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Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Wachsen?«
    Das war Grik. Er ging immer sachlicher an die Dinge heran als die anderen Jungen.
    »Ich weiß es nicht. Aber ich glaube, ich verstehe es, wenn es so weit ist. Zunächst müssen wir aber eine Entscheidung treffen.«
    Erst jetzt begriffen sie, was ich von ihnen wollte.
    »Irgendwo dort im Kern, unter dem Himmel, der von Sternen lodert …«
    »Ich erinnere mich daran«, fiel mir Till ins Wort. »Wir alle erinnern uns daran. Die Heimat ist in fünf Etappen verlegt worden, in der ersten hatte sich der Himmel noch nicht verändert …«
    »Das stimmt nicht, da hatte er sich auch schon verändert«, korrigierte ihn Grik. »Bei dir waren Hemd und Hose damals ja noch eins, aber ich bin schon drei gewesen, und ich erinnere mich genau!«
    Drei von ihren Jahren, das entspricht sechs bei uns auf der Erde. Die Geometer hatten ihr System fast sieben richtige Jahre lang durch den Raum bewegt, das war ja nicht irgend so ein Scout … Ich wartete, bis die Jungen ihre Anspannung in diesem komischen Streit abgebaut hatten, dann fuhr ich fort: »Unter dem Himmel, der von Sternen lodert, im Kern der Galaxis gibt es einen Planeten … ich weiß nicht, wie er heißt. Es kommt aber auch gar nicht darauf an, welchen Namen man seiner Erde gibt. Und wenn doch jemand fragt …«Ich grinste. »… dann könnt ihr sagen, sie hat die Nummer W-642. Und wenn euch dieser Jemand daraufhin nicht anlächelt, braucht ihr nie wieder mit ihm zu reden.«
    Sie hörten mir zu. Aufmerksam, wie einer Offenbarung. Aber genau die wollte ich ihnen ja auch zuteil werden lassen.
    »Auf diesem Planeten gibt es viele Wälder, Flüsse und Berge. Ich habe außerdem den starken Verdacht, dass es dort Meere gibt. Und ich würde sogar vermuten, dass sich dort ein paar Wüsten und Gletscher finden. So ist er also, dieser Planet … nichts Besonderes, natürlich nicht … Übrigens haben alle Kontinente auf ihm eine absolut ungleichmäßige Form, kein Haus sieht wie das andere aus, und niemand kommt auf die Idee, das Gras vorm Haus zu mähen …«
    Sie hörten mir zu. Sie hörten mir wirklich zu. Viel aufmerksamer als vorhin, als ich über die Sternenkriege, die Kristallene Allianz und die Menschen, die sich in einen reinen Verstand verwandelten, gesprochen hatte.
    Und was ist mit dir, Nik Rimer, hörst du mich auch?
    Gebrochen und abermals gebrochen, verraten und vergessen, der beste Regressor der Geometer, der trotz allem in seine Heimat zurückgekehrt war.
    Hörst du mich?
    »Dort steht ein Haus. Auch dieses Haus ist nichts Besonderes. Allerdings ist es groß. Ein zweistöckiges Steinhaus, in dem drei Menschen wohnen. Eine Familie. Vater, Mutter und ein Sohn. Jeder von ihnen hat seine eigenen Probleme. Der Mann, Kelos, hat Angst, dass er irgendwann kein Mensch mehr ist. Vor ihm liegt ein endloser Weg, das weiß er … und er hat sehr, sehr große Angst, ihn einzuschlagen. Dieses seltsame Unglück gibt es nämlich auch, dass man Angst hat, man selbst zu sein. Wahrscheinlich ist er zu sehr daran gewöhnt, die Verantwortung für andere zu übernehmen und schwierige Entscheidungen zu treffen. Auch das kommt nämlich vor.«
    Vielleicht hörte mich Rimer nicht. Aber diese Jungen, die hörten mir zu. Mit gespitzten Ohren.
    »Außerdem lebt in diesem Haus Rada. Eine schöne junge Frau. Sie liebt Kelos sehr. Und sie hat Angst, dass er weitergeht … und sie ihm folgen muss. Sie will nämlich nirgendwohin gehen. Es gefällt ihr, ein Mensch zu sein, aber im Schatten ist es peinlich, das zuzugeben.«
    »Die sind dumm«, verkündete Laki. Er hatte jetzt auch beschlossen, am Gespräch teilzunehmen. »Das stimmt doch, oder? Sie sind doch dumm?«
    »Sie sind müde«, korrigierte ich ihn. »Das kann jedem passieren. Dann haben sie noch einen Sohn namens Dari. Er ist etwas jünger als ihr. Mit ihm haben wir wirklich ein Problem. Das ist hier allerdings sehr schwer zu erklären, das muss man mit eigenen Augen sehen und verstehen. Das wäre also dieser Planet …«
    Ich schaute die Jungen an und lächelte.
    »Ich glaube, wenn eines Tages vor ihrem Haus vier Jungs auftauchen würden … mutige Jungs, die allerdings ein bisschen verloren wirken … dann wären sie bestimmt nicht enttäuscht. Vielleicht würden sie sich sogar sehr freuen.«
    Zugegeben, ich war ein Schwein.
    Und dafür brauchte ich mich nicht mal zu verstellen.
    Ich presste aus ihnen die Antwort heraus, die ich hören wollte. Ich versprach diesen unglücklichen Jungen nicht das, was mit ihnen passieren könnte, wenn

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