Sternenstaub
der sich über die ganze Hauswand zog. Oder nein, es sah mehr aus wie eine Narbe. Ich zeichnete die wulstige Linie mit dem Finger nach. »Was ist das?«
Iasons Finger versteiften sich zwischen meinen. »Das war der Krieg«, sagte er nicht ohne Bitterkeit und dann sagte er eine Weile gar nichts mehr. »Wenn seine Wurzeln noch leben, kann sich der Jadis selbst heilen. Das«, er holte leise Luft, »war hier zum Glück der Fall.« Er sagte dies mit Blick auf einen Umhang, der über einer der Bänke aus elfenbeinfarbenem Holz lag, als würde er nicht hierher gehören. Und an Iasons schneller werdendem Puls merkte ich, dass er das auch tatsächlich nicht tat.
Er sah sich um. Sonst schien alles normal zu sein.
Mein Blick folgte meinen Fingerspitzen, die nun vorsichtig den Tisch berührten. Er fühlte sich wie ein aufgeheizter Stein an und glatt wie Porzellan. »Ihr habt sehr wenige Dinge«, sagte ich.
»Um Dinge, die man nicht besitzt, muss man sich auch nicht sorgen.«
Ich zog die Hand zurück und schaute zu ihm hoch. »Eine spezielle Art zu denken.«
»Speziell? Warum? Wem aufgrund von zu viel Besitz nicht mehr genügend Zeit bleibt, sich um das zu kümmern, was er liebt, der hat zu viele Dinge.« Sein Blick berührte mich. »Ist doch logisch, oder?«
Diese Einstellung erklärte auch, warum er in seinem Zimmer im Tulpenweg so wenige Sachen gehabt hatte. Oder lag es in Wirklichkeit daran, dass im Krieg schon vieles zerstört wurde, und sie sich die Situation mit dieser Weltanschauung, sagen wir mal, in Ordnung redeten?
»Aber in meinem Zimmer habe ich schon ein paar Sachen.«
»Zimmer?« Ratlos blickte ich mich um. Wo sollte hier, in dieser organischen Blase, denn bitte schön noch ein Zimmer sein?
Seine Mundwinkel hoben sich. »Komm mit.«
Er ging in den Teil des Hauses, der in den Felsen gehauen war, und stieg eine Treppe nach unten. Ich folgte ihm. Die Stufen führten in ein unterirdisches Stockwerk, das aber vom Krahja beschienen alles andere als dunkel war, zudem spendete der durchsichtige Jadis von oben genügend Licht, um alles, aber auch alles hier zu erhellen. Von einer weitläufigen Diele gingen etliche Türen ab, die halb offen standen.
»Sie haben wieder angebaut«, erklärte er beinahe entschuldigend. »Ist so ein Hobby meines Vaters.«
Unsere Schritte hallten auf dem glatten Steinboden wieder.
»Heiliger iCommplete. Hier kann man sich ja verlaufen. Wie viele Zimmer sind das?«
»Bei den Steinen, die ich in meinem Leben schon schleppen musste, fühlt es sich wie hundert an, aber tatsächlich sind es«, sein typischer Scannerblick huschte einmal an der Wand entlang, »inzwischen achtundzwanzig.«
Achtundzwanzig Zimmer! Ich riss die Augen auf. »Wer wohnt denn hier alles?«
»Gut zwei Drittel sind für Gäste.« Er öffnete eine Tür, um mir zu zeigen, dass der Raum unbewohnt war. Aber das war er gar nicht.
Iason runzelte die Stirn und ging weiter. Auf unserem Weg durch die leeren Gänge und vorbei an den ganzen Türen untersuchte Iason ein Zimmer nach dem anderen. »Sie sind alle bewohnt«, murmelte er.
»Vielleicht wohnen Leute von einem anderen Clan hier, weil Lokondra ihr Dorf zerstört hat«, sagte ich.
Iasons Schulterblätter zogen sich zusammen. Ich sah, wie er den Kopf leicht zur Seite neigte, als würde er sich meine Worte durch den Kopf gehen lassen, aber er antwortete nicht. Eine Weile schien er mit sich und seinen Gedanken allein, bis wir das Ende eines Gangs erreichten. »Hier ist mein Zimmer.« Er öffnete die Tür neben sich und ließ mir den Vortritt. Ich betrat einen weitläufigen Raum, der im hinteren Teil einen Erker aufwies. Ein heller Lichtstrahl aus dessen Decke deutete eine weitere Öffnung nach oben an. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus und blickte vom Tisch und dem Stuhl, die im Erker standen und vom Sonnenlicht beschienen wurden, über das mannshohe Krahja, das in der Mitte des Raums stand und ein halb leeres Regal beleuchtete. Hier standen eine Reihe Bücher, zumindest sahen diese zwischen Rindenstücke gepackten und mit Pflanzensträngen zusammengebundenen Papiere aus, als wären es Bücher, und ich wusste, dass Loduuner ihre Schriften lieber auf handgeschöpftem Papier als in elektronischen Dateien festhielten. Auf dem Regalbrett darunter lag eine merkwürdige Glastafel.
Iason bemerkte mein Interesse daran. »Das ist meine Kommunikationsscheibe. Sie funktioniert ähnlich wie eure Computer, nur dass sie etwas ausgefeilter ist.«
An diese Mischung aus
Weitere Kostenlose Bücher