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Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Fed die Hand in einen Trichter steckte. Daraufhin erbebte das Gefährt.
    »Die Feder hat der Wind verweht …«, bemerkte Tag. »Das hast du als Kind immer gesagt. Dann konnten wir mit unserem Unfug loslegen, denn die Feder war weg, nicht wahr?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich erinnere mich an gar nichts. Weder an den Ausbilder noch an Katti … Tag, war ich mit ihr zusammen?«
    »Ihr wolltet heiraten«, bestätigte Tag. »Wir alle kannten uns doch schon von Kind an, nicht wahr? Und du bist immer …«
    »Spar dir bitte dieses nicht wahr«, bat ich. »Das ist doch sinnlos.«
    »Entschuldige«, sagte Tag niedergeschlagen. »Verzeih einem alten Idioten.«
    Das Gebäude, in dem er arbeitete, war sehr hoch, vielleicht sogar eines der höchsten in der ganzen Stadt. Mindestens hundert, hundertfünfzig Hektoschritt. Ich legte den Kopf in den Nacken und versuchte, an der Spitze der Pyramide die Fenster auszumachen, durch die ich auf die Stadt geschaut hatte.
    »Du bist also ein Spezialist für fremde Lebensformen?«
    »Ja. Wir haben alle unterschiedliche Berufe. Du bist Kosmonaut geworden … Davon haben wir alle geträumt, weißt du noch … Entschuldige. Aber nur du bist zur Fernaufklärung gegangen. Han ist Ingenieur geworden. Ich Biologe.«
    »Katti ist Ärztin«, fuhr ich fort. »Wer noch?«
    »Was meinst du damit?«
    »Zu unserer Gruppe gehörten doch vier.«
    »Stimmt, vier, wenn du Katti nicht mitzählst. Sie war in einer anderen Gruppe, in einer Frauengruppe«, sagte Tag bedächtig. »Zu uns gehörte noch Inka.«
    »Und wo ist er?«
    »Er ist gestorben … Vor zwei Jahren … dort … nicht einmal seine Asche ist nach Der Heimat zurückgekommen …« Tag machte eine unbestimmte Handbewegung und verstummte kurz. »Lass uns zu mir gehen … nein, besser zu dir.«
    »Glaubst du, das hilft mir?«
    »Du hast da vier Jahre gewohnt. Wenn dein Geist auch alles vergessen hat, dein Körper muss sich erinnern.«
    Wir stiegen ins Auto. Ich hinten, Tag vorn, wo sich das Steuerterminal befand. Ich wäre gern durch die abendlichen Straßen spaziert, aber mit einem Arzt fängt man lieber keinen Streit an. Und Tag war im Moment mein Arzt.
    »Weißt du, deine Situation hat auch gewisse Vorteile«, sagte er, nachdem er beiläufig die Hand in den Trichter des Terminals gesteckt und das Gefährt auf diese Weise in Bewegung gesetzt hatte. »Du verfügst über einen ganz frischen Blick. Der noch durch nichts getrübt ist. Du siehst die Welt wie ein Kind, das zum ersten Mal das Internat verlässt.«
    »Sind wir in einem Internat aufgewachsen?«
    »Klar.« Tag wunderte sich ein wenig über die Frage. »Welche Varianten sollte es sonst geben?«
    »Mir würden einige einfallen. Zum Beispiel könnte ein Kind von seinen Eltern aufgezogen werden.«
    »Wie im Steinzeitalter.« Tag schüttelte den Kopf. »Du hast Ideen. Meinst du wirklich, ein Nicht-Spezialist sollte sich mit der Erziehung befassen? Und sogar wenn die Eltern selbst Ausbilder sind … Das wäre doch nicht ethisch.«
    »Wenn es gute Eltern sind …«
    »Ein Kind braucht keine guten Eltern«, fiel mir Tag ins Wort. »Es braucht einen guten Ausbilder.«
    Ich hüllte mich in Schweigen. Mir war schleierhaft, welche Vorteile ein ungetrübter Blick auf die Welt bot -Nachteile brachte er jedenfalls genug mit sich. Ich würde Dummheiten von mir geben, mit kluger Miene behaupten, Feuer brenne nicht und Wasser fließe bergauf. Daraufhin würde man mir erklären, warum ich mit diesen Aussagen unrecht habe, ich würde mich wundern …
    »Ich brauche Bücher«, sagte ich, zum Fenster rausschauend. »Viele Bücher, Tag. Vor allem über Geschichte. Ein Lehrbuch der Umgangsformen. Philosophie …«
    Wir fuhren über die Autostraße dahin. Viel Verkehr gab es nicht, sicherlich war ich nicht der Einzige, der abends gern spazieren ging. In den Fußgängerzonen, auf den Plätzen vor den Gebäuden und an den zahlreichen Springbrunnen drängten sich Menschen. Die mir völlig fremd waren, jedenfalls noch …
    »Die wirst du bekommen«, versicherte Tag. »Du wirst alles bekommen. Mach dir keine Gedanken, Niki. Wir helfen dir. Was ist das Wichtigste im Leben?«
    »Arbeit, Freunde und Liebe«, antwortete ich.
    »Siehst du!« Tag lächelte zufrieden. »Deine Arbeit hast du bewältigt! Obwohl du in Gefangenschaft geraten bist, hast du sie bewältigt. Jetzt hast du deine Freunde an deiner Seite. Und die Liebe wird auch zurückkehren.«
    »Meinst du?«
    Diesmal zog er es vor, nicht zu antworten.
    »Katti ist

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