Sternenstaub (German Edition)
die Nacht lang-sam aus allen Ecken kroch, spürte er wie die Mutation bei ihm begann. Er fühlte sich kalt und bewegungslos an und wartete auf den Tod. Doch hier irrte er entsetzlich.
Er wurde zwar zu Glas, erstarrte in seiner letzten Bewe -gung, doch sein Geist blieb wach, seine Gedanken rotierten weiter, alles ging ins Leere, er war Gefangener einer Hülle aus Glas.
Es wurde ihm bewusst, dass es auch den beiden anderen so ergehe n musste. Sie sahen alles um sich herum, konnten denken aber nicht fühlen.
Wie lange wird es dauern, bis der Wahnsinn von seinem Geist Besitz ergreifen wird?
Langsam kroch das Entsetzen in ihm hoch. So hatte er es sich nicht vorgestellt, doch es gab keinen Weg zurück.
D er Atem des Drachen
Martina Bethe-Hartwig
Die Fackeln flammten auf, verscheuchten das Dro-hende der Nacht. Rauch und gespenstisches Licht füllten den Burghof zwischen den dicken Ringmauern.
Merlon, gehüllt in seinen purpurroten Zaubererumhang, trat aus dem Palas und stieg die steinernen Stufen zum Hof hinunter. Die Bauern in ihren zerlumpten Kleidern wichen zurück, teilten sich und gaben den Weg auf das hohe zwei-flügelige Eichentor frei.
„So ist er also zurück“, sagte Merlon mit seiner tiefen fes-ten Stimme, die, obwohl Merlon bereits das letzte Stück sei-nes Lebensweges betreten hatte, noch immer eine Autorität und Stärke ausstrahlte, die die Bauern in großer Ehrfurcht ihre Köpfe senken ließ.
Die Schattenwesen, die auf der Brustwehr Wac he hielten, drehten sich herum und nickten, wobei ihre schmalen gel-ben Augen in den Gesichtern, die nur aus Schwärze zu be-stehen schienen, aufblitzten.
Merlon hob die Arme und legte den Kopf in den Nacken. „Aus Wasser und Sand sollst du sein!“, sagte er mit kräf -tiger Stimme. „Nicht Mensch und nicht Tier. Ein Jüngling von schöner Gestalt, behände mit dem Schwert und ge-wandt mit der Zunge. Komm herein!“
Kaum hatte das letzte Wort Merlons Lippen übersprun-gen, begannen die Ketten der Zugbrücke zu rasseln. Wie von Geisterhand bewegt, drehten sich die Winden.
Das schwere Tor glitt auf , und über die Planken der Brücke trabte ein Rappe, auf dessen Rücken ein Ritter in schwarzer Rüstung saß. Dumpf hallten die Tritte des Pferdes von den Mauern der Burg wider. Mit dem Ritter wehte ein Hauch von Wald herein, in dem sich der Geruch von Feuer und Tod mischte.
Der donnernde Hufschlag des Rappen schlug in helles Ge -trappel um, als der Ritter die Brücke verließ und über den mit Flusssteinen ausgelegten Hof auf Merlon zuhielt. Die Bauern zu beiden Seiten starrten den Ritter mit angstvollen Augen an. Stumm rückten sie bei jedem Schritt des Pferdes ein Stück zurück und drängten sich dichter zusammen.
„Willkommen“, sagte Merlon. „Nun sagt an, was habt ihr mir zu berichten? Was treibt die Spinnenbrut von Sal-ina? Wo steht ihr Dämonenheer?“
„Im Osten und Süden brennen die Dörfer. Das Land ist verwüstet und menschenleer. Im Westen haben sich die überlebenden Menschen zusammengefunden. Dort toben erbitterte Kämpfe mit den dunklen Kreaturen. Ich habe an mehreren Schlachten teil genommen. Das Gemetzel war fürchterlich. Die Menschen werden nicht mehr lange den blutdürstigen Dämonen standhalten können. Und aus dem Reich der schwarzen Hexe strömen immer mehr von die-sen Kreaturen aus der Unterwelt nach. Wenige geflohene Menschen drängen sich im gebirgigen Norden, wo sie sich in Höhlen und Schluchten verborgen halten.“
„Dann wird Salinas Heer auch bald hier sein!“, kreischte ein alter Bauer mit runzliger Haut und dünnem weißem Haar, das schmutzig und wirr von seinem Kopf abstand.
„Wir sind verloren. Deine Macht reicht nicht aus, um diese Scheusale der Hölle zu besiegen!“
„Schweig!“ , Merlon hob gebieterisch die Hand. Für den Bruchteil einer Sekunde flackerte Zorn in seinen Augen auf, doch gleich darauf legte sich ein kummervoller Schatten über sein faltiges Gesicht. Seine Lider senkten sich und, als müsse er all seine Kraft zusammennehmen, holte er tief Luft. „Noch ist von ihrem Heer nichts zu sehen“, sagte er und hob das Kinn. „Aber ich gebe zu, es wird höchste Zeit, etwas gegen sie zu unternehmen. Der Höllenschlund muss geschlossen werden, sonst ist die Welt und alles Leben ver-loren.“
Der alte Magier seufzte. „Leider bin ich zu alt. Ich fühle bereits den nahenden Tod in meinen Knochen. Meine Zau -berkraft reicht nicht mehr aus, um die Dämonen in ihre
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