Sternenspiel
Drei von ihnen schafften es jedoch nicht rechtzeitig.
Ich bemerkte nicht, wie die Fühler des Symbionten sich in die Wendigen bohrten. Vermutlich hatte ihm der erste Kampf ausgereicht, um sich an den Organismus der Aliens anzupassen, denn diesmal lief alles sehr schnell ab. Die Wendigen erstarrten, doch die Massenträgheit trug sie noch ein paar Meter vorwärts. Ein Körper glitt dicht an mir vorbei und sank allmählich.
Mit den Armen rudernd kämpfte ich mich nach oben. Ich schluckte Luft, die warm und zäh wie Sirup war. Die Menschen am Ufer kreischten auf, als sie mich sahen.
Wieder hinab …
Die Wendigen umkreisten mich, wagten sich jedoch nicht näher heran. Es waren nur noch fünf oder sechs übrig. Da ich nicht alle zugleich im Auge behalten konnte, blieb mir nur die Hoffnung, mein Symbiont würde sich neben den menschlichen Augen auch der eigenen Sinnesorgane bedienen …
Ein Schlag traf mich in der Seite, ein abgleitender, abgefederter Schlag. Der mich von hinten attackierende Wendige war bereits in dem Augenblick tot, als wir kollidierten. Aber sein Maul riss trotzdem noch an meinem Körper. Schmerz empfand ich nicht, es gab nur Schwere und eine kleine, matte Blutwolke, die durchs Wasser waberte.
Keine Angst, keine Angst …
Unter mir sank leicht zitternd der Körper des Wendigen Freundes zum Grund. Die anderen umkreisten mich weiter. Waren sie wie Haie? Griffen sie nur einzeln an?
Das Blut strömte nicht mehr, der Cualcua hatte etwas dagegen unternommen. Dafür wurde mein Körper jetzt schwach. Der Blutverlust und das kalte Wasser – selbst wenn ich es nicht spürte – entzogen mir permanent Kraft.
Ein Platschen. Die Wendigen machten synchron kehrt -aber nicht, um mich anzugreifen. Nein, sie schwammen weg, zurück zum Ufer. Entweder war ihnen klar geworden, dass das Wasser ihnen keinen Vorteil mehr verschaffte, oder sie hatten eingesehen, dass das, was hier geschah, längst weit über eine Flucht hinausging.
Ich tauchte auf. Die Aliens krochen bereits ans Ufer, die Menschen wichen eiligst zurück, um ihnen Platz zu machen. Trotzdem blieb mein Auftauchen nicht unbemerkt. Einige schrien, andere winkten. Was auch immer sie in mir gesehen haben mochten, als ich die ungeschriebenen Gesetze des Sanatoriums übertreten hatte, jetzt war ich ein Mensch, der die Wendigen besiegt hatte.
Nur bedeutet ein Sieg über seinen Feind längst noch nicht, dass man auch sich selbst gerettet hat.
Hinter mir lag die Eiswüste, vor mir das Eismeer.
Die Wendigen würden den Vorfall melden. Ich hatte in der Welt der Geometer nichts bemerkt, was unserer Polizei oder Armee entsprochen hätte, aber dies hieß natürlich nicht, dass es dergleichen nicht gab. Wenn es sein musste, würden Regressoren und Piloten aus der Luft kommen, friedliche Landarbeiter zu Lasersicheln greifen, Arbeiter zu Atomhämmern.
Man würde mich suchen.
Schließlich galt es, den unzurechnungsfähigen Kranken zu retten, der das gemütliche Sanatorium verlassen hatte!
Ich schwamm, weiter und weiter vom Ufer weg. Der Cualcua schwieg, vermutlich hatte ihn der Kampf eben einiges gekostet. Sollte mir recht sein, wenn er schwieg. Ich musste meine Entscheidung selbst treffen. Mich retten oder sterben . Diese Welt besiegen – oder kapitulieren.
Drei
Den Abend erlebte ich auf einer Eisscholle, rund zwanzig Kilometer vom Sanatorium und einen halben Kilometer vom Ufer entfernt. Völlig nackt saß ich da, die Kleidung unter mich gestopft Die Kälte spürte ich nach wie vor nicht, aber so war es irgendwie beruhigender.
Was für ein seltsames Gefühl. Die Geschehnisse kamen mir absolut irreal vor. Die Wunde in der Seite war fast verheilt, es kitzelte nur leicht, wenn ich die neue, rosafarbene Haut berührte. Um mich herum milchig trübes Wasser, Eis, ein farbloser Himmel. Wie auf den Bildern von Rockwell Kent. An einer solchen Landschaft kann man sich jedoch nur dann erfreuen, wenn man zu Hause sitzt, im Warmen. Oder wenn man wenigstens nicht das Schmelzen der Schneeflocken auf der eigenen nackten Haut beobachten muss.
Der Cualcua schützte mich sicherer gegen die Kälte als jeder Pelz. Das brachte allerdings Nebenwirkungen mit sich.
Seufzend hob ich einen frisch gefangenen Fisch vom Eis. Dann würde ich mich mal auf eine Stufe mit den Wendigen stellen …
Äußerlich ähnelte der Fisch einem Rotbarsch. Rötliche Schuppen, die ein halbes Kilo Fleisch bedeckten.
Ich riss ihm die Flossen ab und machte mich ans Abendbrot. Das rohe Fleisch schmeckte
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