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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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ein leises Luftholen hinter sich – seine Mutter wahrscheinlich. Vielleicht war es eine dumme Geste, aber sie musste sein. Bislang reagierte Ruval recht hübsch. Die Zurückweisung von Dranath würde bei ihm nicht nur den Glauben an seine Dummheit und Schwäche noch weiter stärken, sondern stand auch für etwas weitaus Wichtigeres: er war Lichtläufer, nicht Zauberer. Ihm kam der sonderbare Gedanke, dass Andry das gutheißen würde. Wütend, aber immerhin.
    »Dann bleibt nur noch der Schutz«, sagte er.
    »Unmöglich. Die Tradition verlangt drei auf jeder Seite. Ich habe niemanden außer mir selbst. Ich brauche niemanden außer mir selbst, um dich zu töten.«
    »Meine Mutter, die Höchste Prinzessin, hat früher schon einmal einen errichtet.«
    »Sie weiß nichts«, schalt Ruval.
    »Und doch ist es ihr gelungen.«
    »Nein. Ich bin nicht einverstanden.«
    Pol ließ sein Achselzucken enttäuscht aussehen; er hatte nicht damit gerechnet, in diesem Punkt zu gewinnen. »Ich denke aber, dass du einverstanden sein wirst, das Unwirkliche zu benutzen.«
    »So, du willst mich also mit entsetzlichen Visionen ängstigen?« Ruvals gute Laune kehrte zurück. »Warum nicht! Das könnte interessant werden. Wenn wir fertig sind, dann rufe Zeugen vor. Dein Vater, Miyon und Barig, damit wäre ich einverstanden.«
    Pol gehorchte, als würde er sich Ruvals Autorität unterwerfen. Als die drei in seiner Nähe standen, führte er die Bedingungen für den Kampf mit leicht heiserer Stimme auf. Rohans sorgfältig beherrschte Miene wurde durch die Sorge in seinen Augen Lügen gestraft; Miyon kochte innerlich vor wütendem Verlangen, Ruval als Sieger aus dem Kampf hervorgehen zu sehen; Barig starrte sie alle nur an und verstand nur einen Bruchteil ihrer Worte.
    »Die Bedingungen sind für uns beide annehmbar«, sagte Pol schließlich. »Wird eine davon verletzt, gilt der Anspruch des Schuldigen als verfallen. Die Strafe obliegt eurer Verantwortung als Zeugen.«
    »Verstanden«, bellte Miyon. »Weiter.«
    Ruval grinste ihn an. »Aber, aber, Hoheit! So eifrig erpicht, den Rekruten Eurer Garde gewinnen zu sehen? Oder erwartet Ihr, dass ich verliere?«
    Der Cunaxaner sah aus, als wollte er ihn erwürgen. Dann machte er kehrt und marschierte zu seinem Pferd zurück.
    Nervös meldete sich Barig. »Als Vetter meines Prinzen und sein Repräsentant werde ich ein verdammt scharfes Auge auf die Vorgänge haben.«
    Pol wusste Barigs Haltung zu schätzen – und seinen Bluff, mit dem er versuchte, fast vollständige Unwissenheit zu verbergen. »Wir danken Seiner Lordschaft für diese Unterstützung.«
    »Und vertrauen auf Eure Wahrnehmung«, fügte Ruval spöttisch hinzu.
    Rohan sagte nichts, bis Barig wieder zu der Gruppe zurückgekehrt war. Dann murmelte er: »Du wirst heute Nacht sterben, Ruval – so oder so.«
    »Habt Ihr den Mumm, den Sohn jener Frau zu töten, die Euer Kind geboren hat?«
    Pol erstarrte gegen seinen Willen. Rohan zog nur eine Braue hoch.
    »Ich habe ihn in jener Nacht gesehen«, fuhr Ruval fort. »Kurz nachdem er geboren worden ist. Mein letzter Bruder. In der Wiege, in der er verbrannte.«
    »Solch rührende Sentimentalität kommt recht unerwartet«, zwang sich Pol zu sagen.
    »Wenn ich mit dir fertig bin, kümmere ich mich um deine Mutter. Denn sie hat meine getötet.« Er funkelte Rohan an. »Euch werde ich lange genug am Leben lassen, dass Ihr den Tod der Faradhi -Ziege beobachten könnt, die auch Euren Sohn getötet hat.«
    »Hätte Ianthe ihn aufgezogen, dann wäre er nicht mein Sohn gewesen«, erwiderte Rohan.
    Pol schluckte schwer. Darum drehte sich also alles, dachte er. Und er war Sioned für ihren Mut dankbar. Es kümmerte ihn nicht mehr, ob sie es gewesen war, die Ianthe getötet hatte oder nicht. Er musste das überleben, und sei es nur, damit er seiner Mutter sagen konnte, wie sehr er sie liebte.
    Rohan verließ sie. Pol wandte sich Ruval zu und holte tief Luft. Er griff in seine Tasche, betastete einen kleinen, goldenen Talisman und dachte an den klugen alten Lichtläufer, der ihn ihm gegeben hatte. Die Sternenrolle hatte ihn heute vieles gelehrt. Von dem meisten hoffte er allerdings, es nicht einsetzen zu müssen. Er musste Ruval als Lichtläufer besiegen, nicht als Zauberer. Nicht wegen dieser Symbole, sondern um seiner selbst willen. Er war der Sohn von Rohan und Sioned, nicht Nachkomme von Diarmadh’im. Aber die Techniken, die seine Ahnen so hoch entwickelt hatten, wirbelten durch seinen Kopf, als ob auf

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