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Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit

Titel: Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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erkannte der Lenkende seinen Irrtum wurde von Gefühlen überflutet: Furcht, Wut, Verwirrung. Er hätte nie mit der Arnimi sprechen sollen. Hatte seine Begegnung mit Commander Bullens nicht deutlich gezeigt, daß sie ihm feindlich gesonnen waren? Und bestimmt hätte er es in Khiras Gegenwart nie aussprechen sollen –
und der des Jungen.
O ja –
des Jungen.
Er hatte zugehört. Jetzt hatte sich der Lenkende dazu verleiten lassen, dem Jungen seinen Namen zu nennen – das bißchen Information, das den meisten Einfluß gehabt haben dürfte, den Jungen unter Kontrolle zu halten.
    Iahnerre Trigonne Rauth-Sieben.
Er hatte die kostbaren Silben arrogant von sich gegeben und dabei die Gier vergessen, mit der der Junge diese Silben zu erfahren verlangt hatte. Einige Male hatte er den Jungen beinahe in den Tranceraum gelockt, indem er ihm seinen Namen anbot. Jetzt würde er dieses wirkungsvolle Mittel der Verführung nicht mehr anwenden können. Er hatte zugelassen, daß die Arnimi einen Narren aus ihm machte.
    Techni-Verra deutete sein Schweigen falsch. »Also vermißt du deine Brüder?« sagte sie. »Gut, das solltest du auch. Aber ich bin sicher, daß man dich gelehrt hat, dich in das Rauthbewußtsein zurückzukoppeln, wenn du Beistand brauchst.«
    Als er nicht darauf einging –
wie hatte sie ihn so leicht austricksen können? Warum war er nicht auf der Hut gewesen?
–wandte sie sich an Khira. »Stimmt es nicht? Verläßt er dich nicht manchmal, um mit seinen Brüdern zu trancen?«
    Khira schaute vom angespannten Gesicht des Jungen –angespannt durch die Bestürzung des Lenkenden – zu dem Instrument in der Hand der Arnimi, offensichtlich hin und her gerissen zwischen Loyalität und Wissensdrang. »Ich habe ihn nicht ständig beobachtet«, sagte sie unverbindlich.
    Die Nadel blieb völlig ruhig.
    »Und du verrätst ihn auch nicht«, führte Verra den Satz zu Ende. »Klar, es ist ein einsames Leben, eine Palasttochter zu sein. Deine Schwestern wurden vor Zeiten von dir getrennt, und du hast keine Möglichkeit, dich wieder mit ihnen zu verbinden. Natürlich, was das betrifft, dein Freund war nicht wirklich mit seinen Brüdern verbunden, aber die Illusion ist vorhanden, und das bietet einen gewissen Trost. Würdest du nicht auch eine Verbindung willkommen heißen, selbst eine illusorische, jetzt, da Alzaja fort ist?«
    »Eine Verbindung?« Die Frage ließ das beunruhigte Stirnrunzeln verschwinden und ersetzte es durch ein starkes Gefühl.
Alzaja, Mara, Denabar, Hedia, Kristyan, Sukiin –
manchmal, wenn sie unruhig war, leierte sie die Namen wie eine, Litanei herunter und versuchte dadurch etwas von der Präsenz ihrer Schwestern heraufzubeschwören. Der Lenkende konnte jetzt die Namen ihrer Schwestern von ihren Lippen lesen.
    »Aber natürlich könntest du dich dann mit einem Lenkenden belastet wiederfinden, wie es dein Freund ist«, fuhr Verra fort.
    Khira beendete die Litanei der Worte auf ihren Lippen. Sie warf dem Jungen einen Blick zu, dann schaute sie zurück auf Verra. »Dunkeljunge hat niemanden außer mir.«
    Die Arnimi schüttelte den Kopf. »Du bist sein einziger Gefährte aus Fleisch und Blut, das ist wahr. Aber er besitzt eine innere Führung; eine inwendige Kraft, die der Lenkende genannt wird. Was immer er auch sagt, was immer er tut, was immer er antwortet – sogar die Tatsache, daß er hier steht und mir zuhört, da ich dir dies sage – all seine Handlungen vollführt er in direkter Abhängigkeit von seinem Lenkenden. Kümmere dich nicht darum, daß es niemand ist, den du oder ich sehen können. Dein Freund ist sich seines Lenkenden wohl bewußt. Die Instruktionen seines Lenkenden sind so tief in seinem Verstand vergraben, so vollständig in seinem Gedächtnis verankert, daß dein Freund tatsächlich nicht einmal erkennt, daß die Stimme, die ihn lehrt, überhaupt nicht zu einem lebendigen Wesen gehört, sondern eine programmierte Reaktion seines eigenen Verstandes ist, ebenso wie die Verbindung mit seinen Brüdern eine programmierte Handlung ist.«
    Furcht, Wut, Verwirrung – hatte sich der Lenkende vorher einigermaßen bezwungen, jetzt erdrückten sie ihn. Er zwang den Körper des Jungen in aufrechte Haltung und bekämpfte den heftigen Blutandrang in seinen Wangen. Daß sie von ihm als einer programmierten Reaktion reden konnte, daß sie ihn als
nichts weiter als einen Teil des Jungen selbst
bezeichnete.
    Daß sie ihm dies
in Gegenwart des Jungen
sagen konnte ...
    Und der Junge hörte zu. Jeder Irrtum

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