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Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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brauchst du dir wirklich keine Gedanken mehr darüber zu machen … dass ich meinen Auftrag vergessen könnte. Haben die Starken Rassen schon eine Entscheidung getroffen?«
    Nein. In zwei Erdtagen soll der Kommandant der Alari Bericht erstatten. Danach treffen sie ihre Entscheidung.
    »Wissen die Starken Rassen auch über dich Bescheid?«
    Der Cualcua stieß ein Lachen aus.
    Sie nehmen mich nicht ernst.
    Es hat seine Vorteile, klein und brav zu sein. Oder wenigstens den Anschein zu erwecken.
    »Gute Nacht«, sagte ich. »Und … mach, dass ich einschlafe … wenn du das kannst. Aber wenn du imstande bist, Zyankali herzustellen, müsstest du auch ein Schlafmittel hinkriegen. Also, versuch’s, sonst mache ich heute kein Auge zu.«
    Dafür ist nicht unbedingt Chemie nötig …
     
    Der beste Arzt der Welt ist ein Cualcua. Das ist eine unumstößliche Wahrheit. Ich schlug die Augen auf und stellte fest, dass die Sonne durchs Fenster schien. Ich hatte vorzüglich geschlafen, jetzt war ich hungrig und voller Tatendrang.
    »Danke«, brummte ich.
    Die Angewohnheit, laut mit dem Cualcua zu sprechen, konnte ich einfach nicht ablegen. Ob ich mir auf diese Weise eine Illusion von Unabhängigkeit bewahren wollte? So tun wollte, als würden meine Gedanken nicht gelesen und als könnte der Cualcua mich nicht hören, solange ich nicht laut sprach?
    Ich machte das Bett, schlenderte durchs Zimmer und inspizierte – bereits gewohnheitsgemäß – die Sachen. Der Alltag ist nun mal die beste Visitenkarte einer Kultur. Das galt auch für die Erde: Die kleinen, armen Wohnungen in Russland mit den Bücherregalen als obligatorischem Attribut, die Bungalows in den USA mit ihrem tadellosen Interieur, der Luxustechnik und dem Stapel von Comics, diesem hundertprozentigem Surrogat ihrer Kultur. Das galt auch für die Geometer und ihre gründliche Kasernenaskese. Auf dem Planeten der Grünen gab es dann die bequeme mentale Bedienung von Geräten, komfortable Betten und sportlich-musikalischen Ringelpietz im Fernsehen.
    Hier freute ich mich über zwei Dinge. Die gesamte Technik, mochte sie mir auch unbekannt sein, wurde genau wie auf der Erde bedient, mit Knöpfen und Sensortasten. Ich entdeckte etwas, das stark an eine Stereoanlage erinnerte, und schaffte es sogar, das Gerät einzuschalten. Wenn ich jetzt noch herausfände, wo und wie ich die pechschwarzen CDs mit den Aufnahmen einschieben musste, konnte ich die hiesige Musik hören.
    Der zweite und noch erfreulichere Fund waren Bücher. Richtige Bücher, aus Papier. Streng gehaltene Einbände, Text und ein paar Illustrationen. Die Lektüre war merkwürdig. Ich konnte die Schrift entziffern, und sobald ich die Buchstaben, die ein wenig an die arabischen denken ließen, verband, bildeten sich gehorsam Wörter heraus. Dennoch rief das Ganze bei mir ein unangenehmes, fast körperlich wahrnehmbares Gefühl von Missfallen hervor. Das in mein Gedächtnis gepumpte Wissen revoltierte, denn es hatte sich noch nicht akklimatisiert. Ich betrachtete die versponnenen schwarzen Schnörkel, sagte mir in Gedanken die fremden, etwas zu scharfen Laute vor, und erst danach erfasste ich den Sinn des Gelesenen. Trotzdem brachte ich es nicht ohne Weiteres fertig, mich von den Büchern loszureißen. Und wenn sich hinter dem dunklen Glas nur eine einzige Enzyklopädie gefunden hätte, wäre ich überhaupt nicht mehr vom Schrank wegzukriegen gewesen. Aber bei den knapp hundert Werken handelte es sich ausschließlich um Belletristik. Mühsam las ich Band um Band an und stellte die Werke immer verständnisloser zurück.
    »Graj hob die von Leidenschaft erfüllten Augen und blickte Lyra an. ›Unsere Liebe bringt einzig Kummer und Enttäuschung!‹, rief er aus.
    ›Nein!‹ Ihr Busen wogte vor Aufregung.
    ›Geliebte, wir müssen es hinnehmen … Ich gehe jetzt. Dein Vater hat recht. Ein Mann mit meiner Vergangenheit kann eine Frau wie dich nicht lieben.‹
    Eine karge Mannesträne rollte über seine Wange …«
    Nein, nein und noch mal nein! Das konnte nicht sein! Ich schnappte mir ein Buch nach dem nächsten, aber die grausame Wahrheit bestätigte sich.
    »Sie hob den kleinen Kristallhammer und schlug gegen den Silbergong. Ein schwermütiger Ton hallte im Audienzsaal wider, den Higar mit jeder Pore seiner gemarterten Seele vernahm.
    ›Geliebte!‹, schrie er auf, während er die Ebenholztür aufriss.
    Zalida ruhte in einem Himmelbett, ihr zarter Körper schimmerte betörend durch den spinnwebzarten, aus wertvoller

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