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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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ein bisschen einsam.« Aber vielleicht sollte er so regieren, vielleicht wollte er es sogar so: allein. Wenn das der Fall war, dann war Meiglan die perfekte Wahl für ihn. Sioned umfasste die Zügel fester. Pol sollte lieber nicht an Meiglan denken. Er musste sich auf den Kampf konzentrieren. Aber er liebte sie. Und sie ihn. Genau wie Miyon es geplant hatte.
    Pol drehte sich um und sah seinem Halbbruder mit vollkommener Ruhe entgegen. Was er in Meiglans Gesicht gesehen hatte, hatte offensichtlich seine Zuversicht gestärkt. Sioned hatte es auch gesehen: einen unschuldigen Glauben und blindes Vertrauen. Kein Kampf, kein Schimmer eines brillanten Verstandes, keine wirkliche Kraft. Nur Liebe. Sioned hoffte, dass das genug sein würde.
    »Warum muss es so passieren?«
    Rohans geflüsterte Bitterkeit riss sie aus ihren Gedanken. Sein Gesicht war so beherrscht wie das von Pol, aber seine Augen waren offene Wunden. »Was meinst du damit, Liebster?« Sie ließ ihre Stimme sanft klingen und ließ nicht zu, dass die Furcht ihre Worte schärfte.
    »Das hier«, wiederholte er. »Immer dasselbe. Ein Mann bekämpft einen anderen.«
    Er selbst hatte gegen Roelstra gekämpft, Maarken gegen Masul, Pol gegen Ruval. Ganze Prinzentümer wurden auf zwei Männer reduziert. »Lieber einer gegen einen als Tausende gegen Tausende«, antwortete sie leise. Es war die Höchste Prinzessin, die sprach, nicht eine Frau, die zugesehen hatte, wie ihr Gemahl, ihr Neffe und nun ihr Sohn in ihre eigenen, kleinen, persönlichen Kriege zogen.
    Er sah sie an und flüsterte, dass sie Recht habe. Aber ein Blick in seine Augen sagte ihr, dass sie es nicht richtig gesehen habe. Hier war noch ein Kämpfer, der zwar am eigentlichen Kampf nicht teilnehmen konnte, der aber trotzdem jeden Angriff und jeden Gegenschlag mitmachen würde, selbst wenn der Kampf mit Kräften ausgeführt wurde, über die er nicht verfügte. Rohan würde alles fühlen und würde es auf sich nehmen, als würde dieser kleine Krieg zwischen zwei Männern in seinem eigenen Körper ausgetragen. Seine Knochen, sein Blut und sein Gehirn würden zum Kriegsschauplatz werden, denn er gehörte zu den Männern und Prinzen, die den Konflikt auf sich zogen und bereit waren, ihr eigenes Selbst zum zentralen Punkt zu machen. Er nahm den Krieg in sich auf, als hätte er Feuer geschluckt.
    Sioned litt mit ihm, weil er nicht anders gekonnt hatte, als den Krieg zu sich selbst zu rufen. Das war der Preis für seine unendliche Geduld. Er wartete, bis das Feuer zu ihm gebracht wurde, nahm es auf sich und erstickte seine Glut. Er verdankte es seiner enormen Kraft, dass kein Krieg ihn bisher hatte brechen können.
    Aber Pol würde niemals sein wie er. Seine Kämpfe würden ewig toben, denn er würde sie erfahren wie feindliche Eindringlinge, die die Zitadelle seines Selbst erstürmen könnten, ohne dass es ihnen jemals gelingen würde, ihn niederzureißen. Er würde das Feuer nicht schlucken; er würde zum Feuer werden.
    Schatten verdunkelten die Schlucht, und die ersten Sterne erschienen an einem tiefblauen Himmel. Pol schritt vorwärts. Seine Farben waren so kräftig, dass sie ihn fast wie eine Aura umgaben. Aleva nannte das die Sternenrolle: der Kreis des Feuers, das Macht verkündet.
    Aber derselbe leuchtete auch um Ruvals dunklen Kopf: Amethyst und Rubin und dunkler Granat, düstere Farben, die lichtlos waren, aber nicht leblos. So sicher wie Pols helle Farben, vom Smaragdgrün hervorgehoben, ganz am Rande ihrer Lichtläufer-Vision schimmerten, so sicher wirbelte Ruvals Dunkelheit in subtilen Mustern der Macht. Instinktiv streckte Sioned eine Hand nach ihrem Gemahl aus. Sie flehte stumm, er möge nicht loslassen, bis es vorüber war.
    Pol hatte den scharlachroten Sonnenuntergang über der Wüste nicht so erlebt wie Sioned. Statt an Blut wurde er an Feuer erinnert. Er sah es über die Dünen zucken und die Blumen und das hohe, trockene Gras in kleine Fackeln verwandeln. Als das Sonnenlicht hinter den Vere-Hügeln im Westen verging, erstarben die Flammen noch nicht; sie wurden nur blasser, während sie zum Himmel aufstiegen. Einer nach dem anderen leuchteten die Sterne auf. Die Ersten erschienen weit fort in der Fast-Schwärze über dem weiten Sand, und dann breiteten sie sich aus wie ein Buschfeuer. So sehr er das fruchtbare Tal um Drachenruh liebte, so sehr sehnte er sich doch manchmal nach diesem Sand und Himmel, nach diesem Land, um das seine Ahnen gekämpft und das sie bewahrt hatten. Er fragte sich, ob

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