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Sternenseelen Bd 2 - Solange die Nacht uns trennt

Sternenseelen Bd 2 - Solange die Nacht uns trennt

Titel: Sternenseelen Bd 2 - Solange die Nacht uns trennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Pflieger
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ihr überdauert und sie nun in die Schwärze gerissen?
    Obwohl sie keinen Körper mehr hatte, fühlte es sich an, als schnürte ihr die Angst die Kehle zu, riss ihre Seele mit unbarmherzigem Griff in einen Strudel der Verzweiflung. Als sie glaubte, es keine Sekunde mehr aushalten zu können, ohne den Verstand zu verlieren, durchbrach ein schwaches Glimmen die Dunkelheit, nicht mehr als Glühwürmchen in einem Ozean der Finsternis, und doch bedeutete es Hoffnung. Es vergrößerte sich, erstrahlte in einem hellen Funkeln. Dann war da noch ein Licht, dann noch eins. Überall um Lilly herum glommen Lichter auf, durch die sie sich mit atemberaubender Geschwindigkeit bewegte. Und während sie allmählich erfasste, was mit ihr geschah, ertönte plötzlich das Sternenlied, nur in einer neuen Art der Reinheit, geprägt von einem warmen Willkommen und Frohlocken über ihre Anwesenheit. Ihr Geist raste durch das All, beobachtet von Millionen Sternen, ihrem Seelenstern, Alkione, entgegen. Dann tauchte er – oder besser gesagt sie – vor ihr auf. Ein großer und ein kleinerer Stern, die sich in langsamem Tanz umkreisten. Instinktiv wusste Lilly, dass der blaue Stern ihrer war, sie spürte eine Verbundenheit, von der sie gedacht hatte, dass nur Blutsverwandtschaft sie auslösen konnte. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit und bedingungslosen Liebe durchflutete sie wie eine Woge, das ihre Seelenwelt von allem Ballast bereinigte.
    Sie verlor jegliches Zeitgefühl, trieb im Sternenozean um die Zwillingssterne, bewunderte ihre Schönheit und fühlte, wie ihre seelischen Wunden zwar nicht geheilt waren, aber einen Teil ihres Schmerzes einbüßten.
    Dann zog sie sich etwas zurück, sie flog durch den sternenerfüllten Raum, raste an Kometenschwärmen und Sternennebeln vorbei, um sich nur Augenblicke später in ihrem Körper wiederzufinden. Sie benötigte einige Minuten, bis ihre Augen die Umgebung erfassten und sie begriff, dass sie noch immer in ihrem Bett lag. Ihr Wecker klingelte. Zeit aufzustehen. Unbewusst griff sie nach dem lärmenden Ding und sah tatsächlich, wie ihre Hand sich bewegte. Hatte sie doch Kontrolle über ihren Körper? Obwohl sich alles so verschwommen anfühlte, als stünde sie unter einem heftigen Drogencocktail, als befände sie sich halb in ihrem Körper und halb außerhalb? Sie richtete sich auf, zumindest versuchte sie es, aber ihr Körper reagierte nicht, nur ein leichtes Zucken durchlief sie. Sie probierte es erneut – mit dem gleichen Ergebnis.
    Da klopfte es an der Tür, und abermals reagierte sie unbewusst, setzte sich auf und bat ihre Mutter herein. War das der Schlüssel? Konnte sie Befehle an ihren Körper geben, wenn sie lernte, es auf einer anderen Ebene zu machen? So wie man normalerweise atmete, ohne darüber nachzudenken, aber dennoch die Luft anhalten konnte, wenn man sich darauf konzentrierte? Nur was kontrollierte ihren Körper gerade? Ein Teil ihres Unterbewusstseins oder doch etwas Fremdes? Die Vorstellung verursachte Übelkeit, alles kreiste vor ihren Augen, verschwamm zu einem fahlen Lichterteppich. Nur langsam beruhigten sich ihre angespannten Nerven, und sie verstand, warum Lea und Torge es vorzogen, tagsüber zu schlafen.
    Noch immer mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, hörte sie, wie Moni sich nach ihrem Befinden erkundigte, und zu ihrer Überraschung antwortete sie mit seltsam monotoner und belegter Stimme: »Ich glaube, ich habe Fieber und möchte nur schlafen.«
    Ihre Mutter kniete sich vor sie und sah sie an. »Du siehst wirklich schlecht aus. Leg dich wieder hin, und wenn es dir morgen nicht besser geht, fahren wir zu einem Arzt.«
    Beklommen bemerkte Lilly, dass sie nickte und sich in ihr Bett fallen ließ, während Moni das Licht ausschaltete und die Tür leise hinter sich schloss. Sie war sich nicht sicher, ob das so viel besser war, als gelähmt im Zweikampf mit einer Sternenbestie zu sein.
    Sie lauschte den Geräuschen im Haus, dem Klappern von Geschirr, dem Zischen der Kaffeemaschine, Thomas’ schweren Schritten im Duett mit Monis hektischem Getrippel. Gedämpfte Stimmen, um sie nicht zu stören, während sie sich wünschte, die Zeit zurückdrehen zu können und noch einmal das morgendliche Zusammensein zu genießen. Wie konnte es sein, dass ihr Traum, zur Sternenseele zu werden, sich als Albtraum entpuppte?
    Nachdem alle das Haus verlassen hatten, kehrte Ruhe ein, und nichts lenkte Lilly mehr von ihren eigenen Gedanken ab. Samuel, Thomas und ihre Mutter würden nun

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