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Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Flüssigkeitsraketentriebwerken?«
    »Ja, warum denn nicht?«
    In der Tat – warum eigentlich nicht? Ich sagte kein Wort. Die alte Fähre würde einfach als zusätzliche Kabine dienen. Und es war durchaus möglich, dass das Scoutschiff stark genug für einen Flug mit unserer Fähre im Huckepack sein würde.
    »Übrigens sind die Flüssigkeitsraketentriebwerke inzwischen weg«, informierte mein Großvater mich. »Die Alari haben sie gegen ihre Plasmatriebwerke ausgetauscht.«
    »Haben sie die Triebwerke etwa einfach abmontiert und ersetzt?«
    »Ja.«
    Gerade als ich mit der Zentrierung, der Aerodynamik, der Thermoisolation und den Steuerungssystemen – die unter gar keinen Umständen mit außerirdischer Technologie kompatibel seien – loslegen wollte, fiel mein Blick auf den grinsenden Reptiloiden, und ich verkniff mir jeden Kommentar.
    Ein Wilder, der für seinen Bogen statt der gewohnten Sehne aus gewässertem Darm eine synthetische erhält, darf zweifeln, ob er mit dem Gerät nun noch schießen kann. Aber es dürfte nicht ratsam sein, mich mit ihm auf eine Stufe zu stellen.
    »Haben die Alari denn keine Angst? Schließlich verletzen sie damit die Gesetze …«
    »Ein Geköpfter …«, bemerkte mein Großvater. »Was ist los, Petja? Ich bin bereit, deinem Plan zuzustimmen. Lass uns die wenige Zeit, die uns bleibt, nicht mit bürokratischem Wahnsinn vergeuden, mit Auseinandersetzungen mit irgendwelchen Idioten von der Regierung, sondern lass uns einfach zum Kern fliegen. Vielleicht ist uns das Schicksal hold. Vielleicht stoßen wir auf den Schatten … auf hochgewachsene, hellblonde, makellose Humanoide, die uns das Gute, die uns Verständnis lehren. Vielleicht werden die Geometer toleranter, während die Starken Rassen sich schämen und die Schwachen Rassen um Verzeihung bitten, vielleicht verwandelt sich die Erde in einen blühenden Garten … Na? Machen wir uns auf, ein Wunder zu erleben, Petja. Aber alle zusammen.«
    »Glaubst du an unseren Erfolg?«, wollte ich wissen.
    Der Reptiloid schüttelte den Kopf.
    »Warum willigst du dann ein? Schließlich könnten wir auch beide Vorschläge realisieren. Ich fliege zum Kern, ihr kehrt mit Danilow und Mascha zur Erde zurück.«
    Mein Großvater schwieg. Und auch der Zähler meldete sich nicht zu Wort.
    »Du … du willst da hin?«, fragte ich ahnungsvoll. »Großpapa! Willst du dir wirklich eine fremde Welt anschauen?«
    »Ja!«
    Soweit der Sprechapparat des Reptiloiden Zorn wiedergeben konnte, machte mein Großvater sich diese Möglichkeit zunutze.
    »Verstehst du das denn nicht?«, schrie er. »Gut, ich mag ein Wirrkopf und Fanatiker sein. Aber ich war immer ein ehrlicher Wirrkopf und ein romantischer Fanatiker! Vor der Erfindung des Jumps kannte ich die Namen aller Kosmonauten! Ich habe geheult, als unsere Marssonde ins Meer abgestürzt ist … und dir sagt nicht einmal mehr ihr Name etwas. Als die amerikanische Mondsiedlung niedergebrannt ist, habe ich mich zum ersten Mal in meinem Leben aus Kummer betrunken! Ich wollte für die Menschen eine Sternenzukunft. Sie ist dann ja auch eingetreten – aber weiß Gott nicht so, wie ich sie mir erträumt hatte. Wenn jedoch ein großer Traum wie eine Seifenblase zerplatzt, bleibt immer noch Raum für einen kleinen Traum. Einen persönlichen Traum! Womöglich vollbringt man sowieso nur dank solchen kleinen Träumen etwas Großes. Ja, ich möchte diesen Himmel sehen, der von Sternen flammt! Ich möchte zum Zentrum der Galaxis vordringen! Ich möchte einen Planeten betreten, auf den noch nie ein Mensch einen Fuß gesetzt hat und es in den nächsten tausend Jahren auch nicht tun wird! Vielleicht werde ich dann sogar für die Menschheit etwas zum Besseren wenden. Sofern das überhaupt möglich ist …«
    Er verstummte, jedoch nicht, um Atem zu schöpfen – anscheinend bestand für den Reptiloiden dazu keine Notwendigkeit – sondern um seine Gedanken zu sortieren.
    »Mir war klar, dass ich hätte verrecken können, als wir von der Erde gestartet sind«, fuhr er leise fort. »Ja und? Ob nun tot oder ausgestopft, Hauptsache in den Himmel …«
    »Großpapa …«
    »Sag mir ruhig, dass ich einen Fehler mache«, brachte mein Großvater heraus. »Ich würde dir nicht widersprechen. Schließlich bist du ein besserer Mensch als ich. Dazu habe ich dich ja erzogen.«
    »Du machst keinen Fehler.«
    Der Reptiloid sah mich mit seinen hellblauen Augen an.
    »Weißt du, Großvater«, fuhr ich fort, »die Geometer sind unfähig, etwas für

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