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Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit

Titel: Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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abhängen, wenn die Barohna zurückkehrte. Aber das stellte den Lenkenden vor einen Zwiespalt. Es war Khira, die den Jungen aus der Einflußsphäre seiner Brüder fortlockte; Khira, die einen immer breiteren Keil zwischen den Jungen und seinen Lenkenden trieb. Es war Khira, die dem Jungen die Kraft gab, die ihn ermutigte. Der Lenkende fand sich selbst abhängig von eben der Person, die ihm die Loyalität des Jungen entriß.
    Der Lenkende war hin und her gerissen. Und er fühlte sich sehr einsam. Er war stummer Zuhörer bei jedem Gespräch, das der Junge mit Khira führte. Aber nichts von ihrer Wärme berührte ihn. Während der Junge und Khira mit einander redeten und lachten, während sie aßen und spielten, war der Lenkende kalt und einsam in einem nichtexistenten Raum. In den vergangenen Tagen hatte er aus Verbitterung manchmal die Kontrolle über den Körper des Jungen übernommen und versucht, dessen Platz bei Khira einzunehmen. Aber Khira erkannte den Wechsel und zog sich unbehaglich vom Lenkenden zurück; so blieb er isoliert wie zuvor.
    Manchmal erkämpfte der Lenkende sich die Kontrolle über den Körper des Jungen und benutzte ihn dazu, sich selbst im Palast umzusehen. Er brach das Experiment stets wütend ab. Dinge, die für den Jungen frisch und hell waren, wurden kalt und trübe, wenn der Lenkende den Körper des Jungen anregte. Geschmack und Gerüche wurden schal, Farben matt, Strukturen erschienen schwach ausgeprägt. Auf eine ihm unbekannte Weise konnte nur der Junge den Zauber des Palastes zum Leben erwecken, und der Lenkende verstand nicht, weshalb es so war.
    Er verstand auch nicht, wie er Wut und Einsamkeit empfinden konnte, wenn seine Funktionen darauf beschränkt waren, den Vertrag zu erfüllen. Dennoch empfand er sie, mehr und mehr.
    Ohne Zweifel hatte er am fünften Tag nach der Rückkehr der Arnimi Wut verspürt. An allen vorausgegangenen Tagen waren einige Arnimi aus ihren Quartieren aufgetaucht und hatten eine rituelle Messung der öffentlichen Räume im Palast durchgeführt. Der Lenkende hatte ihnen wortlos zugesehen, wie sie von Zimmer zu Zimmer gegangen waren; verbissen und entschlossen, sich nicht von ihnen einschüchtern zu lassen. Es waren unattraktive Menschen. Der Lenkende fand ihre dünnen, angegrauten Locken widerwärtig, ihre wackelnden Topfbäuche ekelhaft. Die Arroganz in ihren kalten grauen Augen war am allerunangenehmsten. Sie alle schienen ihn wegen seiner Erniedrigung an jenem ersten Tag zu verspotten. Und obgleich sie vortäuschten, den Jungen zu ignorieren, wenn sie miteinander sprachen, redeten sie doch eher in ihrer Sprache als auf brakrathisch. Später berichtete Khira dem Jungen, daß sie in ihrer Gegenwart nie zuvor eine solche Unhöflichkeit begangen hatten. Gewiß hatte ihre steinerne Ruhe, als sie von Commander Bullens angesprochen worden war, ebenso unhöflich gewirkt – dazu noch vorsätzlich und entsprechend schwerwiegender.
    Am fünften Tag nach ihrer Rückkehr erschien eine weibliche Arnimi im Thronsaal, gerade als der Junge und Khira auf dem Podium saßen und Schriftrollen lasen. Sie war die jüngste Arnimi, die der Lenkende bislang gesehen hatte und mit ihrem dunklen Haar und den tiefliegenden Augen war sie weniger unattraktiv als ältere Arnimi, selbst die charakteristische Ablagerung von Bauchspeck war erst in Anfangsphase.
    Der Junge blickte kurz vorsichtig auf, als sie den Raum trat. Er hatte eine Abneigung gegen die Arnimi entwickelt, völlig anders als die Abneigung seines Lenkenden. Aber die Arnimi sprach ihn nicht an. Sie lächelte statt dessen zu und deutete auf die Instrumente, die sie bei sich trug. »Ich bin sicher, daß du dich daran erinnerst, wie die Instrumente funktionieren, Khira«, sagte sie.
    Der Lenkende erkannte Khiras Widerstand auf diese Einleitung an dem Versteifen ihrer Schultern. Sie hatte seit dem Tag ihrer Rückkehr nicht mehr mit einem Arnimi gesprochen. Aber sie hatte dem Jungen erzählt, daß sie nur eine Arnimi als ihren Freund gelten ließ; Techni-Verra – augenscheinlich handelte es sich hier um diese Arnimi. Weil Khira jetzt widerwillig sagte: »Ich erinnere mich.«
    Die Arnimi nickte, wobei sie Khiras Widerstreben übersah. »Gut, sie glitten mir heute morgen aus der Hand. Der Kasten zerbrach nicht, aber ich möchte die Instrumente überprüfen, damit ich sicher bin, daß sie noch richtig funktionieren. Willst du mir helfen?«
    Khira beäugte die Instrumente, die Lippen mißtrauisch geschlossen. »Du kannst sie mit

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