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Sternenschimmer

Sternenschimmer

Titel: Sternenschimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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gerade auf mich hörte. Aber endlich hielt sie mit dem Gemurmel inne, sah zu mir auf und umklammerte mich mit einem Ausdruck, der alles an Schmerz übertraf, was ich mir vorstellen konnte. Meine lebensfrohe beste Freundin, meine Lena, die mich mit ihrem hellen Lachen stets angesteckt hatte – war wie ausgelöscht.
    »Sieh ihn dir an, Mia.«
    Es kostete mich alle Überwindung, aber ich tat, worum sie mich bat, ließ meinen Blick über Toms geschundenen Körper gleiten und sah dann wieder zu ihr hin, während sie sich weiter an dem Strick zu schaffen machte. Vergeblich, ihre Hände zitterten zu sehr.
    »Lena«, sagte ich sanft und leise. »Lass Iason zu ihm. Wir müssen hier so schnell wie möglich weg und Tom in ein Krankenhaus bringen.«
    Sie ließ von dem Knoten ab und wischte sich mit dem blutverschmierten Handrücken über die Stirn.
    »Er atmet noch, oder?« Ihre Frage kam wie ein Flehen.
    Ich legte die Hand auf Toms Brust und fühlte, wie sie sich ganz flach hob und wieder senkte.
    »Ja, er atmet«, beruhigte ich sie. »Und jetzt geh zur Seite. Komm.« Ich half ihr auf, und sie stützte sich schwankend an meinem Arm ab. Iason ging neben Tom in die Hocke. Lena zuckte bei jedem Zischen zusammen, während er mit dem Blick die Handfessel versengte. Als Tom endlich befreit war, hörten wir ein leises Stöhnen.
    »Das überlebt er nicht mehr lang«, wimmerte Lena.
    Flehend sah ich Iason an. »Kannst du denn gar nichts für ihn tun?«
    Er schüttelte den Kopf. »Meine Kräfte helfen ausschließlich bei mentalen Wunden. Damit habe ich ihn schon versorgt.«
    Langsam kam Tom zu sich. Er bewegte die Lippen, zu schwach, um mehr als ein Flüstern von sich zu geben.
    Aber Iason verstand ihn und lauschte, bis auch Toms letzte Mundbewegung erstarb.
    In diesem Moment senkte sich die Tür hinter uns. Vom Rost angefressen, machte sie ein schleifendes Geräusch. Und da wurde mir klar, was hier vor sich ging. Tür für Tür wurden wir immer weiter in die Enge getrieben.
    Frank presste die Faust gegen die Stirn. »Wir müssen uns etwas einfallen lassen.«
    Iason suchte mit seinem Strahlen den Raum ab. »Dort«, er zeigte auf einen Schacht am Boden. »Was ist das, Frank?«
    »Sieht aus wie einer der Entsorgungsschächte.«
    »Tom meinte eben etwas von einem Ausgang. Könnte er das sein?«
    »Mit großer Wahrscheinlichkeit sogar. Die Dinger führen nach draußen. Sie sind so konzipiert, dass sie sich nur im Fall der Fälle von selbst verriegeln.«
    »Psst!«, mahnte ich panisch. »Vielleicht können sie uns hören.«
    Iason schüttelte den Kopf. »Ich habe mich umgesehen. Hier ist nichts, womit sie uns abhören könnten, und die Türen verriegeln hermetisch, da dringt kein Laut nach draußen.«
    Frank musterte kritisch den Entsorgungsschacht. »Da passt du nie im Leben durch, Iason.«
    Iason sah zur Klappe und sie öffnete sich. »Ich nicht, aber ihr anderen vielleicht. Schnell, uns bleibt nicht viel Zeit. Lange sind wir hier nicht mehr allein.«
    Sollte es tatsächlich eine Rettung geben? Tom war nicht groß und so abgemagert, es könnte klappen. Lena, ebenfalls von schmächtiger Natur, überragte ihn nur um wenige Zentimeter, und wenn einer den Willen besaß, Tom ins Freie zu ziehen, dann war sie es.
    »Lena«, sagte ich hastig, »geh du als Erste. Du musst Tom hinter dir herziehen.«
    Lena überlegte nicht lang und kletterte mit den Füßen vorneweg in das Loch.
    Frank und ich nahmen Tom an den Schultern. Iason fasste ihn an den Füßen. Jede Bewegung ließ ihn auf eine Weise stöhnen, die uns durch Mark und Bein ging. Vorsichtig hoben wir ihn an und schoben ihn in den Schacht. »Verdammt. Sein Bein steht zu weit ab.«
    Iason drückte es gerade. Toms Schrei ließ meine Magensäure hochschießen.
    »Oh Gott, oh Gott«, keuchte Greta.
    Frank wurde leichenblass.
    Tom verlor unter den Schmerzen wieder das Bewusstsein.
    »Er kommt«, zischte Iason Lena zu.
    Sie nahm Tom entgegen und zog ihn weiter.
    Iason beugte sich zu ihr hinab. »Hast du dein iCommplete dabei?«
    »Ja«, drang Lenas Stimme dumpf aus dem Schacht.
    »Gut, dann such draußen etwas, das du als Bahre benutzen kannst, und bring ihn zur Windkraftanlage. Dort seid ihr sicher und habt Empfang.«
    »Alles klar«, hörte ich sie wieder.
    Iason sah zu Greta. »Jetzt du.«
    Greta versuchte, sich in den Schacht zu zwängen, aber ihre Schultern waren zu breit und sie kam nicht vorwärts. Der Schock ließ sie erbleichen. »Ich pass da nicht durch«, jammerte sie und mühte sich

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