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Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Denn das wäre ein Lüge. Und wenn ich ehrlich sein soll …, dann bedaure ich die Zeit nicht, die ich in der Allianz verbracht habe.«
    »Das spürt man«, bestätigte ich. »Deshalb ist es auch kein Wunder, dass sich dein Junge dafür interessiert …«
    »Stimmt wohl. Ich habe wahrscheinlich Glück gehabt. Die Rebellen haben mich nicht hingerichtet … im Unterschied zu den Jungs aus der dritten Sonderbrigade auf Galeone. Die eigene Spionageabwehr hat mich nicht gefoltert, als die Allianz zu zerfallen begann und es zu Meutereien kam. Ich bin nicht in meinem Zerstörer von einem Hitzestrahl verbrannt worden … Ich wurde nur …«
    Kelos sprach in einem Ton, als wollte er gleich sagen, »erschossen«. Er schaffte es jedoch nicht mehr, den Satz zu beenden.
    In der dunklen Silhouette des Hauses flammte das gelbe Rechteck einer offenen Tür auf.
    »Kelos!«
    »Schluss damit, vertagen wir die Kriegserinnerungen!«, sagte Kelos schnell. Er rollte die Schultern und rückte sich den vollen Rucksack zurecht, damit er bequemer zu tragen war. »Sonst beginnen hier nämlich wirklich Kriegshandlungen.«
     
    Es passiert nicht häufig, dass man ein absolut fremdes Haus betritt und sich auf Anhieb wohlfühlt. Denn das hängt sowohl von den Gastgebern als auch vom Haus selbst ab … wobei das Haus nur ein Spiegelbild seiner Bewohner ist. Ein klareres und ehrlicheres Abbild. Kein Wort, kein Lächeln lässt einen Wärme spüren, wenn die Möbel nur Kälte ausstrahlen.
    Hier reichte die Wärme für alle.
    Die Frau von Kelos, Rada, rief ein sehr seltsames Gefühl in mir hervor. Äußerlich wirkte sie noch ausgesprochen jung, vielleicht sogar zu jung für einen zehnjährigen Sohn. Allerdings wusste ich mittlerweile ja auch, dass es müßig war, über das Alter der Leute vom Schatten zu spekulieren. Es kam mir jedenfalls so vor, als unterhalte ich mich mit einer klugen, schönen, guten, aber völlig irrealen Frau. Als ob ich einen Filmstar auf dem Titelbild einer Zeitschrift anschaute … Mir war schleierhaft, wo das Leben aufhörte und wo die Kunst begann.
    Das Haus lebte durch seine Bewohner. Es war durchtränkt von ihnen, sah mit ihren Augen, atmete aus den Kinderzeichnungen an den Wänden, den hübschen Aquarellen (ich war mir sicher, dass Rada sie gemalt hatte) und den Photos von rauen, aber wunderschönen Landschaften (bei denen ebenfalls kein Zweifel aufkam, wer sie gemacht hatte). Der Sessel lud förmlich zum Hinsetzen ein, auf den Tischen sah man das Essen und Trinken geradezu vor sich, die vielen Bücher wollte man am liebsten sofort lesen. Entweder lag ein Schatten meines eigenen Zuhauses auf dem Heim von Kelos oder ich war völlig am Ende meiner Kräfte, jedenfalls vergaß ich, kaum hatte ich es betreten, die Erde, das Konklave und die Geometer. Komplett. Genauer gesagt, ich versuchte, sie alle zu vergessen. Ich war einfach zu Besuch, bei guten und alten Freunden zu Besuch.
    Das Essen lehnte ich ab, auf ein Gespräch hätte ich mich allerdings nur zu gern eingelassen. Ich wusste jedoch, was sich gehört. Den völlig überdrehten Dari, der noch aufgeregt zehn Minuten durchs Haus gestürmt war, hatte Rada bereits zu Bett gebracht. Nachdem ich einen Becher mit einem heißen Kräuteraufguss, der hier den Tee ersetzte, getrunken hatte, begab ich mich daher in das mir zugewiesene Zimmer. Wahrscheinlich war das ebenfalls ein Ritual auf diesem Planeten: Man hatte mit den Gastgebern noch einen Schluck Tee zu trinken. Eine Kultur, die patriarchale Verhältnisse imitierte, ist sehr auf ihre Bräuche bedacht, das hatten mein Großvater und ich früher einmal diskutiert …
    Zum Duschen war ich bereits zu müde, deshalb zog ich mich nur noch aus und legte mich ins Bett. Im offenen Fenster leuchteten die Sterne.
    Was es hier wohl für eine Wirtschaftsform gab? Bestimmt nicht den »Kommunismus« der Geometer, denn obwohl es dort für alle reichte, begnügten sich die Menschen mit zellenartigen Zimmern. Es musste etwas Realeres sein, vielleicht wie auf dem Planeten der Grünen. Wie viel wohl ein solches Haus kostete?
    Ob ich hier eine Beschäftigung finden würde, die zu mir passte, und ein vergleichbares Haus kaufen könnte? Oder musste man dafür erst hundert Jahre für die Kristallene Allianz kämpfen? Schön, die Kristallene Allianz war zerfallen, kämpfen wir also für die Gläserne, die Zinnerne oder die Hölzerne … Durfte man erst danach die Ruhe genießen?
    Pjotr, du bist inkonsequent.
    Die Erfassung hatte sich auf den Cualcua

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