Sternenschimmer
er genießerisch.
»Macht ihr das nicht auf Loduun?«
»Nicht auf diese Weise. Und mit dir ist sowieso alles unvergleichlich. Als würde ich Licht einatmen.«
» Licht einatmen?«
»Ja, hast du das noch nie gemacht?«
»Nein.«
»Dann nimm dich mal in den Arm, es ist schön.«
Ich knuffte ihn zärtlich in die Seite und merkte, wie es in meiner Nase zu kitzeln begann. Ich konnte wieder niesen! Zum ersten Mal freute mich das.
Bald war es nicht mehr weit. Prunkvoll beleuchtet, konnte man schon die riesige Palme im Vorgarten der Heinemanns erkennen. Als wir näher kamen, hörte ich auch das Plätschern des Springbrunnens.
Iason pfiff durch die Zähne, als wir vor dem Tor des Anwesens standen. »Jetzt verstehe ich.«
Die Villa der Heinemanns bestand aus zwei Stockwerken. Dem Erdgeschoss und einem dem Eindruck nach darüberschwebenden Oval, das durch kaum sichtbare Glaspfeiler gestützt wurde. Eingebettet in die üppige Vegetation einer künstlich gestalteten Tropenlandschaft, war es eines der pompösesten Gebäude in unserer sonst eher entkleideten Stadt. Umweltschutz war Herrn Heinemann offensichtlich egal. Tja, nur den Reichen war es eben vergönnt, dem bitteren Erbe unserer Vorfahren die kalte Schulter zu zeigen.
»Hier geht’s lang.« Ich machte eine auffordernde Handbewegung. Er folgte mir. Wir gingen zur Rückseite des Hauses und kletterten über die Mauer. Dort hatte Lena die Alarmanlage ausgeschaltet.
In geduckter Haltung liefen wir über den sattgrünen Rasen, an einer Bambuslaube vorbei und hin zum Pool, wo Lenas Fenster war. Gedämpftes Licht drang durch das heruntergelassene gelbe Rollo.
Ich sammelte ein paar kleine Steinchen und warf sie gegen ihre Scheibe im ersten Stock. Wenige Sekunden später wurden die Lamellen hochgezogen und das Fenster geöffnet.
»Hi«, sagte Lena leise. Dann bemerkte sie Iason neben mir und winkte ihm zu. »Brauchst du auch Asyl?«
»Er hat mich nur hergebracht«, rief ich im Flüsterton zu ihr hinauf.
»Ach so.« Sie deutete auf die Schlingpflanzen, die an der Hauswand bis zu ihrem Fenster hinaufkletterten. »Kommst du da am Spalier hoch?«
Wir fuhren alle drei zusammen, als im Erdgeschoss die elektrischen Jalousien heruntergelassen wurden.
Keiner von uns regte sich, bis wieder eine Weile Stille eingekehrt war.
Leise rieselte Lenas Stimme zu uns hinab. »Die Luft ist rein.«
»Ich weiß nicht«, zögerte ich. »Vielleicht war das keine so gute Idee.«
»Ach was, meine Eltern gehen gerade schlafen. Die werden schon nix merken.«
»Und wenn doch? Lena, ich will dir echt keinen Ärger machen.«
»Kommst du jetzt wohl hoch«, schimpfte sie mit mir.
Ich wandte mich Iason zu.
»Mia.« Er wartete, bis ich ausgeniest hatte. »Da ist noch etwas, das ich dir sagen möchte.« Die Reflexionen der Pool-Beleuchtung wanderten in zarten Wellenbewegungen über sein Gesicht. »Es gibt auf Loduun eine Theorie, die besagt, wir würden unseren Sinn selbst aussuchen, bevor wir geboren werden. Im Laufe unserer jüngsten Kindheit verblasst diese Erinnerung und irgendwann folgt man diesbezüglich nur noch seinen Impulsen.« In seinen Augen schimmerte etwas, wie kleine Diamanten sah es aus. »Als du zum Labor zurückgekehrt bist, und …«, es fiel ihm offenbar schwer, das grüne Leuchten zu benennen, »da war es, als würde ich mich erinnern.« Erneut gab er dem Bedürfnis nach, meine Wange zu berühren. »Ich finde, ich hätte nicht besser wählen können.« Sanft strich er meinen Hals hinab, glitt über meinen Arm und unsere Finger verschränkten sich. Das Verlangen nach mehr ließ mich zittern und ich vergaß für den Moment völlig, dass Lena auf mich wartete.
Und als Reaktion darauf durchzuckte uns augenblicklich Unsicherheit; gleich eines Warnsignals flimmerte sie; weil keiner von uns beiden wusste, wie . Wie jene Verführung beim anderen aussah. Ich hatte keine Ahnung, aber ich spürte, warum auch immer, dass es ihm gerade genauso ging.
Ein Augenschlag löste den Bann.
»Bis Morgen«, verabschiedete er sich und verschwand lautlos wie eine Katze in der Dunkelheit.
Ich sah ihm noch eine Weile über den Pool hinweg nach. Dann machte ich mich daran, die Rankhilfe hinaufzuklettern.
»Was durften meine privilegierten Augen denn da eben sehen?«, flüsterte Lena mir erfreut zu. »Iason hat dich hierhergebracht?« Sie half mir zum Fenster hinein.
Ich zupfte einzelne Blätter von meiner Kleidung.
»Auch schön, dich zu sehen, meine Süße.«
Lena machte eine wegwischende
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