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Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit

Titel: Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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Jeder einzelne von ihnen besitzt ein selbständiges Leben und Bewußtsein – bis zu einem gewissen Grad. Aber Ihr könnt nicht sagen, Ihr tötet ein Einzelwesen, wenn Ihr ein Rauthimage tötet. Es wäre das einfachste für Euch und Eure Mutter, keinerlei Individualität in diesem speziellen Rauthimage zu sehen und Euch von ihm zu trennen.«
    Khira starrte hinauf in sein kühles Gesicht, abgestoßen von seinen Worten, von allem, was ihn umgab. Gleichzeitig fühlte sie das erste Flüstern der Angst. »Wenn ich ihn nicht - nicht in den Schnee schicke, damit er stirbt?«
    Der Arnimi zuckte mit den Achseln. »Dann wird er leben.«
    »Ihr – ihr wollt ihn nicht töten?«
    Sie konnte ihn beschützen, gewiß, aber sie war allein, und die Arnimi waren zweiundfünfzig. Sie konnte nicht den ganzen Winter über auf der Hut sein.
    Diesmal zuckte die Frau mit den Achseln. In grotesker, Koketterie fuhr sie sich durch die spärlichen Locken. »Für uns ist er keine Bedrohung. Wie werden unseren Flügel vor seinem Eindringen schützen, einfach nur, weil wir ihn nicht hierhaben möchten. Es liegt an Euch, den übrigen Palast zu schützen.«
    Schützen?
»Und wenn ich es nicht tue?« Hielten sie Dunkeljunge für eine Bedrohung für sie, sogar in einer nicht näher bekannten Weise für den Palast selbst? »Er ist seit siebenundzwanzig Tagen hier und hat nichts beschädigt.«
    »Er wird Euch nicht körperlich verletzen. Aber es existiert eine Bedrohung, und wenn Ihr Euch nicht selbst darum kümmert, ihn in den Schnee zu bringen, werden wir mit Eurer Mutter darüber beraten, wenn sie zurückkommt. Sie wird die Bedrohung ohne Zweifel begreifen. Ich denke, sie wird den klugen Weg gehen.«
    Khiras Augen sprühten vor wiederauflebender Wut. »Ich werde die Bedrohung gut genug begreifen, wenn ihr mir sagt, was es ist – falls es überhaupt eine Bedrohung
gibt.
Wenn es nicht nur eine Lüge ist. Und wenn ihr mich fragt, werde ich euch sagen, was ich von der Sache halte.«
    Ein boshaftes Glitzern blitzte in Commander Bullens Augen auf. »Wir haben bereits genug diskutiert, Erbin. Auf Arnim hätten wir einem Kind nichts davon vertraulich mit geteilt. Wenn Ihr eintreten und die Proben gerne sehe möchtet, die wir mitgebracht haben, so könnt Ihr das jetzt tun.«
    Khira hielt ein Dutzend unbeherrschter Erwiderungen zurück und sagte verbissen: »Im Moment möchte ich eure Quartiere nie wieder betreten, obwohl sie einen Teil des Palastes meiner Mutter ausmachen. Ich werde sie betreten, wann immer ich es für richtig halte.«
    »Kommt, wann ihr möchtet. Das Portal ist nicht gegen Euch gesichert.« Er drückte auf einen Knopf an seinem Kontrollgürtel, und der schimmernde Schirm aus Licht schmolz.
    Er nickte ihr zu, berührte einen anderen Knopf, und die große Metalltür schwang auf.
    Khira starrte die riesige Metallfläche hinauf; ihr Gesicht war wutverzerrt. Wie konnte Dunkeljunge eine Bedrohung für den Palast darstellen – oder für sie? Wie konnte er leben, zugleich mit Hunderten in einer ganzen Galaxis? Er war Fleisch, wie sie Fleisch war, Blut, wie sie Blut war. War er hungrig, so aß er. War er müde, schlief er. Sie hatte ihn weinen sehen und lachen hören.
    Dennoch nannte ihn Commander Bullens eine Bedrohung und wollte ihr nicht sagen, weshalb.
    Wie konnten sie so viel über ihn wissen? Wie war es nur möglich, daß Identifizierungsdaten in ihren Datenbanken gespeichert gewesen waren, bevor Dunkeljunge überhaupt geboren war? In diesem Punkt war ihr Commander Bullens ausgewichen, hatte sich gereizt zurückgezogen. Khira ging langsam den Flur hinunter. Hatten sie zu irgendeiner Zeit geleugnet, daß er ein Kind war, nicht älter als sie selbst?
    Sie hatten es nicht.
    Dunkeljunge kauerte in einer Türöffnung nahe dem Flurende. Als sie sich näherte, stand er steif auf, seine Augen waren offenkundig vom gleichen Zorn beseelt, den auch Khira empfand. Sie zögerte. Sie hatte ihn noch nie zuvor wütend gesehen. Es war ein fremder Eindruck, als hätte jemand oder etwas von seinen Gesichtszügen Besitz ergriffen. Es war auch Vorsicht in ihm, mehr als sie in früheren Tagen im Palast an ihm gesehen hatte. Sie ergriff seinen Arm. »Er redete in deiner Sprache – was hat er zu dir gesagt?«
    Dunkeljunge schüttelte stumm den Kopf und zog sich von ihr zurück.
    »Hab keine Angst vor mir«, sagte sie bestimmt und hielt seinen Arm fest. »Was immer er auch sagte ...
    Er antwortete mit einer einzigen kehligen Silbe, die sie nicht verstand. Sein

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