Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
kleinen Besäufnis. Wie das sein konnte, war mir ein Rätsel. Wahrscheinlich wurden aber gerade alle Piloten des Stützpunkts wieder nüchtern.
    »Hast du schon eine Maschine bekommen?«, fragte Schnee.
    »Ja.«
    »Dann los!«
    Galis’ Worte von den zwei Minuten drängten sich von selbst in mein Bewusstsein. Ich schoss los. Schnee packte mich am Arm und zog mich, sich tadellos in der Dunkelheit orientierend, hinter sich her. Mit dem Fuß stieß er die Tür auf.
    Durch den Gang rannten Leute. Manche in Uniform, manche in Zivil, manche nur in Unterwäsche. Hauptsächlich junge Männer, aber auch eine Frau entdeckte ich. Sie blieb kurz neben mir stehen und holte Luft … Oh, oh, sie war nicht vom Laufen so atemlos und gerötet.
    »Du bist neu hier? Meine Glückwünsche zum ersten Einsatz!«
    »Verschieb die Zeremonien auf später!«, fuhr Schnee sie an. Daraufhin tauchten wir in den die Treppe hinunterwogenden Strom ein. Wie viele in die Kaserne zurückgekommen waren, seit ich mich meinen Grübeleien überlassen hatte.
    Nachdem ich ein paar Mal geschubst worden war, fing ich ebenfalls an, meine Ellenbogen einzusetzen. Obwohl es nur rund zwanzig Sekunden dauerte, das Gebäude zu verlassen, hatte ich bereits den Eindruck, hoffnungslos zu spät zu meiner Maschine zu kommen. Die Anspannung, die die Leute ergriffen hatte, hing schwer und unangenehm in der Luft, fast wie Schweißgeruch, und zerrte an den Nerven.
    »Beweg dich!« Schnee rannte in die Dunkelheit hinein, offenbar in Richtung seines Hangars. Ich blieb stehen und versuchte, mich zu orientieren. Lampen gab es keine, nur durch die Fenster fiel Licht. Der Stützpunkt, der so übersichtlich geplant schien, gewann im Dämmerlicht neue Dimensionen.
    »Wo ist deine Delta?« Die Frau von vorhin packte mich am Ellbogen. Sie lächelte und tänzelte auf der Stelle. »He, Neuling?«
    »Im Hangar mit den neuen Maschinen …«
    »Das ist da drüben!«
    Ich raste los. Ich konnte nur hoffen, dass sie sich nicht täuschte.
    Wie aus dem Nichts tauchte der Hangar vor mir auf. Als sei er aus der Dunkelheit herausgewachsen.
    »Alarm!«, schrie ich.
    Die Türen glitten auseinander.
    Der richtige!
    Zumindest gab es hier drinnen Licht. Die in Reihen wartenden reglosen Deltas schienen genauso aufgelöst wie die Menschen. Vielleicht verlor ich allmählich den Verstand, aber ich bildete mir ein, die Kabine hätte sich geöffnet, noch bevor ich »Gast« ausrief.
    Ein Ruck – und die hochziehbare Gangway lieferte mich im Sitz ab. Sofort veränderte sich die Welt, denn ich verschmolz mit meiner Delta.
    Der Raum loderte. Die Deltas schössen eine nach der anderen mit katzenhafter Grazie aus den offenen Türen der Hangars hinaus und stiegen in die Luft auf. Über dem Stützpunkt flammte ein Feld aus Licht. Unser Schutzschirm. Vor jeder startenden Maschine öffnete sich kurz ein Durchlass im Schirm. Ich zählte siebenundvierzig Deltas, genauer gesagt, ich zählte sie nicht, sondern wusste ihre Zahl einfach, kaum dass ich mich danach gefragt hatte.
    »Pjotr?«
    »Schnee?«
    »Wir haben eine Direktverbindung. Folge mir!«
    Eine der Deltas schaukelte in der Luft und wartete auf mich. Ihre Farbe war irgendwie anders. Auf diese Weise soufflierten mir die Rezeptoren der Maschine, wo Schnee war.
    »Pjotr, du liegst gut in der Zeit.«
    Das war Galis!
    »Ich warte auf den Auftrag.«
    Eine Pause.
    »Folge Schnee. Und du … ich wollte dich heute eigentlich nicht rauslassen … Also bleib in deiner Zone und flieg da Patrouille. Und wage es ja nicht, die Grenze zu überqueren!«
    »Zu Befehl!«, stieß Schnee hervor. Und sofort, ohne jeden Übergang, rief er: »Pjotr, du hast Glück. Wenn der Hauptmann uns rausschickt, sieht die Sache ernst aus. Bleib hinter mir!«
    Seine Delta schoss in den Himmel hinauf. Ich streckte mich nach ihm aus und spürte, wie die Welt sich in Bewegung setzte, die Erde nach unten fiel und die Mauern des Hangars flirrten. An der Tür blieb die Maschine kurz in der Luft hängen, als wolle sie vor den zurückbleibenden Deltas angeben. Vielleicht stimmte das ja sogar.
    Der Himmel. Der unendliche Himmel.
    Mit einem Mal begriff ich, wie sehr ich mich nach ihm gesehnt hatte!
    Die kurze Landephase mit der Fähre hatte das Gefühl während eines Flugs einfach nicht ersetzen können. Das war lediglich ein Schlingern auf dem Kurs gewesen, mehr nicht. Und ein Flug als Passagier – das ist überhaupt etwas ganz anderes.
    Wie sehr ich fliegen wollte! Den Steuerknüppel spüren … Gut, in

Weitere Kostenlose Bücher