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Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Essen, das er mitbringt, selbst verputzen, soll die grünhäutige Hysterikerin sich doch in dem »toten« Zimmer winden …
    Ich trat in das Tor hinein.
    Hier klangen meine Schritte anders. Hohl. Als sei die Luft dichter geworden.
    Das war aber auch schon alles.
    Ich rannte weiter zum Zaun. Ich klammerte mich an das Gitter, das gar nicht daran dachte, sich vor mir zu öffnen. Jetzt befand ich mich mitten im Zentrum des Tors – und nichts passierte.
    »Ich weiß nicht, was ich dir raten soll …«
    Galis stand am äußersten Rand des Tors. Er spürte es genauso gut wie ich. Und er hatte offensichtlich Angst hineinzutreten.
    »Ruh dich ein wenig aus. Bleibe bei uns. Vermutlich habe ich mich geirrt … du würdest wohl doch einen hervorragenden Piloten abgeben.«
    Anscheinend versuchte er eher, sich selbst als mich zu überzeugen. Mein verzweifelter Versuch musste ihn ungeheuer beeindruckt haben.
    »Ich will hier weg!«, schrie ich.
    Galis schüttelte den Kopf »Nein. Das willst du nicht. Denn wenn du es wolltest … dann würdest du es auch schaffen.«

Vier
     
    Schnee schaute gegen Abend bei mir herein. Ich lümmelte mich in der Koje – falls für diese luxuriöse Liegestatt der nüchterne Flottenausdruck passte – und starrte an die Decke.
    Schon seit einer Stunde ließen sich draußen Stimmen vernehmen. Die Männer aus dem Stützpunkt waren zurückgekehrt. Vielleicht lag es am Waffenstillstand, dass alle Ausgang hatten, vielleicht ging es hier aber auch immer so leger zu. Einmal klopfte es an meine Tür, wahrscheinlich hatte sich die Nachricht von dem neuen Piloten schon herumgesprochen. Ich reagierte nicht. Ich dachte nach, versuchte zu verstehen, wie ich aus dieser unerwarteten Falle herauskäme.
    Die Tore hatten sich als reichlich kapriziös erwiesen. Sie entschieden nämlich selbst, ob sie einen Menschen von einer Welt in eine andere ließen oder nicht. Vielleicht verfügte ich einfach nicht über die Fähigkeit, sie zu bedienen – über die sonst alle verfügten. Vielleicht musste zwischen den Übergängen aber auch eine bestimmte Zeit liegen – ein gewisses Recht auf Beförderung war dann zwar gesellschaftlich verankert, aber durchaus nicht uneingeschränkt …
    Ich war ein Schlappschwanz. Das Einzige, was ich zustande gebracht hatte, war, von den Geometern abzuhauen. Aber wenn es darauf ankam, wirklich hinter eine Sache zu steigen …
    »Pjotr? Schläfst du?«
    Es war schon dunkel. Im Gang brannte schwaches Licht, Schnees Silhouette hob sich als dunkler Fleck ab. Seiner Stimme nach zu urteilen, hatte er einen Kleinen gehoben.
    »Nein. Ich denke nach.«
    »Das lob ich mir!«, meinte Schnee, als er eintrat. »Warum ist es hier so dunkel? Kommst du mit dem System nicht zurecht?«
    Seltsamerweise loderte der Nachthimmel hier nicht mit Myriaden von Sternen. Er dürfte nicht einmal sternenreicher sein als der Himmel der Erde. Entweder nahm der Schatten also nicht nur den Kern der Galaxis ein – ein sehr beunruhigender Gedanke –, oder etwas hatte sich vor die Sterne geschoben, staubige Atmosphäre vielleicht oder der nicht minder staubige Kosmos …
    »Doch, schon, ich wollte nur kein Licht.«
    »So was kommt vor.« Schnee seufzte mitfühlend. Er stellte etwas auf den Tisch. »Ich hab dir was zu futtern mitgebracht«, sagte er kichernd. »Nichts aus dem Restaurant, du musst schon entschuldigen, sondern nur aus der Kantine. Mann, ich bin da in ein Abenteuer reingerasselt … da habe ich alle Tüten verloren. Ist natürlich schade. Es hat gefüllten Fisch gegeben …«
    Ich schwieg.
    »Aber den Kognak habe ich gerettet!«, brüstete sich Schnee.
    »Dann rück ihn mal raus«, bat ich zu meiner eigenen Überraschung. Ich öffnete die Flasche und trank einen Schluck. Was für ein mieses Gesöff. Obwohl – was verstand ich denn schon von starken Alkoholika? Danilow hätte womöglich genüsslich geschmatzt, große Augen gemacht und sich begeistert geäußert …
    »Der Kognak ist beschissen«, räumte Schnee selbstkritisch ein. »Hier gibt es keinen anständigen mehr. Die Pflanzen mutieren ja ständig und gehen ein. Und importierter ist verdammt teuer.«
    Importierter?
    »Und wo kommt der dann her? Und wie wird er hier hergebracht?«
    »Von überall. Die Schiffe der Handelsliga bringen ihn mit.«
    Meine bedrückte Stimmung wich im Handumdrehen gehobener! Aber natürlich! Warum hatte ich, wie hypnotisiert durch die Tore, diese für das einzige Transportmittel des Schattens gehalten? Die Tore waren für Menschen.

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