Sternenlaeufer
eine derartige Erinnerung nur von jemandem beschworen werden kann, der dort war und sie sehen konnte. Wem sonst würde Prinzessin Ianthe ihr Gold zeigen, wenn nicht ihrem ältesten Sohn? Gold, das dein Vater im Tausch gegen das Dranath lieferte, um die Seuche zu heilen.«
Pol mühte sich, sich von seiner Verblüffung zu erholen. Das Schauspiel war eindrucksvoll gewesen, nicht nur in seiner beiläufigen Kraft, sondern auch in seiner Wirkung auf ihn: Es war das erste und wahrscheinlich einzige Mal, dass er seine Mutter sah. Schwanger. Mit ihm. Seine Finger fühlten sich an, als wären sie wie verschmolzen mit der Münze, obwohl die Flammen nicht heiß gewesen waren.
»Zufrieden?«, wollte Ruval wissen.
Pol räusperte sich. Ruval hatte es allzu leicht gemacht, dass er das richtige Zittern in seine Stimme legte. »Gibt es etwas anderes als Kampf, um dich zufriedenzustellen?«
Sein Halbbruder schien interessiert. »An was hattest du gedacht?«
»Land. Ein Schloss. Vielleicht Feruche, das dein Bruder so sehr begehrt hat, dass er bereit war, dafür zu sterben …«
»So sehr fürchtest du mich?« Ruval lachte. »O ja, ich werde Feruche nehmen; und Drachenruh und alles andere auch, was du besitzt. Vor allem die Felsenburg.«
»Und wenn ich dir diesen Kampf abschlage?«
»Vor all diesen Leuten willst du einen Rückzieher machen?«
»Du hast keine Armee, nachdem Chiana aus dem Weg geräumt ist. Du würdest einen Krieg verlieren.«
»Andry hat in Drachenruh Ros’salath eingesetzt. Führe du nur einen Krieg, oder versuche, mich hier mit der Macht des Verrats zu töten, und ich zeige dir die wahre Macht des Ros’salath .«
Pol biss sich auf die Lippen und war ehrlich froh, dass sein Vetter heute Abend nicht anwesend war. Augenscheinlich hatte er aus der Sternenrolle nicht die tödliche Version erlernt. »Ich habe eingewilligt, dich hier zu treffen – ich habe keine offizielle Forderung angenommen.«
»Das ist mir bei deiner Wortwahl klar geworden«, war Ruvals Kommentar. »Erlaube, dass ich dich überzeuge. Wenn du dich weigerst, werde ich das größte Geheimnis der Wüste verraten.«
Pols Blut gefror ihm in den Adern. »Und das wäre?«
»Gold.« Ruval wies auf die Schlucht hinter seinem Rücken. »Unendliche Mengen von geheimem Gold. Drachengold! Ich weiß Bescheid über Skybowl. In der Erinnerung dieser Münze dort ruht das Wissen. Akzeptiere meine Herausforderung, Pol, oder Miyon und Barig werden schon bald die Wahrheit kennen. Du müsstest sie töten, damit sie ihr Wissen nicht allen anderen im Prinzenreich mitteilen.«
»Wie es scheint, habe ich keine andere Wahl.« Pol verbarg seine Erleichterung und warf die Münze wieder Ruval zu. Das würde hoffentlich eine gute Darstellung von aufgesetzter Tapferkeit sein.
»Überhaupt keine«, erwiderte Ruval fröhlich.
Pol reckte die Schultern und fragte: »Sollen wir die Regeln für das Ricsina festlegen?«
»Also hast du tatsächlich die Sternenrolle gelesen.«
»Gewiss. Du nicht?«
»So viel Mireva davon aus Andrys Kopie stehlen konnte. Wo ist er übrigens?«
»Ist das von Bedeutung?«
»Ich denke nicht. Aber er hätte gewiss gerne gesehen, wie du mit Zaubersprüchen um dich wirfst, die du nicht verstehst. Du bist nicht gerade sein Liebling.«
»Zugegeben. Sollen wir anfangen?«
»Alle Elemente«, sagte Ruval. »Und nur wir beide. Keine anderen Menschen. Ich brauche niemanden sonst.« Er lächelte. »Du kannst nicht gewinnen, weißt du. Es gibt Dinge in der Zauberei, die dich töten können, wenn du sie nicht korrekt einsetzt.«
Pol wandte sich ab. »Einverstanden«, flüsterte er.
»Außerdem verlange ich: keine Waffen, keine körperliche Berührung.«
Pol machte sich nicht die Mühe, seine Enttäuschung zu verbergen; an seinem Körper waren mehrere Messer verborgen, die vielleicht nützlich gewesen wären, wäre diese Regel nicht gefordert worden. »Ich habe keinen ehrlichen Kampf von dir erwartet. Aber du bist es, der nicht gewinnen kann. Die Prinzenmark gehört mir, und du wirst sterben.«
»Ich werde das auf ein Stück Pergament schreiben und es in deinem Angedenken im Oratorium der Felsenburg verbrennen«, grinste Ruval.
Pol ignorierte den Spott. »Was ist mit Dranath ?«
»Was soll damit sein?«
»Brauchst du es?«
»Du nicht?«
Als Antwort löste Pol den Weinschlauch seines Vaters von seinem Gürtel, stöpselte ihn auf und leerte ihn absichtlich aus. Die dunkle Flüssigkeit mit der machtstärkenden Droge versickerte im Sand.
Er hörte
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