Sternenspiel
festen Boden unter die Füße zu bekommen.
»Macht’s gut, Mäuse«, sagte ich, während ich den Knopf für den Jump drückte.
Der Jumper fiepte leise, als die Kondensatoren die angesammelte Energie auf die Antenne jagten. Anscheinend sollte ich das Glück haben, das Nichts zu sehen.
Der Raum um das Schiff öffnete sich und nahm meinen Vogel in sein Inneres auf.
Der Jump.
Schon richtig, wir waren die rückständigste Rasse in dieser Welt. Die primitivste.
Ein Jump. Das hieß gut zwölf Lichtjahre überwinden, die Strecke war konstant, blieb immer gleich, unabhängig davon, wie der Jumper konstruiert war oder welche Masse das Schiff hatte. Hier kam etwas zum Tragen, das in der Natur des Raumes selbst verankert und unveränderlich wie die Gravitationskonstante oder die Zahl Pi war. Deshalb sprang ich nicht Richtung Erde, denn die lag zu dicht an Sirius. Mein Shuttle driftete seitlich weg, verschwand in eine Gegend des Weltalls, von der aus die Entfernung zur Erde eben »gut zwölf Lichtjahre« betrug.
Der Jump.
Keine Zeit, keine Wahrnehmung. Nur Freude brachte er. Euphorie in Reinform. Funkelnde Dunkelheit, absolute Sicherheit und Ruhe. Sex, Drogen und Alkohol können abstinken im Vergleich zum Jump. Total.
Nur schade, dass ich nicht vor Glück stöhnen konnte.
Beim Jump existiert nämlich keine Zeit. Wir bewegen uns außerhalb des gewohnten Raums, und kein Chronometer ist in der Lage, jenen Zeitausschnitt einzufangen, in dem das Schiff die »gut zwölf Lichtjahre« zurücklegt. Subjektiv betrachtet dauert der Jump endlos.
Eine süße Ewigkeit lang …
Und genau das ist es, was uns wieder und wieder ins All treibt. Nicht Geld und Orden locken uns, die von den Fluglinien und Regierungen großzügig verteilt werden.
Nicht die Exotik fremder Welten – denn die existiert im Grunde für uns gar nicht, da niemand den Raumhafen verlassen darf.
Nein, uns lockt die süße Ewigkeit des Jumps. Jene Euphorie, mit der sich kein terrestrisches Vergnügen vergleichen lässt.
Das Nichts wich der Dunkelheit, die Glückseligkeit dem Schmerz. Keinem konkreten Schmerz, denn der Jump hat keinerlei schädliche Folgen. Doch im Vergleich zur abgeklungenen Euphorie bedeutet jeder Zustand Schmerz.
Ich lag im Sitz, von Gurten gegen das weiche Polster gepresst. Die Schwerelosigkeit kam mir wie Beschleunigung vor. Bleiplatten gleich lastete meine Kleidung auf meiner Haut. Meine Lider waren rau wie Schmirgelpapier und schnitten mir bei jedem Blinzeln in die Augen.
Macht nichts. Halb so wild – denn es würde noch einen Jump geben …
Stöhnend öffnete ich die Augen. Im Schiff herrschte völlige Dunkelheit. Nur durch die Frontfenster schienen die Sterne herein. Hier sind sie blendend hell und nadelspitz. Doch heller wird es davon nicht.
Der Jumper knisterte leise und kühlte ab. In meinen Ohren rauschte es, winselte ein feiner Ton. Ansonsten war es totenstill. Dem Schiff war jede Energie entzogen, wie immer nach einem Jump. Mit zitternden Fingern knöpfte ich meine Tasche auf, holte das Leuchtröhrchen heraus und knickte es. Die Flüssigkeit im Innern schäumte auf und erstrahlte in kaltem blauen Licht. Die erloschenen Bildschirme an den Pulten und das Panzerglas glänzten.
»K-knapp«, kommentierte ich das Geschehen für mich selbst. »Na, Petja, was meinst du? War das knapp?«
Immer noch summte es in meinen Ohren. Ich löste die Gurte, hängte sie über den Sitz, klammerte mich an den Armstützen fest und behielt das über dem Pult schwebende Leuchtröhrchen im Auge. Es verging eine Minute, dann eine weitere, bis schließlich am Pult die ersten Lämpchen zart aufleuchteten. Die Akkumulatoren überwanden allmählich den Schock des Jumps. Das System der Havarieventilation, das auf simpelsten Elektroschaltkreisen beruhte, schaltete sich ein. Um zu funktionieren, brauchte es lediglich Spannung. Schließlich meldete sich auch der Rechner zurück, ein paar Zeilen flackerten auf, bis er plötzlich wieder verstummte. In den Speichern gab es keine Informationen. Alle Datenträger, die während des Jumps unter Spannung gestanden hatten, waren komplett gelöscht worden. Eine kleine Unannehmlichkeit für den Piloten – und ein enormes Glück für die Menschheit.
Aus dem Container unter der rechten Armstütze holte ich die erste CD und schob sie ins Laufwerk des Pults. Gut, fangen wir wieder bei null an … Die Scheibe rotierte, der Rechner verleibte sich gierig das Betriebssystem, die Lebenserhaltungsprogramme und die Testprogramme
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