Sternenschatten
ich seine Sturheit unterschätzt.
»Schließ dich an, Karel.«
Der Reptiloid linste durch die Luke.
Soll ich das Wesen einlassen?
Kam es mir nur so vor oder hörte ich da Misstrauen heraus?
Ja.
Karel postierte sich zwischen den beiden Sitzen. Danilow wartete, bis er nicht mehr herumwuselte. »Es will nicht mit uns zusammenarbeiten«, setzte er den Zähler dann ins Bild. »Versuch also, ihn zu knacken.«
Der Reptiloid drehte Danilow den Kopf zu und sah ihn an. »Ich bin ein Schlüssel, kein Brecheisen.«
»Egal. Versuch’s einfach.«
Was geht hier vor?
Einen Moment noch! Ich kläre gerade die Situation!
Bis zu dem Punkt, wo der Computer mein Verhalten als unangemessen einstufte und anfing, nach eigenem Ermessen zu handeln, blieb mir sichtlich nur noch wenig Zeit.
Am meisten machte mir zu schaffen, dass ich Danilows Sieg nicht wollte. Wenn dieser verdammte Ring um meinen Hals nicht wäre …
Soll ich dir helfen, das Halsband abzunehmen?
Im ersten Moment hielt ich das für eine Frage des Schiffs. Schließlich mischte sich der Cualcua nur äußerst selten ins Gespräch.
»Was?« In meiner Verzweiflung hatte ich sogar laut gesprochen. Danilow schielte zu mir herüber, sagte jedoch kein Wort.
Soll ich es wegnehmen?
Ja!
Es wird wehtun.
Trotzdem!
Wie eine spitze Nadel bohrte sich mir der Schmerz in den Nacken. Danach ertaubte meine Haut förmlich, versteinerten die Muskeln. Und der Ring begann sich zu bewegen.
Er drang in meinen Körper ein!
»Was ist? Klappt’s jetzt?«, fragte Danilow in scharfem Ton. Zum Glück war es im Cockpit zu dunkel, als dass er hätte sehen können, was hier geschah. Antworten konnte ich ihm nicht, denn mein Hals hatte sich in einen Klumpen Holz verwandelt, in einen Scheit … Leicht zitternd saugte er vom Nacken her das Halsband auf … Ich hob die Hand und winkte ab.
Um die Rezeptoren auszuschalten, ist Zeit nötig. Wenn es schnell gesehen soll, musst du den Schmerz aushalten.
Ich hielt ihn aus.
Der Metallring schob sich allmählich unter meinem Kinn vor. Aus dem Filz sickerte Blut heraus. Der Cualcua zog den Ring durch mich hindurch, wobei er mit der Sorglosigkeit eines Pathologen das lebende Gewebe auftrennte. Für einen kurzen Moment wurde mein ganzer Körper taub, ich fühlte gar nichts mehr, spürte nur noch voller Panik, wie mir die Luft wegblieb, mein Herz stockte und über meine Beine ein warmer Strahl Urin lief. Der Cualcua hatte meine Wirbelsäule durchtrennt!
Entschuldige.
Geräuschvoll holte ich Luft. Das kleine Ungeheuer in mir setzte seine Arbeit fort und flickte eilig den Kanal, durch den es das Halsband gezogen hatte. Nein, den Schmerz spürte ich fast nicht, da hatte mir der Cualcua grundlos Angst eingejagt. Was ich fühlte, war etwas ganz anders – aber nicht weniger Unangenehmes.
»Pjotr!« Danilow zuckte zusammen und streckte langsam die Hand zu mir aus. »Pjotr!«, schrie er mit einem Mal.
Der Ring baumelte vor meiner Kehle, nur noch von we nigen Hautfetzen gehalten. Wahrscheinlich sah das ganz komisch aus. Nicht der Mensch, sondern die Granate …
Der Zähler brach in gluckerndes Lachen aus.
Mascha schaute durch die Luke herein. Ihr Blick blieb an mir hängen, doch auch sie verstand nicht, was passierte.
»Fang!«, schrie ich und riss das Halsband los. Blut spritzte, aber das war mir egal. Die Zeit zu überlegen war vorbei, jetzt war die Zeit zu handeln angebrochen. Ich schleuderte das Halsband in Maschas Richtung, die es reflexhaft auffing. »Hast du es?«, fragte ich, meine Rache auskostend, verkniff mir dann allerdings jedes weitere Wort, um mich vor einem Schlag Danilows in Sicherheit zu bringen. In der engen Kabine hätte ein Kampf gar nichts genützt, alles, was ich hier tun konnte, war, seine Hände abzufangen. Die Hilfe ließ jedoch nicht auf sich warten: Der Zähler stürzte sich auf Danilow und rammte ihm die Pfote ins Gesicht. Danilow schrie auf und fiel in Ohnmacht – vermutlich kaum wegen der von den Krallen des Zählers herrührenden Kratzer. Karel dürfte ihn eher regelrecht ausgeschaltet und damit abermals einen Beweis erbracht haben, dass der Unterschied zwischen einem Menschen und einem Computer so groß nicht ist.
Ich warte auf Befehle.
Dock ab!
Ich wunderte mich nicht einmal, dass mit dem Beginn der Prügelei das zuvor misstrauische Schiff unverzüglich Vertrauen zu mir gefasst hatte. Sämtliche Zweifel seinerseits schlugen nun zu meinem Vorteil aus. Die Nicht-Freunde hatten einen Geometer angegriffen … ein en
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