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Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide

Titel: Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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würde, bis es geschah. Niemand hatte es je gewußt, in all den Jahrhunderten. Einige Töchter übten, bis sie stark und hart waren, und starben dennoch. Andere gingen sorglos fort und kamen verwandelt zurück. Es gab kein Muster und keinen Schlüssel. Und jetzt sagten die Arnimis, es sei möglich ...
    »Ich verstehe deinen Unglauben«, sagte ihre Mutter und zog ihr besticktes Gewand zurecht, als sie zurück zum Thron ging. Sie schaute kurz auf Juaren hinunter, der seine Näherei fortgelegt hatte und mit ausdruckslosem Gesicht zuhörte. »Ich selbst habe es zuerst nicht geglaubt, als Verra es mir sagte. Nicht einmal dann, als sie mir das Protokoll zeigte, das die Arnimis über ihre Beobachtungen in den vergangenen fünfzehn Jahren angefertigt hatten, und als ich einsah, daß sie in jedem Fall eine richtige Prognose gestellt hatten. Wir haben immer geglaubt, daß, sich etwas im Herzen der Palasttochter befindet, die dafür prädestiniert ist, eine Barohna zu werden. Daß dort eine gewisse Unbeugsamkeit des Geistes ist, daß eine überlegene Fähigkeit der Selbstbeherrschung in ihm schlummert. Wir nennen es den Stein, und wir haben immer geglaubt, wenn sie ausreichend trainiert, würde der Kristall zu seiner vollen Größe wachsen und sie anleiten – bei der Wahl ihres Tieres, beim Lernen der Anwendung der barohnalen Steine, bei der Suche nach Weisheit, die sie benötigt, um ihr Tal zu verwalten. Wir haben geglaubt, der endgültige Kristallisationsprozeß des angeborenen Steines löse die überaus dramatische Verwandlung einer Palasttochter aus, wenn sie ihr Tier tötet. Wir haben geglaubt, das wäre es, was sie wachsen ließe, an Körper und Geist, über Nacht.
    Aber die Arnimis haben entdeckt, daß das, was eine Barohna ausmacht, eine winzige zellulare Masse ist, ein Faserbündel, das nicht im Herzen sitzt, sondern im Kopf. Es schlummert dort, bis es der Adrenalinstoß des Entscheidungskampfes – des unmittelbar bevorstehenden Todes – stimuliert und zu einer rapiden Veränderung anregt, die unter anderem im Ausreifen des ganzen Körpers besteht. Die Arnimis haben gelernt, die winzige elektrische Abweichung zu messen, die das Vorhandensein dieser Substanz selbst im Ruhezustand nachweist.«
    Reyna machte einen Schritt vom Thron weg; instinktiv wies sie das Gehörte zurück. »Sie haben es mit ihren Meßgeräten herausgefunden, nehme ich an«, sagte sie verächtlich.
    Die Arnimis glaubten, etwas erfahren zu haben, was die Barohnas die Jahrhunderte hindurch nicht geahnt hatten – und das nicht einmal, indem sie ihre Sinne benutzten oder die Vernunft, sondern mit Hilfe von Instrumenten.
    »Ja«, sagte ihre Mutter einfach.
    Es war eine wirkungsvollere Antwort, als jedes Argument es gewesen wäre. Reyna starrte Khira eine ganze Weile lang an – sie wollte es nicht glauben – und schwankte zwischen Verwirrung und aufsteigendem Ärger.
    Scharf wandte sie sich der Arnimi zu: »Und du hast heute abend dein Instrument mitgebracht?«
    War es das, weshalb ihre Mutter sie hergerufen hatte? Damit sie untersucht würde wie ein Stück Vieh? Der Gedanke daran ließ ihr Gesicht brennen.
    Verra ging nicht auf die Herausforderung in Reynas Stimme ein, sondern nur auf die Worte. »Ich habe es bei mir«, sagte sie gleichmütig und nahm ein kleines Gerät aus der Haltevorrichtung am Gürtel. »Natürlich mußt du berücksichtigen, daß die eigentliche Analyse der elektrischen Aktivität nicht Aufgabe dieses Einzelinstrumentes ist. Es dient nur dazu, die reinen Meßwerte in unsere Datenbänke einzugeben, wo sie ausgewertet und aufgezeichnet werden. Dann wird das Ergebnis der Untersuchung wiederum dem Handgerät überspielt. Bei unserer ersten Messung vor einigen Jahren ...«
    Reyna erstarrte. »Du hast mich niemals mit diesem Gerät gemessen. Ich habe es nie zuvor gesehen.«
    Sie war nicht völlig sicher, daß es sich so verhielt. Sie hätte den Arnimis und ihren Meßgeräten niemals vollständig entgehen können. Und die Geräte der Arnimis glichen einander sehr; schimmernde Kästchen mit Skalen auf der Oberseite und winzigen, blinkenden Lämpchen ...
    »Ich weiß, daß du es noch nie gesehen hast. Denn wir haben die erste Messung vor sieben Jahren in unseren Quartieren durchgeführt; als Bestandteil einer umfassenden körperlichen Untersuchung. Damals haben wir ein Instrument mit weiterem Meßbereich benutzt, weil viele unterschiedliche Funktionen überprüft werden mußten. Ich bin sicher, daß du dich daran erinnerst.«
    Reyna

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