heraus damit«, befahl er lächelnd.
    »Ich dachte gerade an die Belagerung von Tiglath.«
    »Ja?« Es war klar, dass Feylin ihre Meinung schließlich äußern würde, auch ohne gedrängt zu werden. Aber sie genoss es, gedrängt zu werden.
    »Die Merida hatten uns umzingelt, wie du dich erinnern wirst. Und dann hat mein braver, alter Narr von Ehemann den Angriff angeführt, der sie aufgerieben hat.«
    »Nachdem sie Tiglaths Mauer bereits gestürmt hatten, war es nicht so?«
    »Genau.« Sie nickte zufrieden.
    »Feylin, würde es dir etwas ausmachen zu erkl…« Er brach ab. »Oh. Ich verstehe.«
    »Niemand hat dir je vorgeworfen, dumm zu sein.« Sie hob ihren

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