Sternenzitadelle
habe!«, sagte Jek schuldbewusst. »Der Inquisitor-Scaythe hat meinen Kopf ausgeforscht und …«
»Er hat dich nicht ausgeforscht«, unterbrach Shari seinen Freund. »Das Antra hat ihn daran gehindert. Er hat aber gelauscht, als du zu deinen Eltern sprachst.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich habe dich während deiner ganzen Reise begleitet, Jek At-Skin!«, antwortete Shari, sichtlich erfreut über die Wirkung seiner Worte. »Ich bin schon vor deinem Transfer nach Ut-Gan hier gewesen, habe mich aber nicht gezeigt, weil ich wusste, wie wichtig dir diese Reise war. Und dann hast du so häufig über deine Heimat und deine Eltern gesprochen, dass ich sie einmal kennenlernen wollte …«
»Sie waren da, als mich die Pritiv-Söldner jagten?«
»Dieses Risiko musste ich eingehen. Solltest du deine Emotionen und deine Erschöpfung nicht beherrscht haben, wärst du nie ein Krieger der Stille geworden und hättest keinen Zugang zu den Inddikischen Annalen gehabt.«
»Und Sie hätten mir nicht geholfen, wenn sie mich gefangen hätten?«, fragte Jek empört.
»Momentan wäre ich dazu nicht in der Lage gewesen.«
»Und warum … warum sind Sie mir dann böse gewesen?«, stammelte der kleine Anjorianer irritiert.
»Ich stand in letzter Zeit derart unter Anspannung, dass ich meinen Zorn an jemandem abreagieren musste.«
Da begriff Jek, dass Shari seinen Zweifeln und Ängsten manchmal Ausdruck verleihen musste, da die Verantwortung für Oniki und Tau Phraïm, die auf ihm lastete, ihn zu erdrücken drohte, zumal er die beiden nicht besuchen durfte. Und nach Sri Lumpas Weggang und Naïa Phykits Gefangenschaft war er allein im Kampf gegen den Blouf – ein ständiger Drahtseilakt. Denn er war der letzte Mittler zwischen dem Universum und den Menschen, der letzte Funken Glut eines Feuers, das nahezu erloschen war. Jede Entscheidung, die er traf, jede seiner Handlungen entschied über die Zukunft der Menschheit. Nie durfte er sich gehenlassen, träumen oder sich melancholischem Nichtstun hingeben – wie es Jek nur zu oft und gerne tat.
Ich muss ihm helfen, dachte der kleine Anjorianer. Ich muss Shari einen Teil seiner Last abnehmen, eins mit ihm werden, damit wir zu einem Kern verschmelzen, der zu einem Anziehungspunkt für andere Individuen wird und somit mehr Energie bündelt, denn dieser Krieg ist nur durch totale Hingabe, Willenskraft und unablässige Wachsamkeit zu gewinnen.
So als wäre Shari den Gedanken seines jüngeren Gefährten gefolgt, legte er nun seine Hände auf dessen Schultern und drückte ihn an sich. So blieben die beiden eine Weile stehen. Die Sonne strahlte vom blauen Himmel herab, die Vögel zwitscherten, die Blätter der Bäume rauschten leise im Wind.
Dann badeten Shari und Jek im eiskalten Gebirgsbach, wuschen ihre Kleidung und breiteten sie zum Trocknen auf den Felsen aus. Sie legten sich ins Gras, und eine wohlige Wärme breitete sich in Jek aus, während er dem leisen Plätschern des Baches lauschte. Seine Gedanken wanderten zu Yelle.
Sie erwartete ihn, auf Syracusa, unter einem Leichentuch aus Eis. Das Bild ihres erstarrten Körpers stärkte seine Entschlossenheit.
Als er in die Wirklichkeit zurückkehrte und seinen in der Nähe liegenden Gefährten betrachtete, sah er, dass Shari mit geschlossenen Augen weinte.
Die beiden zogen ihre inzwischen getrocknete Kleidung an, setzten sich einander gegenüber, legten die Handflächen aneinander und flogen mit dem Strom des Äthers durchs All. Noch nie hatte Jek eine psychokinetische Reise zu zweit unternommen, und das Gefühl, seine Individualität völlig aufzugeben, verwirrte ihn dermaßen, dass er plötzlich den Kontakt zu dem Antra verlor und sich inmitten der Gashülle eines Planeten wiederfand.
Es war sehr heiß, und er geriet in Panik, als er ein Gemisch aus Ammoniak, Helium und Wasserstoff einatmete. Dem Ersticken nahe, stürzte er im freien Fall ins Zentrum einer rotorangefarbenen Wolke. Reflexartig schloss er die Augen und stellte die innere Stille wieder her. Sofort waren
seine Energieströme wieder im Gleichklang mit denen Sharis. Er glaubte, ein musikalisches Lachen mit einem spöttischen Unterton zu hören, und es begleitete ihn, bis sich die beiden vor einem prächtigen Portal aus Licht rematerialisierten.
Dieser strahlende Bogen vor dem Hintergrund der Unendlichkeit gehörte nicht zu der Welt der Formen, trotzdem war er keine Fata Morgana, denn die Gefährten mussten diesen Torbogen durchschreiten, so wie sie durch eine
Weitere Kostenlose Bücher