Sternenschweif 31 - Die Magie der Sterne
durchtrennte mit seinem Horn das Netz.
„D-D-Das ist nicht wahr, oder?“, stotterte Benjamin, als er Sternenschweif sah. „Bist du ein echtes Einhorn oder träume ich?“ Ehrfürchtig blickte er ihn an. Die Fäden des Sternennetzes, die er langsam von sich abstreifte, lösten sich in Nebel auf. Plötzlich verzog Benjamin das Gesicht und rieb sich seinen verletzten Fuß. „Das ist wohl kein Traum“, sagte er.
Sternenschweif nickte. „Ja, Benjamin, ich bin ein echtes Einhorn. Halt still, ich werde deinen Fuß heilen.“ Er berührte mit seinem Horn die verletzte Stelle. Laura musste einwenig lächeln, als Benjamin fassungslos seinen Fuß betastete.
„Der Schmerz ist weg!“, rief er ungläubig. Mit einem Mal strahlte er über das ganze Gesicht und wandte sich an Laura. „Ich habe mir nichts sehnlicher gewünscht, als einmal in meinem Leben einem Einhorn zu begegnen. Und jetzt, da ich die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte, ist mein Wunsch doch noch in Erfüllung gegangen. Was habe ich nicht alles versucht, um ein Einhorn zu treffen. In dem Buch über die Tiere des Waldes habe ich gelesen, dass Einhörner auch im Wald leben. Und als ich die alten Fallen in unserem Schuppen gefunden habe, dachte ich, damit würde es endlich gelingen, eins zu fangen.“
Laura schüttelte den Kopf. „Man kann keine Einhörner fangen“, sagte sie ernst. „Jedes Einhorn hat einen Menschen als Einhornfreund. Und die beiden müssen sich finden. Auf keinen Fall aber darf man Fallen im Wald aufstellen und damit andere Tiere in Gefahr bringen.“
Benjamin senkte den Kopf. „Ich weiß. Ich war einfach so versessen darauf, ein Einhorn zu treffen, dass ich nicht mehr nachgedacht habe.“ Er schaute betreten zu Boden. „Ich schäme mich so. Wenn ich nur wüsste, wie ich alles wiedergutmachen kann.“ Niedergeschlagen fuhr er sich mit beiden Händen über sein Gesicht.
„Warum wolltest du denn unbedingt ein Einhorn haben?“, fragte Laura jetzt behutsamer.
Benjamin blickte sie an, dann senkte er traurig den Blick. „Ich hatte noch nie einen richtigen Freund. Und als ich über die Einhornfreundschaft gelesen habe, dachte ich, dass es nichts Schöneres geben kann, als ein Einhorn zum Freund zu haben.“ Laura sah Tränen in seinen Augen glitzern.
Sie nickte. „Das stimmt! Aber leider ist es nicht jedem vergönnt, ein Einhornfreund zu werden. Es gibt sogar ein Gesetz, das besagt, dass nur Einhornfreunde Einhörner sehen dürfen. Denn wenn bekannt werden würde, dass es Einhörner gibt, könnten ihre Zauberkräfte für falsche Zwecke missbraucht werden.“
„Dann ist es wohl eine große Ehre, dass ich dein Einhorn sehen darf“, sagte Benjamin leise und strich Sternenschweif zärtlich über seine Nüstern. Er hielt kurz inne und berührte vorsichtig das Horn. Laura spürte, wie überwältigt er von Sternenschweifs Anblick war. Sternenschweif war jetzt ganz ruhig, nur ein leises Schnauben war von ihm zu hören. Plötzlich bekam Laura Angst. Vorhin war alles so schnell gegangen, dass sie Benjamin nicht das Versprechen hatte abnehmen können, dass er den Trank des Vergessens trinkenwürde. Sie kannte Benjamin nicht. Was war, wenn er sich von ihrem besten Freund nicht trennen wollte? Er hatte sich schließlich nichts sehnlicher gewünscht als ein Einhorn. Würde er da überhaupt noch den Trank des Vergessens zu sich nehmen? Und was sollte sie bloß tun, wenn er das nicht wollte?
9
Laura fühlte sich unwohl. Wenn Benjamin den Trank des Vergessens nicht trinken würde, waren Arkadia und all seine Einhörner in Gefahr! Denn mit Sicherheit würde er die Einhorngeheimnisse nicht für sich behalten können. Und wenn dieses Wissen in die Hände der falschen Menschen gelangen würde, dann … Laura schloss die Augen. Sie wollte sich nicht ausmalen, was dann alles Schlimmes geschehen könnte.
„Benjamin, du musst den Trank des Vergessens trinken. Du darfst dich an Sternenschweif als Einhorn nicht erinnern!“, sagte sie mit fester Stimme, obwohl sie innerlich zitterte.
Benjamin drehte sich zu ihr um. „Bitte nicht!“, rief er unglücklich. „Können wir nicht einfach beide Einhornfreunde sein? Sternenschweif, du sollst auch mein Freund sein, bitte! Ich werde dich immer gut behandeln.“
Laura spürte Panik in sich aufsteigen. Sternenschweif schüttelte unruhig seine Mähne und Benjamin ließ erschrocken das Horn los.
„Eine Einhornfreundschaft kann man nicht erzwingen“, sagte Sternenschweif jetzt ruhig. „Wenn du den Trank
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