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Sternenzitadelle

Sternenzitadelle

Titel: Sternenzitadelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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derart zerstört, dass er den Korallenschild bereits sieben Mal auf offener See hatte füllen müssen. Glücklicherweise war das nächste Versorgungsschiff nicht allzu weit entfernt, und da es über Container mit dem größten Fassungsvermögen der Flotte verfügte, konnte es gleichzeitig mehrere Spritzboote mit Füllschaum versorgen, ohne dass sie jeweils nach Koralion zurückkehren mussten. Doch die Innung des Pülons sah mit Sorge, wie ihre Reserven an Füllschaum – eine Mischung aus zerkleinerten Polypen, Algen und chemisch hergestellter Hefe, die nach dem Einspritzen in die Pfeiler um das Fünffache aufquoll und nach dem Trocknen steinhart wurde – beträchtlich abnahm.
    Saül Harnen wusste nicht, wie viele Pylone seine Mannschaft und er seit ihrem Auslaufen aus dem Hafen von Koralion befestigt hatten: dreißig, vierzig, vielleicht mehr als fünfzig … Die Männer arbeiteten in Wechselschichten und gönnten sich nur wenig Schlaf.
    Captain Saül Harnen ging auf die Brücke und richtete sein Fernglas auf die Spitze des Pylonen. Nachdem sich seine Augen an das blaue Licht gewöhnt hatten, erkannte er, dass dieser riesige Pfeiler in seiner gesamten Länge gespalten war und nur noch von einem Korallenband zusammengehalten wurde, das einem schmalen Steg glich. Er sah auch einen Personenair, der das Orgelwerk überflog.
    Er fluchte und spuckte aus. Jahrhunderte hat es auf Ephren keine größeren Probleme gegeben, dachte er. Aber das Ang-Imperium hat nur drei Standardjahre gebraucht, um das empfindliche ökologische Gleichgewicht des Planeten zu zerstören. Zwar habe ich die Riesenschlangen nie geliebt, doch sie waren notwendig, weil sie gewaltige Mengen Flechten verzehrten, eine Reinigungsarbeit, die selbst
die Thutalinen nicht hätten bewältigen können. Und das Schlimmste war, dass der Kardinal-Gouverneur und seine Schranzen, der Großinquisitor und dieser Eunuch von Vikar diese Katastrophe nur aus einem Grund inszeniert haben: weil sie einer in der Verbannung lebenden Thutalin und ihres dreijährigen Sohns habhaft werden wollten.
    »He, Captain! Der da wird uns unseren gesamten Füllschaum kosten.«
    Saül Harnen senkte das Fernglas und sah Cal Pralett, seinen ältesten Mitarbeiter an. Der Mann arbeitete bereits seit über fünfzig Jahren für die Innung des Pülons. Cal kannte das Meer wie kein Zweiter, trank aber gerne einen über den Durst; deshalb hatte er nicht Karriere gemacht. Aber er war kompetent und eine unersetzliche Hilfe für jeden Captain.
    Schwarze, schaumgekrönte Wellen brachten das Spritzboot zum Schaukeln. Es schlingerte so sehr, dass sich beide Männer an den Handläufen festhalten mussten.
    »Der ist nicht mehr richtig stabil«, fuhr Cal fort und kniff die Augen zusammen.
    »Willst du damit sagen, dass wir keinen Füllschaum zum Stabilisieren verschwenden sollten?«, fragte Saül Harnen.
    »Im Gegenteil, Captain. Wenn der zusammenkracht, reißt er wahrscheinlich ein großes Stück vom Schild mit in die Tiefe. Und dieses gigantische Loch würden nicht einmal tausend Thutalinen reinigen können.«
    Der Captain ließ den Handlauf los und ging schwankend und mit rudernden Armen zum Bug des Boots, um die Ventile zu öffnen. Sie befanden sich unter der Motorhaube.
    In dem Moment, als er sich bückte, hörte er jemanden schreien: »Ho! Ho, Captain!«

    Er richtete sich auf, stieß mit dem Kopf an die Motorhaube und verfluchte zum tausendsten Mal den Kerl, der das Spritzboot konstruiert hatte.
    »Ho, Captain!«
    Seine Männer standen alle backbord an der Reling, auch Cal Pralett. Sie schenkten ihm keine Aufmerksamkeit, sondern starrten den Fuß des Pfeilers an. Die Matrosen, die dort standen, hatten die Schlauchleitungen losgelassen und beugten sich über eine Gestalt, die Saül Harnen zuerst für einen Goldenen Palmipes, einen Schwimmvogel, der auf den südlichen Inseln lebt, hielt. Als er zur Reling ging, erkannte er im blauen Licht Xati Mus, dass es sich um ein Kind handelte.
    »Was für seltsame Geschöpfe man hier findet, Captain!«, rief Cal Pralett.
    »Hielt sich das Kind im Inneren des Pfeilers auf?«
    »Jedenfalls kam es da raus. Hätten Sie die Ventile geöffnet, wäre es breits in dem Füllschaum erstickt …«
    Der kleine Junge konnte nicht älter als vier Jahre sein, doch seine großen dunklen Augen strahlten eine außergewöhnliche Energie aus. Der Wind spielte mit seinem schwarzen gelockten Haar und seinem aus Flechten gewirkten Hemd. Er blieb stumm und reglos, während die

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