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Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit

Titel: Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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Gesicht verzerrte sich, er löste sich aus ihrem Griff und rannte den Flur hinunter.
    Einen Augenblick lang wollte sie der Ärger dazu verleiten ihm nachzulaufen. Aber die Verwirrung hielt sie zurück, Rauthimage ... Wenn er ihre Fragen beantworten würde ... Aber sie hatte längst gelernt, daß es sinnlos war, ihn zu fragen. Von ihm kam nie mehr als ein dumpfes, unwissendes Starren oder eine hilflose Geste. Und nun dieses einzelne Wort in seiner eigenen Sprache. Sie sprach es stumm nach.
    Ein Wort. Sie kannte ein Wort aus seiner Sprache. Vermutlich das erste Wort, das jedes Kind zu gebrauchen lernt: Nein.
    Sie folgte ihm nicht. Dennoch fand sie ihn kurze Zeit später in einer Ecke des Thronsaals. Sein Kopf ruhte auf den hochgezogenen Knien, seine Augen waren geschlossen. Sie fiel neben ihm auf die Knie und runzelte die Stirn. Wenn er sich jetzt zurückzog ... Aber sein Atem ging rasch, und sein Gesicht war heiß. Eine wütende Grimasse entstellte seine Gesichtszüge, als wenn er gegen den Impuls ankämpfte, sich zurückzuziehen.
    Khira wurde ungeduldig. Sie preßte die Finger um seinen Arm. »Dunkeljunge – was hat Commander Bullens zu dir gesagt? Sprach er davon, daß er mir geraten hat, dich nach draußen zu bringen?«
    Dunkeljunge schüttelte den Kopf, seine Augen waren fest geschlossen. Schweiß stand ihm auf der Oberlippe. Sein Atem war ein rauhes Brummen. Khira fuhr fort. Wenn ihr keiner etwas sagen wollte, wenn jeder sie ausschloß, die Arnimi, selbst Dunkeljunge ... Ihre Muskeln versteiften sich, sie rief Adar an, rief den ganzen Zornmut auf, den er ihr eingab. Ihr Griff um Dunkeljunges Arm wurde fester. »Ich kann dir nicht helfen, wenn du mir nicht erzählen willst, das Bullens sagte!
Was hat er dir gesagt?«
    Mit einem erstickten Seufzer hob Dunkeljunge den Kopf von den Knien und ließ ihn gegen die Steinwand zurückfallen. Die Bewegung schien ihn sehr anzustrengen. »Die Tür ...«, flüsterte er heiser, die Augen noch immer fest geschlossen, das Gesicht schweißnaß.
    Khiras Zorn löste sich augenblicklich auf. »Die Tür – sie hat dich verletzt! Sie hat dich verletzt, als du versucht hast hindurchzugehen.« Wie hatte sie nur die Lichtschlangen vergessen können, die nach ihm geschnappt und ihn dann abgestoßen hatten. Sie untersuchte ihn rasch. Aber es gab auf seiner Haut keine Brandmale, auch nicht am Coverall. »Dunkeljunge.«
    Er holte erneut mit einem erstickten Seufzer Luft und zwang sich, die Augen zu öffnen. Sie waren tränenüberströmt, halb verschwommen. Er sprach rasch, undeutlich. Er will, daß ich durch die Tür gehe. Die Tür – er will, daß ich gehe, damit er die andere Tür öffnen kann. Er muß erfahren ...« Plötzlich packte er Khiras Handgelenk, seine Finger gruben sich schmerzhaft in ihr Fleisch. »Er
will, daß ich durch die Tür gehe.«
    Furcht drückte ihr Herz zusammen. Phantasierte er? Wenn der Schutzschirm der Arnimi ihn verbrannt hätte –aber er hatte schon vorher über Türen gesprochen, in der Nacht, nachdem er den Westflügel entdeckt hatte, bevor er den Schutzschirm angegriffen hatte. »Dunkeljunge ...
    Er kämpfte sich auf die Füße und murmelte etwas Unzusammenhängendes. Sie trat hilflos zurück, als er durch den Thronsaal taumelte.
    Er verließ den Saal in linkischer Haltung, stolperte, torkelte, fiel gegen die Flurwand. Khira folgte ihm die stengelerleuchteten Flure hinunter. Sein dünner Coverall bauschte sich, als wenn die Muskeln darunter in Zuckungen lägen, als wenn er mit sich selbst kämpfte. Er ging in die Küche und fiel gegen das Gewürzbord. Seine Hände zitterten stark, als er das Schränkchen öffnete und ein halbes Dutzend Flaschen ergriff, mit denen er zum Arbeitstisch taumelte.
    Sein ganzer Körper bebte, als er das erste Gefäß aufdrehte und tief einatmete. Khira verzog das Gesicht. Hathlo war ein besonders scharfes Heilkraut, es wurde am östlichen Hang Terlaths gesammelt, kurz vor Dunkelmorgen. Die Köche nahmen selten mehr als eine winzige Prise für einen großen Kessel Suppe. Dunkeljunge schüttelte einige der dunklen Blätter in die Handfläche und kippte sie in den Mund.
    »Dunkeljunge ...« Sie hatte ihn schon vorher Mathlo benutzen sehen, in kleinen Mengen. Aber so viel zu nehmen ...
    Als er die Kräuter hinabwürgte, verzerrte sich sein Gesicht. Sein Arm zuckte wie besessen und schleuderte das Gefäß quer über den Steinboden. Er kämpfte gegen das krampfhafte Zucken seiner Muskeln an, schloß fest die Augen und tastete nach

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