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Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide

Titel: Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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vorzufinden; nur mit den verdunkelten Spiegeln als Gesellschaft. Aber so war es nicht; Juaren saß auf dem Podest links vom Thron und nähte an einem Fell. Er hob den Kopf, als sie hereinkam und warf ihr einen kühlen Blick zu.
    Reyna versteifte sich, als sie am Thron ankam. Als sie seine Wärme auf dem Gesicht spürte, sagte sie förmlich: »Du batest mich zu kommen, meine Mutter.« Wenigstens bebte ihre Stimme nicht.
    Khira seufzte tief, wie schon zuvor, und nickte. »Ich bat dich zu kommen. Juaren, würdest du einen Läufer nach Verra schicken? Teile ihr mit, daß meine Tochter gekommen ist, und bitte sie, jetzt zu uns zu kommen.«
    Ruhig legte Juaren Pelz und Nadeln beiseite und verließ den Thronraum. Reyna sah ihm verwirrt nach. Verra? Die einzige Arnimi, die ihre Mutter Freundin nannte? Was hatte eine Arnimi mit dem zu tun, was sie zu besprechen hatten?
    »Meine Mutter, ich habe den Tag für meine Prüfung festgelegt«, sagte sie schnell. Wenn sie darüber sprechen konnten, bevor Juaren zurückkam ...
    Etwas in den Augen ihrer Mutter ließ sie innehalten. Khiras Augen wurden hart.
    »Nein, meine Tochter, du wirst nicht gehen«, sagte sie; ihre Finger verkrampften sich um die glühenden Armlehnen des Thrones. »Das ist der Grund, weshalb ich nach Verra schicken ließ. Damit sie dir sagt, weshalb du nicht gehen wirst.«
    Sie würde nicht gehen? Diese Worte kamen so unerwartet, daß Reyna ihre Mutter verständnislos anstarrte. Wie konnte sie nicht gehen, um sich ihrer Prüfung zu stellen? Jede Palasttochter tat es. Wie sonst konnten die Throne in den Tälern aufgeladen, die Felder erwärmt, die Jahreszeiten gemäßigt werden? Es spielte keine Rolle, wie viele starben; alle Schwestern gingen der Reihe nach, bis eine von ihnen als Barohna zurückkam.
    Und Verra - Verra sollte ihr sagen, weshalb sie nicht gehen mußte? Reyna wußte, wie wenig ihre Mutter die Arnimis mochte. Es wunderte sie, daß sie ihnen erlaubte, Quartiere im Palast einzurichten. Erlaubte sie es nur, weil Verra ihre Freundin war?
    Aber ihre Mutter hatte andere Dinge getan, die ebenso überraschend gewesen waren; Dinge, die in ferneren Tälern eine Legende aus ihr gemacht hatten. Nicht nur, daß sie ihre Prüfung angenommen hatte, bevor sie in das richtige Alter gekommen war; sie hatte auch noch ein Sternenschiff anstelle eines Raubtieres als ihr Härtungs-Opfer genommen. Wie Reyna wußte, hatte sie es getan, weil das Sternenschiff versucht hatte, ihren Vater von Brakrath zu entführen. Und später hatte sie nochmals mit der Tradition gebrochen, indem sie sich geweigert hatte, den Paarungsstein zu tragen, der sie mit einer Steingefährtin verbunden hätte; mit einer anderen Barohna, wie sie selbst eine war. Statt dessen hatte sie Reynas Vater als ihren Vertrauten und ständigen Gefährten erwählt-im Widerspruch zu allen guten Sitten. Und er war nicht einmal ein Brakrathi.
    Er war kein Brakrathi, und er lebte nicht mehr im Palast, erinnerte Reyna sich dumpf. Ihre Hände verkrampften sich, als Juaren zurück in den Raum trat. Er ging leichtfüßig, als wäre ihm daran gelegen, keine Spuren auf dem polierten Boden zu hinterlassen, setzte sich wieder neben den Thron und nahm seine Arbeit wortlos wieder auf. Aber Reyna bemerkte eine gewisse Gespanntheit in ihm, eine vorsichtige Zurückhaltung, und sie wußte, er war sich ihrer Anwesenheit ebenso bewußt, wie sie es seiner war.
    »Mutter ...«
    »Wir werden reden, wenn Verra kommt.«
    Reyna schaute böse und setzte sich unwillig. »Also gut«, stimmte sie zu.
    Es dauerte nicht lange, bis Verra kam. Sie trat leise ein; ihre Stiefel traten kaum hörbar auf die Steinplatten. Sie war eine Frau in mittleren Jahren, mit allmählich grau werdenden Haaren, feine Fältchen zeigten sich rings um ihre Augen. Reyna war erleichtert zu sehen, daß sie wenigstens keine weiteren Arnimis mitgebracht hatte.
    Sie hatte kein Verlangen nach ihrer Gesellschaft heute abend. Es war etwas Kaltes in ihren vorquellenden Augen, es lag etwas Anmaßendes darin, wie sie ihre runden Bäuche vor sich herschoben, etwas Affektiertes in den gezupften Augenbrauen und schwarzbemalten Lidern. Sie waren gekommen, als Khira ein Kind gewesen war, und hatten die Jahre damit verbracht, die brakrathische Gesellschaft zu studieren, ebenso wie ihre Artgenossen andere Gesellschaften in allen Regionen der Galaxis studierten. Ihr Vorhaben bestand darin, wie Reyna wußte, eine Geschichte sämtlicher Rassen der Menschheit zusammenzustellen; sie betrieben

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