Sternenstürme
»Dann müssen wir auf den Entführungsplan zugreifen.«
»Das wird aber nicht so leicht, wie es sich bei Ihnen anhört«, erwiderte Ludnick. »Exportfracht wird nämlich sehr gründlich kontrolliert, bevor sie auf einen Orbital-Shuttle verladen wird.«
»Dann werden Sie sich eben etwas einfallen lassen müssen, um das zu verhindern.«
Ludnick nickte. »Es gibt Mittel und Wege. Das ist zwar teuer, aber es ist machbar.«
»Dann tun Sie es. Wann werden Sie so weit sein?«
»Ich habe noch nicht gesagt, dass ich dabei bin.«
»Kommen Sie schon, Herr Ludnick«, sagte Sar-Say. »Wenn Sie kein Interesse hätten, wären Sie doch gar nicht erst gekommen. Soll ich mein Angebot noch erhöhen?«
»Wie hoch?«
»Was würden Sie zu Manhattan Island sagen, wenn ich zurückkomme?«
Der breitschultrige Mann machte für einen Moment große Augen.
»Ich frage Sie noch einmal. Wie lange wird es dauern, um alle Vorbereitungen zu treffen?«, fragte Sar-Say in der festen Überzeugung, einen weiteren – und wahrscheinlich auch fähigeren – Verbündeten gewonnen zu haben als Gus Heinz.
»Ein paar Wochen. Was ist mit der Blockade?«
»Wir werden sie aussitzen müssen«, erwiderte Sar-Say. »Sie können die Stadt nicht für immer abriegeln. Die Blockade wird wahrscheinlich noch vorm Wochenende wieder aufgehoben.«
»Ich werde Garantien brauchen, wenn ich mich auf Ihre Seite schlage«, sagte Ludnick nachdrücklich, um sich aus der Defensive zu befreien, in die er durch die Erhöhung von Sar-Says Angebot geraten war.
»Welche Garantien?«
»Dass nach Ihrer Rückkehr niemand von meiner Familie zu Schaden kommen wird.«
»Sie haben mein Wort«, erwiderte Sar-Say. »Teilen Sie mir die Koordinaten eines abgelegenen Gebiets mit, wohin Sie und Ihre Familie sich zurückziehen, sobald Sie von der Ankunft der broanischen Flotte im Sonnensystem erfahren. Ich werde die Flottenkommandanten dahingehend instruieren, dass dieser Ort nicht angegriffen wird … und dass Ihrem Planeten überhaupt nichts geschieht, wenn Ihre Leute bei unserem Eintreffen einen gesunden Menschenverstand an den Tag legen.«
»Dann sind wir also im Geschäft«, sagte Ludnick, stand auf und reichte ihm die Hand.
Sar-Say ergriff die Hand und schüttelte sie. Er hatte dieses Ritual des Händefesthaltens schon früh in seiner Gefangenschaft gelernt. Trotzdem fröstelte er noch immer, wenn er einem Menschen die Hand gab. Vielleicht lag es an der unterschiedlichen Körpertemperatur, sagte er sich. Vor einer Ansteckung durch menschliche Keime hatte er nämlich längst keine Angst mehr.
Vielleicht lag es auch einfach nur daran, dass er zu etepetete war.
Fünf Tage nach Sar-Says Flucht versammelten die Hauptakteure auf der Jagd nach ihm sich im Broanischen Institut in Harvard. Alle drei Institutsdirektoren waren dort; sie hatten die Abreise aus Boston verschoben, bis die Krise gelöst war. Ebenfalls anwesend waren der Bürgermeister und Polizeichef von Boston, dazu ein General der Friedenstruppen namens Parsons und sein Adjutant sowie die jeweiligen Assistenten der Direktoren. Mark nahm in seiner Eigenschaft als Dexter Hamlins Assistent an der Konferenz teil. Lisa war wegen ihrer besonderen Kenntnis von Sar-Say dabei. Dieter Pavel war auch anwesend. Er war von der Welt-Koordinatorin als Beobachter entsandt worden.
Die Sitzung fand in einem Konferenzraum statt, der nur ein paar Meter von Sar-Says Unterkunft entfernt war. Normalerweise nutzten die Forscher des Instituts diesen Raum für die Vorbereitung der Befragungen. Nun waren die Wände mit Karten tapeziert, die den Fortschritt der Suche minutiös darstellten.
»Was wissen wir?«, fragte der Blauhelm-General den Polizeichef.
»Wir glauben, dass wir die Station gefunden haben, wo sie die U-Bahn verlassen haben«, erwiderte Chief Martin
Darien, ein schroffer, weißhaariger Mann in einer blauen Uniform. »Wir haben manipulierte Kameras an den Ausgängen der U-Bahn-Stationen Beacon Street und Sacramento Street gefunden. Bei der Tunnelkamera war der Stecker gezogen, und über die Straßenkamera hatte jemand ein Handtuch geworfen. Es gab also einen großen weißen Fleck, der es ihnen ermöglicht hätte, den Außerirdischen in einem geparkten Fahrzeug zu verfrachten, nachdem sie die U-Bahn-Station verlassen hatten.«
»Was ist mit den anderen Kameras in der Umgebung?«, fragte Jean-Pierre Landrieu. »Sie hätten das Fahrzeug doch erfassen müssen, als es den Schauplatz der Entführung kurz darauf verließ.«
»Das
Weitere Kostenlose Bücher