Sternenschimmer
Zittern. Und Finn sprach noch weiter. »Ich habe Nachricht von Skyto erhalten.«
Skyto. War er nicht das Oberhaupt der Wächter? Ich lauschte.
»Jetzt, da Die Hand wieder auf Loduun ist, macht das unsere Anwesenheit hier überflüssig. Skyto will, dass wir wieder nach Hause kommen. Er braucht jeden Wächter. In drei Wochen kommt ein Schiff, das uns mitnehmen kann. Wir müssen zurück, Iason.«
Die Spindtür wurde zugeschlagen, und so, wie das knallte, wusste ich, dass Iason klar war, dass Finn recht hatte.
Ich taumelte rückwärts bis zum Ausgang. Dort angekommen, stürmte ich nach draußen und lehnte mich an die Wand. Keuchend kreuzte ich die Arme vor der Brust. Ich bekam kaum Luft. Atmen, erinnerte ich mich. Atmen und bloß nicht nachdenken.
Eigentlich hatte Finn nur das ausgesprochen, was ich ohnehin schon wusste. Aber es zu hören, brachte die Realität auf so erschreckende Weise nah. Eine leise Stimme in mir hatte bei all den Zweifeln stets an eine Lösung geglaubt. Doch jetzt war mir unmissverständlich klar geworden: Die Welt, in der Iason undich gemeinsam glücklich sein durften, gab es nicht. Nicht auf der Erde und auch nicht auf Loduun. Mein Glaube war eine Illusion gewesen – eine Lüge. Und meine Hoffnung zerschlug in tausend Scherben. Wie viel Zeit blieb uns noch? Drei Wochen?
Es war so heiß hier draußen, und doch zitterte ich.
»Oh Mann, bei euch werde ich irgendwann noch mal gekocht.«
Ich schrak hoch. Luna stand wenige Meter entfernt auf dem Vorplatz und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. Ich hatte sie überhaupt nicht kommen hören.
Ich verschloss mein Herz, stützte mich von der Wand ab und zwang mich zu einem Lächeln. Ich mochte gar nicht wissen, wie erbärmlich das aussah.
»Und, war’s schön?«, erkundigte ich mich nach dem Drak-Spiel, kämpfte gegen den mutlosen Klang in meiner Stimme, unterdrückte das Zittern der Beine.
»Es war traumhaft.« Luna war so sehr auf Wolke sieben, dass sie mir nichts anmerkte.
Ich bemühte mich um ein weiteres Lächeln.
In diesem Moment kamen Iason und Finn nach draußen. Ich wagte kaum, ihn anzuschauen, und als ich es schließlich tat, fühlte ich, wie etwas in mir zerbrach. In seinem Gesicht rangen die unterschiedlichsten Gefühle. Erst als er mich entdeckte, brachte er sie unter Kontrolle. Er kam zu mir und schloss mich in die Arme.
»Da bist du ja«, flüsterte er.
Ich schmiegte mich an ihn. Wir würden uns auf die Gegenwart konzentrieren müssen. Nicht an morgen zu denken, war die einzige Möglichkeit, die uns blieb.
Mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte, steckte ich Finns Worte in den Koffer meiner unliebsamen Erinnerungen. Er wurde immer voller. Ich setzte mich auf den Deckel, damit er wieder zuging, und schloss ihn sorgfältig ab. Verflucht, war das Ding schwer.
Die Sonne sank am Horizont und ein leises Brummen machte uns darauf aufmerksam, dass die Kuppel sich öffnete. Alle vier sahen wir nach oben. Der Dunst, der sich unter dem Glas gesammelt hatte, zog wie ein Nebelschleier durch den immer breiter werdenden Spalt, stieg zum Himmel auf und verlor sich im Abendlicht.
»Hast du Lust, eine kleine Tour zu machen?«, fragte ich Iason. »Etwas außerhalb gibt es einen Berg, von dort oben hat man eine wundervolle Aussicht.«
»Wandern?« Finn sah uns skeptisch an. »Um die Uhrzeit?«
Iason beachtete ihn gar nicht. Er lächelte mir zu und nickte.
Luna gähnte. »Geht ihr mal wandern, ich mach es mir inzwischen auf der Couch gemütlich.«
»Kann ich davon ausgehen, dass meine Wenigkeit zu diesem Spaziergang nicht eingeladen ist?«, wollte Finn wissen.
Sofort bekam ich ein schlechtes Gewissen. »Aber natür…«
»Da liegst du goldrichtig«, schnitt Iason mir das Wort ab.
Finn zischte etwas auf Loduunisch. Mahnte er Iason, an seine Worte zu denken?
»Im Osten der Stadt hat eine neue Bar aufgemacht«, sagte ich, um sie beide friedlicher zu stimmen. »Frank und Barbara wollten heute Abend dort hingehen. Sie freuen sich bestimmt, wenn du mitkommst.«
Finn zischte etwas Unverständliches und rief Frank an.
Unser Schiff kam und Iason stieg schweigend ein. Erst als wir auf unseren Plätzen saßen, hellte sich seine Miene wieder etwas auf.
»Du wirst begeistert sein, wenn wir auf dem Gipfel stehen«, sagte ich. »Von dort kann man über die ganze Stadt sehen. Man fühlt sich völlig frei. Keine Zwänge, kein Muss, alles rückt von einem fort.«
»Das ist jetzt genau das Richtige«, sagte er.
Er konnte ja nicht
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