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Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide

Titel: Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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verlangte sie ein Gespräch. »Ich dachte, wenn wir reden könnten, wenn wir einander verstünden ...« Sie hielt inne, und als er nichts erwiderte, wagte sie einen Vorstoß und ließ einen Teil ihrer Frustration durchschimmern. »In Ordnung; ich habe folgendes zu sagen. Du weißt sehr gut, weshalb ich kam. Aber als ich dich fragte, weshalb du kamst, wolltest du es mir nicht sagen. Als ich versuchte, etwas über deine Gilde zu erfahren, hast du mir geantwortet, als wäre ich ein Kind. Du hast mich im Zustand der Unwissenheit gehalten. «
    Soviel war richtig, obwohl es den Falschen anklagte, an ihrer gespannten Beziehung schuld zu sein.
    Er bewegte sich unbehaglich auf seinem Stuhl und starrte wieder auf seine Hände. »Jeder ist unwissend in bezug auf so manches«, sagte er schließlich tonlos.
    Wenigstens war keine Bitterkeit mehr in seiner Stimme. Aber er hatte sie mit einer Binsenweisheit abgespeist, statt ihr eine Antwort zu geben.
    »Natürlich«, sagte sie.
    Er rutschte wieder auf seinem Sitz hin und her, ein Muskel an seinem Hals zuckte. Eine Weile schien es, als kämpfe er gegen sein Widerstreben an. Endlich hob er den Kopf und erwiderte ihren Blick direkt, als hätte er sich zu einer Entscheidung durchgerungen. Als hätte er sich vorgenommen, seinen Zweifel beiseite zu lassen und ihr zu vertrauen.
    »Niemand weiß etwas über meine Gilde. Du glaubst, daß ich nur jage, weil ich mich als Jäger bezeichne. Du glaubst, das wäre alles, was ich je getan habe. Du glaubst, ich hätte von meinem Meister nichts als die Kunstfertigkeiten der Jagd
    gelernt. Und du glaubst, daß ich nur um der Preise wegen jage, die mir die Felle bringen.«
    »Ich ... ich habe es geglaubt«, stimmte sie zu. »Aber letzte Nacht hast du gesagt, daß du auch einen Preis bezahlst.«
    Einsamkeit. Gefahr. Die Verlassenheit der Berge im Winter. Wie mochte man sich fühlen, wenn man einsam und wach am Berghang stand, während die Leute unten im Tal Winterschlaf hielten? Da Frauen von barohnalem Geblüt ebenfalls keinen Winterschlaf hielten, wußte sie, wie es war, während der langen, kalten Jahreszeit durch die Hallen des leeren Palastes zu wandern. Sie wußte, wie leer die unbewohnten Gemächer waren. Sie wußte, wie fade das Essen schmeckte, wenn man allein am Tisch saß. Aber wenigstens hatte sie Schutz gehabt, Nahrung und eine Bücherei, um dort zu lesen.
    Er seufzte tief. Unter sichtbarer Anstrengung öffnete er die Hände und legte sie mit der Innenhand nach oben auf den Tisch. Seine Nägel hatten halbmondförmige Kerben in die Haut geritzt.
    »Ich habe einen Preis bezahlt, bevor ich überhaupt in die Gilde eintrat«, sagte er. »Ich war ein Winterkind.«
    Diese unerwartete Enthüllung machte Reyna frösteln. Sie sog heftig die Luft ein und starrte auf seine blutenden Hände, auf die plötzlich schutzlose Blöße seines Gesichtes, und wünschte sich, nicht gehört zu haben, was er gesagt hatte. Aber sie war diejenige gewesen, die das Gespräch vorgeschlagen hatte. Sie war diejenige, die angeregt hatte, die Barrieren niederzureißen, die er rings um diese bittere Wahrheit errichtet hatte. Und allein durch diese wenigen Worte verstand sie vieles an ihm, das sie zuvor nicht verstanden hatte. Sie verstand, weshalb er die Einsamkeit der Berge dem Leben in seinem Heimattal vorgezogen hatte. Sie verstand, weshalb er sich so sorgsam zurückhielt, weshalb er Vertrauen verschmähte. Sie verstand, weshalb er Kränkungen hinnahm, als hätte er nichts anderes erwartet.
    »Wie ... wie ist es geschehen?« fragte sie.
    »Wie?« Seine Stimme bekam einen harten Klang. »Komas, mein Meister, hatte eine Erklärung dafür. Einige Menschen, hat er mir erzählt, müssen geboren werden. Es gibt eine Kraft – in den Bergen, im Himmel, vielleicht in der Sonne selbst –, die diese Geburten betreibt. Die Eltern werden unwiderstehlich zusammengeführt. Sie tanzen zu Mittsommer. Die Gezeiten erheben sich, die Frau trinkt das Ovulantium, und die Kraft hat freien Weg.«
    »Ein Kind wird geboren«, sagte Reyna sanft.
    Es war ein ihr vertrauter Vorgang und eine altehrwürdige Überlieferung. Die meisten Kinder in den Hallen konnten vom Mittsommerfest aus das Datum zurückrechnen, an dem sie empfangen worden waren. Ein Winterkind hingegen kam nicht als Ergebnis eines Mittsommertanzes zur Welt. Ein Kind, das zu Mittsommer empfangen wurde, kam erst spät im folgenden Frühjahr zur Welt, nachdem seine Mutter aus dem Winterschlaf erwacht war und ausreichend Zeit gehabt

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