Sternenschimmer

Titel: Sternenschimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter

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ich meine Wange an seine Hand und klammerte mich mit dem Blick an seinen, um zu spüren, nein zu wissen, dass wir uns wiederhatten.

34

    W as hast du in der Videobotschaft gehört? Weshalb bist du ausgerechnet hierher gekommen?«, fragte Frank schließlich.
    Iason sah in die Runde. »Nichts«, sagte er.
    »Wie, nichts?«, fragte Greta.
    »Aber das ist es ja gerade, es war nichts zu hören. Genau wie damals, als ich Mia gefunden habe. Tom muss in irgendeinem der Bunker sein. Frank hat mir erzählt, dass die Dörfer unterirdisch miteinander vernetzt sind, und da Mia hier tagelang unentdeckt leben konnte, habe ich mir gedacht, den Einstieg von diesem Ort aus zu wagen. Als ich heute Morgen mit ihr durch das Dorf ging, fiel mir an der Kirche eine Steintafel ins Auge, die irgendeine Karte aufweist.«
    »Ja, diese Tafeln hängen in fast jedem Ort, sie zeigen das gesamte Bunkersystem. Es erstreckt sich bis tief in die Berge«, meinte Frank, dem nun ebenfalls ein Licht aufzugehen schien.
    »Und wenn meine Vermutung richtig ist«, sagte Iason, »spielt sich dort unten auch der gesamte Waffenhandel ab.«
    Wie nahe mir Tom wahrscheinlich die ganze Zeit gewesen war!
    »Okay, und wo ist dieser Einstieg nun?«, drängelte Greta.
    »Meist liegt er bei öffentlichen Gebäuden. Gleichermaßen zugänglich für jedes Haus«, erklärte Frank. »Wahrscheinlich hier bei der Kirche.«
    Iason ging zu der großen Steintafel an der Eingangstür, in die kaum noch erkennbare Linien eingemeißelt waren. »Lasst mich zuvor noch einen Blick darauf werfen.« Mit der Hand legte ersie von Schmutz und Moos frei. Zum Vorschein kam ein Netzsystem, das sich laut diesem Plan bis in die hintersten Bergdörfer erstreckte. Seine Größe zeigte erst die Dimension der Angst auf, die früher vor einem atomaren Angriff geherrscht haben musste.
    Iasons nächster Blick glitt über die Tafel.
    »Kannst du dir das alles merken?«, fragte Greta beeindruckt.
    »Ja«, sagte Iason vollkommen konzentriert.
    »Dort, das muss der Eingang sein.« Frank deutete auf ein Zeichen, das den hinteren Teil der Kirche markierte.
    Iason nickte. »Ich bin so weit, lasst uns aufbrechen.«
    Wir gingen um das Gebäude herum, bis wir an der Rückseite auf eine Metalltür stießen.
    »Mia.« Iason fasste mich an den Schultern. »Ihr könnt keinesfalls dort mit hinein. Eure Schritte sind viel zu laut und für Loduuner in dieser Stille schon von Weitem hörbar. Ich muss allein gehen, sonst haben wir keine Chance.«
    »Aber …«
    »Nichts aber«, unterbrach er mich. »Wenn es kalt genug dort unten ist, kann ich sogar große Strecken sleiten. So bemerkt mich niemand.« Er schüttelte mich, zwar leicht, aber an mir war alles so schlaff, dass ich wie eine Stoffpuppe hin und her schlackerte. »Mit euch wäre es viel zu gefährlich – für Tom und für mich.«
    Vor diesem Argument hatte ich mich immer gefürchtet, weil es das einzige war, was mich aufhalten konnte.
    Es zog mir förmlich den Boden unter den Füßen weg, als ich wie ferngesteuert nickte.
    Seine Hände strichen meine Arme hinab. »Ich bin bald wieder da. Und wenn alles gut geht, mit Tom.«
    Welche kranken Synapsen veranlassten mich eigentlich immer zu nicken?
    »Wir gehen mit dem Walkie-Talkie schon mal zur Windkraftanlage«, sagte Frank. »Melde dich, wenn du Tom da draußenhast. Wir rufen dann sofort die Polizei, und die nehmen das Nest hier hoch.«
    Iason warf mir einen letzten Blick zu und wandte sich zum Gehen.
    »Iason!«
    Er sah über seine Schulter.
    »Ich warte in meinem Haus.«
    Er lächelte gezwungen. Er wusste, weiter würde ich mich nicht fortbewegen. Sein nächster Blick galt der Tür, die daraufhin nach oben in eine Versenkung glitt.
    Graue Betonstufen führten ihn in die Dunkelheit.
    Alles in mir zog sich zusammen, als er verschwand.
    Frank legte den Arm um mich. »Bald haben wir es geschafft.«
    Gemeinsam machten wir uns auf den Weg. Unsere Schritte raschelten im sonnenvertrockneten Gras.
    Als wir zwischen einer Tanne und der Kirchenmauer um die Ecke bogen, sah ich die Elster auf dem Treppengeländer des Seiteneingangs sitzen. Reglos sah sie mich mit ihren schwarzen Knopfaugen an.
    Da drang ein markerschütternder Schrei aus dem Inneren des Gangs.
    »Tom!« Bevor einer sie aufhalten konnte, rannte Lena schon zum Bunker zurück.
    »Iason!« Ich stürzte ihr hinterher.
    Iason sprang aus dem Eingang. »Los, weg hier, das ist eine Falle.« Er packte meine Hand, als ein neuer Schrei in unsere Glieder fuhr.
    Lena