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Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit

Titel: Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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bedeutete.
     

 

7 Der Lenkende
    Genau dreißig Tage nach dem Beginn seiner Mission fand sich der Lenkende mattgesetzt, seine Anweisungen ignoriert, seine Führung zurückgewiesen, seine Befehle mißachtet. Wenn er sprach, sprach er in den Wind. Wenn der Junge ihn nicht bekämpfte, ignorierte er ihn, oder noch schlimme er schirmte seine Gedanken und Unternehmungen hinter Sinnesdaten ab. Und als der Lenkende ihm die Belohnung anbot, die den Gehorsam des Jungen hatte sichern sollen, wies er ihn zurück.
    Der Lenkende konnte nicht versagen. Versagen war nicht tragbar. Der Lenkende hatte keine andere Möglichkeit, als den Vertrag zu erfüllen, durch den er bevollmächtigt worden war:
    Den Jungen zu fremden Orten zu führen.
    Seinen Körper zu schützen und zu nähren.
    Ihn zum Forschen und Untersuchen zu veranlassen. Ihn anzuspornen, zu lernen und zu wissen.
    Ihn vom Wissen um das, was in ihm lag, abzuhalten. Ihn zum Wissen um das, was außerhalb lag, zu führen.
    Die durch den Jungen gesammelten Fakten und Eindrücke zu verschlüsseln.
    Sie zu speichern und zu bewahren, um die Worte des Vertrages zu erfüllen. –
    Es hätte einfach sein müssen. Der Junge war von Natur aus neugierig. Er war auch intelligent, aufmerksam, und anfangs war er fügsam gewesen.
    Jetzt war er nicht mehr fügsam. Er hatte Wege an der Wachsamkeit des Lenkenden vorbei entdeckt und benutzte sie. Er hatte erkannt, daß seine Brüder zu seiner Ablenkung benutzt wurden, und sich geweigert, sich mit ihnen zu treffen. Er hatte herausgefunden, daß es Informationen gab, die der Lenkende ihm vorenthielt, und suchte nach ihnen.
    Der Lenkende war verblüfft. Es gab Richtlinien für das Verhalten des Jungen, aber es war für den Lenkenden zunehmend schwieriger, sie durchzusetzen. Der Junge war stark, wo er hätte schwach sein sollen; aufsässig, wo er hätte bescheiden sein sollen, selbständig, wo er hätte abhängig sein wollen. Und der Lenkende erkannte beunruhigt, daß der Junge trotz seines problematischen Verhaltens noch verhältnismäßig ruhig war. Er hatte erst damit begonnen, seine Kräfte auszuprobieren.
    Die einzige Möglichkeit des Lenkenden war, den Körper des Jungen in Besitz zu nehmen und ihn direkt zu benutzen, um die Forderungen des Vertrages zu erfüllen. Während der wenigen vergangenen Tage seit der Rückkehr der Arnimi hatte er ebendies bei einigen Gelegenheiten getan. Er hatte es trotz des zunehmend verzweifelten Widerstandes des Jungen getan. Dennoch hatte er keine Instruktionen darüber erhalten, wie er die Aktion anders als geplant ausführen sollte. Es war anzunehmen gewesen, daß die Notwendigkeit für ein dauerndes Eingreifen nie auftreten und daß der Junge fügsam bleiben würde. Sicher war die Beherrschung des Körpers des Jungen anstrengend.
    Jetzt das Mädchen ... Der Lenkende grübelte. Er konnte keinen einsamen Spaziergang durch einen steinernen Flur machen und dabei nachdenken. Er besaß keine körperliche Präsenz, wenigstens nicht zur Zeit. Seine Existenz äußerte sich innerhalb eines nicht-dimensionalen Rahmens. Er war durch seine Gedanken verpflichtet, durch sie festgelegt. Er dachte über das Mädchen nach.
    Sie war die wichtigste Informationsquelle für den Jungen. Sie widmete ihm jeden Tag Stunden, lehrte ihn, paukte mit ihm, beantwortete seine Fragen. Trotz ihrer gelegentlichen Ungeduld schien sie Vergnügen aus der Tätigkeit und aus der Gesellschaft des Jungen zu ziehen. Dennoch gab es Dinge, die sie dem Jungen nicht gesagt hatte.
    Zum Beispiel die Arnimi. Wieder grübelte der Lenkende.
    Das Mädchen hatte dem Jungen nichts über die Arnimi zählt, und seine eigenen Unterlagen über sie waren schon zugänglich gewesen. Er hatte während der Durchsuchung ihretwegen gefährliche Augenblicke durchgestanden, und dann waren sie ebenso unvollständig wie irreführend gewesen. Er hätte es wissen müssen, bevor er dem arroganten Bullens begegnete; er hätte es wissen müssen, bevor er den Energievorhang der Arnimi angriff, daß die Arnimi ihm feindlich gesonnen sein würden. Und die Beleidigung, die ihm die Arnimi in der Sprache seiner Brüder zugeworfen hatten – der Lenkende kochte. Offensichtlich stellte er eine Bedrohung für die Arnimi dar; jemand, der sich auf Gebiete gewagt hatte, die sie für ihre eigenen Untersuchungen beanspruchten.
    Wie der Lenkende nach seiner ersten Begegnung mit den Arnimi erkannt hatte, war es wichtiger denn je, daß der Junge Khira gefiel. Sein ganzes Leben konnte von ihr

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