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Sternenschimmer

Sternenschimmer

Titel: Sternenschimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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heimgesucht wie damals. »Ich dachte, sie ist tot!«
    Iason winkelte ein Bein an und legte den Arm darauf. Wieso tat er sich das an?
    »Erzähl weiter«, sagte er leise.
    »Du und Bert, ihr habt mir euer Vertrauen geschenkt und ich hab es missbraucht.« Ich dachte an Hopes Puppe, die allein am Strand lag, und da erschlugen mich die Bilder regelrecht. Hopes ängstliches Gesicht, als ich sie dort an den Felsen geklammert sah. Der Gedanke, es könne jeden Moment zu spät sein, während ich mich durch die Wellen kämpfte. Ihr zitternder kleiner Körper in meinen Armen. Iasons schockiertes Flackern in den Augen, als er uns entgegenlief. »Das alles war meine Schuld! Meine Schuld! Ich hasse mich! Und du … du musst mich auch hassen!«
    Meine Worte verloren sich. Ich zog die Beine an und stützte mich im Sand ab, um nicht vornüberzusacken. Etliche Schluchzer stießen aus mir heraus.
    Eine Weile geschah sonst nichts. Doch dann … Iasons Hand, die zwischen uns lag, bewegte sich auf meine zu, näher und näher, bis sein kleiner Finger ganz zart meinen berührte.
    »Ich hasse dich nicht«, sagte er leise.
    Es dauerte lange, bis ich mich ausgeweint hatte, und noch länger, bis ich halbwegs meine Fassung wiedererlangte. Und nach einem langen und intensiven Moment der Stille löste sich etwas von mir. Vor meinem inneren Auge stieg Hopes Gesicht auf, unversehrt. Eine schwere Last fiel von mir ab. Die quälenden Bilder lösten sich wie eine alte Haut und darunter befand sich etwas, das mir wie ein Wunder entgegentrat – neues Leben.
    Schniefend richtete ich mich auf.
    »Geht’s wieder?«, fragte er vorsichtig.
    Ich lächelte erschöpft und nickte.
    »Du hasst mich nicht?«, fragte ich mit halb erstickter Stimme.
    »Nein.« In diesem einen Wort lag meine Vergebung, es brachte einen so schönen Gedanken zum Vorschein, ich wagte kaum, daran zu glauben. Einzig und allein sein nächstes Wort vermochte dieses überwältigende Gefühl zu steigern.
    »Nein«, sagte er noch einmal.
    Gemeinsam blickten wir zum Meer hinaus. Rau und unbeherrscht brachen sich die Wellen. Aber sie konnten uns nichts tun.
    Plötzlich musste ich niesen. Und noch einmal … und, oh wie peinlich, ein weiteres Mal.
    Er musterte mich. »Hast du dich erkältet?«
    »Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Das ist so ’n Tick von mir. Passiert immer dann, wenn ich mich wohlfühle.«
    »Ich dachte eher, ihr Irden tätet dies, wenn ihr die Nase voll habt?«
    »Tja, ich bin da eben anders«, gestand ich verlegen.
    Er schmunzelte und sah wieder zum Meer.
    »Wollen wir etwas essen gehen?«, fragte er nach einer Weile.
    Nichts hätte ich in diesem Augenblick lieber getan, als mit Iason in einem gemütlichen Strandlokal zu sitzen. Aber ich wusste, dass es vorher noch etwas zu erledigen gab. – Und das musste ich allein tun! »Einen Moment noch.« Ich zog meine Schuhe aus und stand auf. »Kannst du hier warten?«
    »Was hast du vor?«, fragte er misstrauisch.
    »Keine Sorge. Den Wunsch, mich in die Fluten zu stürzen, hast du mir bereits genommen«, feixte ich noch ein bisschen schwächelnd.
    Er musterte mich. »Solange ich dich im Auge behalten darf.«
    Ich ging auf das Meer zu. Mein Herz schlug schneller und das Geräusch der Brandung ließ mich zittern. Doch ich ging weiter, setzte einen Fuß vor den anderen über den muscheldurchwirkten Sand. Mein Herz raste. Weißer Schaum umspülte meine Füße. Doch ich wich nicht zurück, bezwang meine Angst und schaute so lange auf die Wellen, bis ich mich etwas beruhigte. Dann wurde mein Blick immer fester, und ich schenkte dem tobenden Meer all die Bilder, mit denen es mich gestraft hatte, gab ihm meine Wut und das Entsetzen wieder. Zuletzt ging ich in die Hocke, schöpfte Wasser und wusch mein Gesicht, denn das Meer sollte auch all meine Tränen zurückhaben.
    Dann kehrte ich ihm den Rücken und ging zu Iason, der, die Hände in den Hosentaschen, auf mich wartete. Glücklich nahm ich meine Schuhe und wir machten uns auf den Weg.
    Zehn Minuten später erreichten wir die Strandbar. Ein blaues, mit Ried gedecktes Holzhaus, aus dem leise Musik und fröhliches Gelächter drangen.
    Der angenehme Duft einer Meereskomposition schwang zu uns heraus, als Iason die Tür öffnete und mir mit einer galanten Geste den Vortritt ließ. Hm, das Bouquet bildete einen Hauch Lavendel. Ich konnte nicht aufhören, die Nase zu bewegen.
    »Unterschwellig«, sagte Iason und folgte mir.
    Das Innere des Strandlokals war mit niedrigen Tischen und

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