Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
weiß die genaue Antwort nicht.«
    »Genaue Antworten existieren sowieso nicht«, sagte ich sanft zu Karel. »Aber man kann immer etwas vermuten, spekulieren. Und du hast dich ja nicht darüber gewundert, dass wir den Geometern ähneln. Also musst du eine Hypothese haben, warum das so ist. Oder nicht?«
    »Es ist nur eine Hypothese. Und die möchte ich nicht mitteilen.«
    »Warum nicht?«
    »Ihr würdet sie akzeptieren – und aufhören, selbst nach einer Antwort zu suchen. Nein, ihr solltet lieber unvoreingenommen und eigenständig nach einer Antwort suchen.«
    Das ließ ich mir durch den Kopf gehen.
    »Karel, wenn du meinst … wenn du glaubst, wir würden deine Hypothese akzeptieren, heißt das, sie schmeichelt den Menschen?«
    »In gewissem Sinne …«, antwortete der Reptiloid widerwillig.
    »Zum Beispiel so, dass sowohl wir wie auch die Geometer Nachfahren einer alten mächtigen Hyper-Zivilisation sind, die früher einmal die gesamte Galaxis besiedelt hat …«, tastete ich mich vor.
    Der Reptiloid brach in leises Gelächter aus. »Solche Träume sind für junge, unreife Rassen typisch, Pjotr. Und zu denen habe ich die Menschen bisher eigentlich nicht gezählt.«
    »Dann vielleicht weil …«
    »Ich könnte dir zehn Hypothesen anbieten, Petja«, ergriff mein Großvater das Wort. »Dass die Geometer die Realität gewordene Frucht unserer Phantasie sind, dass wir die Folge eines verunglückten Experiments von ihnen sind oder die Nachfahren einer Expedition, die sich verirrt hat …«
    »Die Frucht der Phantasie? Warum eigentlich nicht? Schließlich hast du selbst gesagt, dass dich ihre Gesellschaft an eine Utopie von uns Menschen erinnert! Jetzt fällt mir auch wieder ein, dass wir mal etwas über Regressoren gelesen haben … oder über Progressoren, über einen Weltrat …«
    »Das wiederum hat gar nichts zu bedeuten, Pjotr. Das ist nur eine Frage der Übersetzung und der Sozialisation. Als der Zähler dir die Sprache der Geometer eingespeist hat, hast du notgedrungen adäquate Begriffe für ihre Termini gesucht. Dabei hast du auf die Quellen zurückgegriffen, die du kanntest, auf Fachzeitschriften, Bücher, die du in deiner Kindheit gelesen hast, und auf Klatschblätter. Wenn du der französische Astronaut Pierre oder der Amerikaner Peter gewesen wärst, hättest du den Planeten der Geometer mit anderen Augen gesehen. Mit völlig anderen. Wir betrachten die Welt nun einmal durch eine Brille mit dicken Vexiergläsern. Diese Brille ist uns bereits in unserer Kindheit aufgesetzt worden ist, und sie ist nichts anderes als die Gesamtheit aus Erziehung, Kultur und Mentalität. An ihr führt einfach kein Weg vorbei. Ich hätte dich nicht mit einer schwarzen Haube auf dem Kopf aufziehen können, Petja, denn dann hättest du niemals gelernt, etwas zu sehen.«
    »Hör auf deinen Großvater, Petja, er ist klug«, sagte Karel.
    Ich betrachtete den schmunzelnden Zähler. »Habt ihr beide euch gegen mich verschworen?«, fragte ich schließlich. »Zwei gegen einen?«
    »Willst du etwa behaupten, ich hätte unrecht?«, fragte mein Großvater.
    »Wahrscheinlich hast du recht«, räumte ich missmutig ein. »Du bist klüger, Großpapa. Darauf kannst du stolz sein.«
    »Ich bin ja auch älter als du, Petja.«
    Mein Großvater kicherte, wie immer, wenn nur er allein einen Witz verstand.
    »Dann verrat mir mal, was wir jetzt machen sollen. Die Geometer unterstützen? Für das Konklave kämpfen? Oder was?«
    »Wie willst du den Schatten denn finden?«, fragte mein Großvater nach einer kurzen Pause.
    »In dem Schiff der Geometer gibt es Karten. Und immerhin ist es selbstständig aus dem Kern der Galaxis zu uns vorgedrungen. Ich würde mich einfach ins Schiff setzen und …«
    »Wir würden uns ins Schiff setzen. Wir alle zusammen. Du, ich … Karel und ich. Danilow, Mascha …«
    »Das dürfte nicht klappen«, wies ich ihn genüsslich zurück. »Diese Schiffe sind nur für eine Person gedacht. Maximal für zwei, das aber nur auf kurzen Strecken.«
    »Erinnerst du dich, unter welchen Umständen die Alari das Erkundungsschiff in ihre Gewalt gebracht haben?«
    »Wie?«
    »Es hat versucht, einen alarischen Zerstörer zu entern. Er wollte an ihn andocken und ihn dann abschleppen. Diese Operation scheint recht erprobt zu sein. Wir könnten also unsere Wolchak an das Schiff der Geometer ankuppeln …«
    Ich fing an zu lachen.
    »Ist das dein Ernst, Großpapa? Du willst zum Kern der Galaxis vordringen – in einer Raumfähre mit

Weitere Kostenlose Bücher