Sternenzauber
»Also, Perpetua – wollen wir mal sehen, was Max Angel für uns sonst noch auf Lager hat?«
»Ja bitte!«, sagte Perpetua eifrig. »Du weißt ja, dass ich sonst nicht viel erlebe. Das hier ist noch besser als die Fernsehshow von Phil und Fern.«
Constance raschelte mit den Seiten. »Ja, also dieser Teil hier stammt von der amerikanischen Anwaltskanzlei, die sich um Mr Angels Testament kümmert. Nun, die Wirklichkeit könnte von deinem erhofften Rock’n’ Roll-Begräbnis nicht weiter entfernt sein. Ach du liebe Güte, nein. Wenn seine sterblichen Überreste auf dem Luftweg hier eingetroffen sind, und zwar … mal sehen, ach ja, Ende November, soll er in aller Stille in Newbury eingeäschert werden. Keine große Sache. Zwei Choräle, ein paar
Stellen aus dem Neuen Testament, das Vaterunser. Keine Blumen. Keine Trauergäste. Nur wir und der Pfarrer. Also wirklich! Das ist ja wohl sterbenslangweilig!«
»Enttäuschend.« Perpetua glättete wehmütig ihre graue Strickjacke. »Und dafür wird die Leiche extra den ganzen Weg von Amerika hierhergeflogen? So eine Geldverschwendung.«
»Keineswegs.« Constance machte ein erfreutes Gesicht. »Der springende Punkt ist, was er sich zum Abschluss gewünscht hat. Und wir werden sehr gut dafür bezahlt, ihm diesen Wunsch zu erfüllen.«
Perpetua verfiel wieder in graues Schweigen. Slo schlängelte sich, nach Tabak riechend und gewollt beiläufig mit den Händen wedelnd, ins Büro zurück.
»Du hast geraucht!«, bellte Constance. »Gib’s zu!«
»Nein.« Mit einer Miene gekränkter Unschuld setzte Slo sich hin. »Ist nur wegen dem unteren Klo. Du weißt doch, die Spülung geht nicht richtig.«
Constance schnaubte und überflog noch einmal die dicht beschriebenen Seiten. »Richtig, ach ja – jetzt kommt die Stelle, wo es interessant wird. Die anderen Bandmitglieder der Burning Banshees leben ebenfalls in Amerika und haben schon Abschied genommen, sie werden also zur Beerdigung nicht herüberfliegen, aber Mr Angel hat eine Liste mit Leuten aufgestellt, deren Anwesenheit er beim Verstreuen seiner Asche wünscht. Mal sehen … liebe Güte, das sind alles Frauen. Frauen aus der Gegend. Frauen, die wir alle kennen. Frauen einer gewissen Altersgruppe.«
»Steh ich auch drauf?«, fragte Perpetua und beugte sich gespannt vor.
»Nein«, schnappte Constance, »aber du wirst sowieso dabei sein, oder nicht, du, Perpetua? Schließlich gehörst du ja zu dem blöden Bestattungsunternehmen!«
Perpetua lächelte glücklich. »Ach ja – ich Dummchen. Wie nett; ich wär nicht gern außen vor.«
»Hmmmm.« Constance las sich die Liste durch. »Interessant. Sehr interessant. Diese Damen haben Max Angel damals neunzehnhundertneunundsechzig offenbar sehr glücklich gemacht. Er erinnert sich an alle über die Maßen liebevoll. Es scheint, als hätte Max Angel im Sommer neunundsechzig in Hazy Hassocks in jugendlichem Leichtsinn so einige wilde Sprösslinge ausgesät.«
»Wir könnten sie erpressen«, sagte Slo eifrig. »Du meinst doch immer, wir sollten das Geschäft erweitern, du, Connie.«
»Ja, indem wir die Limousinen auch bei Hochzeiten und Taufen und Polterabenden einsetzen und den Leichenwagen bei Entrümpelungen.« Constances Knopfaugen funkelten. »Aber nicht, indem wir die verdammten Hinterbliebenen erpressen.«
»Wer steht denn auf der Liste?« Slo zog fragend die Augenbrauen hoch. »Und wo wird die Asche denn verstreut?«
»Ich finde, die ganze Liste sollte vorerst vertraulich bleiben, damit wir in Ruhe die Briefe rausschicken können – in freundliche Worte gefasst, mit Beileidsbekundungen und vielleicht ohne auszuführen, warum gerade diese speziellen Damen eingeladen sind – wir möchten ja schließlich in diesem oder jenem Haushalt keinen Ehekrach heraufbeschwören, nicht wahr?«
»Warum nicht?«, meinte Slo und gluckste kurzatmig. »Nein, lies nur weiter. Was machen wir mit der Urne, wenn sie vom Krematorium kommt?«
»Na, jedenfalls nicht in der Aufbahrungshalle als Aschenbecher verwenden, wie du es bei Gertie Bickersdyke gemacht hast, so viel steht fest. Ach – du lieber Himmel!«
»Was denn, Constance?« Perpetua sah besorgt aus. »Was ist denn los?«
»Max Angel«, sprach Constance in gravitätischem Ton, »wünscht sich einen Abgang mit Knalleffekt. Er möchte eine Feuerwerksbestattung. Er will doch tatsächlich seine Asche in einer Rakete in die Ewigkeit schießen lassen.«
» The Gunpowder Plot , guten Morgen. Was kann ich für Sie tun?« Clemmie
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