Sternenzitadelle
müssen unser Glück außerhalb des Palastes versuchen, denn die Vikare haben die Energiezufuhr unterbrochen.«
»Vielleicht genügt es, sie wiederherzustellen.«
»Das glaube ich nicht, denn die Vikare werden die kodierten Schlüssel an sich genommen oder zerstört haben.«
»Kennt Ihr jemanden in der Stadt, der über einen Deremat verfügt?«
»Eigentlich nicht … Seit drei Jahren habe ich ausschließlich im Palast gelebt. Ich hatte viele Feinde, wie Ihr wohl bemerkt habt …«
»Momentan wäre es mir lieber, wir könnten auf Freunde zählen«, murrte Whu.
»Wir handeln nach Euren Grundsätzen, Ritter, und gestalten unser Umfeld nach unseren Bedingungen. Also machen wir aus Feinden Freunde.«
»Das ist nicht der Moment für Scherze …«
»Es war kein Scherz.«
Die Männer betraten die völlig verwüstete Bibliothek. Inmitten der umgestürzten Regale samt deren Inhalt lagen Tote. Die Film-Bücher hatten sich beim Aufschlagen auf den Boden geöffnet. Bilder flirrten über winzige flache Displays, begleitet von leisen Kommentaren aus den integrierten Lautsprechern.
Das Gemurmel wurde von einem Stöhnen unterbrochen. Die beiden blieben stehen und zogen ihre Waffen. Fracist Bogh ging langsam in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Ein schwer verletzter Osgorite lag hinter einem Regal, das nicht umgefallen war. Der Geistliche konnte den Anblick des Sterbenden kaum ertragen. Dem Mann fehlte praktisch die gesamte rechte Körperseite. Mit seiner gesunden Hand umklammerte er die Linke des ehemaligen Muffis.
»Wer … wer … sind … Sie?«
»Fracist Bogh.«
Der Name schien dem Mann nichts zu sagen. Whu hatte sich den beiden inzwischen genähert und betrachtete verständnislos die Szene.
»Besser bekannt bin ich unter dem Namen Barrofill der Fünfundzwanzigste …«
»Eure … Eure Heiligkeit … Ihr lebt … gepriesen sei das Kreuz«, sagte der Osgorite und richtete sich mit letzter Kraft etwas auf. Er sah Fracist Bogh bewundernd an. »Darf ich … Euren Ring küssen, den Julischen Korund?«
»Ich habe ihn jemandem gegeben, der sich mittels eines Deremats im Palast bereits hat transferieren lassen.«
»Und warum … habt … habt Ihr … das nicht … getan?«, sagte er mühsam mit kaum noch hörbarer Stimme.
»Die Vikare haben die Energiezufuhr unterbrochen. Deshalb funtionieren die Deremats nicht. Wir müssen außerhalb des Palastes danach suchen.«
»Ihr könnt … die … unseres Geheimnetzes … nehmen …«
Fracist Bogh beugte sich über den Sterbenden. »Wo befinden sich diese Deremats?«
Ein Zucken durchlief den Körper des Schwerverletzten. Ein Blutschwall kam aus seinem Mund. Fracist Bogh schüttelte den Kopf des Mannes.
»Die Adresse? Geben Sie mir die Adresse.«
»Mikeli-Ang-Straße siebenundzwanzig … Romantigua … dritte Etage … Code … Maltus … Segnet … segnet mich … Eure …«
Ein neuer Schwall Blut kam aus dem Mund des Mannes, dann starb er. Fracist Bogh schloss ihm die Augen und sprach ein Gebet.
Auch Whu hatte inzwischen seine Maske abgenommen. Die beiden Männer gingen durch die verwüstete Bibliothek. Von diesem Raum, der große Schätze beherbergt hatte, dem Stolz der Gelehrten und Muffis, war praktisch nichts übrig geblieben.
»Ich glaube allmählich, dass Ihr Recht habt«, sagte Whu plötzlich, das Schweigen brechend.
»In welcher Hinsicht?«
»Dass man Feinde zu Freunden machen soll.«
»Dieser Mann war kein Feind.«
»Ich spreche von der Transformation widriger Elemente in positive Elemente. Metaphorisch gesprochen, eine Verwandlung von Blei in Gold.«
»Es handelt sich um Eure Grundregeln, Ritter!«
»Doch Ihr habt sie äußerst effizient praktiziert, weitaus erfolgreicher, als ich es jemals hätte tun können. Ich kannte nur die Theorie – und das Xui. Durch das Xui kann ich noch sehr viel lernen.«
»Wir alle können voneinander sehr viel lernen. Auch wenn die Pfeiler an verschiedenen Orten stehen, so stützen sie gemeinsam das Gebäude.«
»Wie die zwölf Pfeiler des Tempels des Lichts …«, murmelte Whu.
Eine mit Schutt überladene Treppe führte direkt auf den Innenhof mit dem Großen Turm. Dort drängten sich Interlisten, Söldner, Gardesoldaten, Geistliche und Bedienstete. Alle verwirrt, erschöpft und mit schmutziger Kleidung. Wegen des Energieausfalls funktionierten die künstlichen Lichtquellen nicht, aber die Dunkelheit der Zweiten Nacht bot den beiden Gefährten in diesem Chaos einen
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