Sternenzitadelle
der Ritterschaft zu tun? Oder nicht? Er begriff überhaupt nichts mehr; er fühlte sich nur unendlich einsam und war sehr traurig.
»Wie steht es mit den Kämpfen?«, fragte die Himâ.
»Die Besatzung der beiden Lastwagen wurde neutralisiert, und wir haben die gefangenen Kinder befreit. Gepriesen sei der Schwefelsturm!«
»Gestern noch habt ihr die Schwefelstürme verflucht. Gepriesen seien also die Götter, die die Gebete ihrer Kinder nicht erhören.«
»Und was machen wir mit ihm?«
»Er bleibt bei mir. Er trägt zu einem Zwölftel zu der Zukunft
der Menschheit bei … zu unserer Zukunft. Geht und holt zwei Alte, damit sie seine Wunden versorgen, und dann …«
Ein dumpfes Geräusch unterbrach sie. Whu Phan-Li war auf die Knie gefallen und schluchzte. Endlich konnte er die Tränen weinen, die er länger als zwanzig Jahre zurückgehalten hatte.
FÜNFTES KAPITEL
Jetzt möchte ich über Tau Phraïm sprechen, den mutmaßlichen Sohn des Mahdis Shari von den Hymlyas. Den Anhängern der Neun Ephrenevangelien – die, wie ich weiß, hier zahlreich vertreten sind – wäre ich sehr dankbar, wenn sie meinen Argumenten, ohne mich zu unterbrechen, folgen würden. Denn diese Argumente basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und beweisen, dass die meisten Tau Phraïm zugeschriebenen Wunder nichts mit der Realität zu tun haben, sondern Ausdruck eines den phraïmischen Adepten eigenen kollektiven Unterbewusstseins sind. Ich bitte Sie, protestieren Sie nicht! Später werden Sie genug Zeit haben, die Fakten zu bezweifeln … Mein erstes Beispiel gilt dem ersten, Tau Phraïm zugeschriebenen Wunder. Die Neun Evangelien behaupten, ich zitiere: »Er stahl im Alter von fünf Jahren eine Aquakugel, verbrachte sieben Tage und Nächte ohne zu essen und zu trinken an Bord und ging unentdeckt im Hafen von Koralion an Land …« Dann habe er an der wöchentlich stattfindenden Messe teilgenommen, die Auslöschungsaktionen der Scaythen auf gravierende Weise behindert – »das Phänomen des Auslöschens ausgelöscht« steht in den Evangelien, und darin besteht das Wunder – und einen Aufruhr provoziert. Daraufhin kehrte er in aller Ruhe auf die Insel zurück, wo er von seiner Mutter und den »Verbannten« erwartet wurde. Erster Einwand: die Verbannten. Denn die ehemaligen Leidensgefährten
Onikis waren längst durch ein Bataillon, bestehend aus Scaythen von Hyponeros und Pritiv-Söldnern, ersetzt worden. Zweiter Einwand: In den Evangelien steht geschrieben, dass sich diese Episode im Jahr 20 des Ang-Imperiums zugetragen habe. Aber Tau Phraïm war zu jener Zeit erst drei und nicht fünf Jahre alt. Dritter Einwand: Tau Phraïm und seine Mutter Oniki wurden ständig von den Scaythen streng überwacht, es war ihnen also unmöglich, ohne das Wissen ihrer Bewacher die Korallen zu verlassen …
Sollten die Phraïmer weiterhin stören, lasse ich den Saal räumen! Es ist sehr wahrscheinlich, dass Oniki von den Pritiv-Söldnern ermordet wurde, nachdem sie die Riesen-Korallenschlangen vernichtet hatten und der Schutzschild in sich zusammengebrochen war, und dass Tau Phraïm auf die Welten des Zentrums flüchtete. Ich habe Beweise, dass er auf den Planeten Marquisat und Issigor gesehen wurde. Jetzt möchte ich über das zweite Wunder sprechen, das so genannte Wunder der Zwölf Gunstbeweise …
Öffentlicher, sehr stürmisch verlaufender Vortrag des neoropäischen Historikers und Gelehrten Anatul Hujiak, umstrittener Biograph Sri Lumpas, des Prinzen Jek der Hyänen und Tau Phraïms
D u hast meine Befehle missachtet, Jek At-Skin! Und du hast eine schreckliche Gefahr für uns heraufbeschworen! Für die vier im Eis Schlafenden! Für die gesamte Menschheit!«, sagte Shari, und seine schwarzen Augen blitzten, während seine Stimme ruhig blieb, aber so schneidend wie eine scharfe Klinge war.
Genau wie seine Hinreise war Jeks Rückreise ohne Zwischenaufenthalt verlaufen, direkt aus dem Planetensystem von Hares in das Sonnensystem Terra Maters.
Im Schlafzimmer des Hauses in Anjor hatte er sich auf das Bett gesetzt, seine Panik unterdrückt und war in das Stadium der inneren Stille hinabgeglitten. Während die Stimmen der Hausbewohner und der Söldner vor der Tür immer leiser wurden und schließlich verstummten, hatte sich die Öffnung mit dem blauen Licht wieder aufgetan und eine mächtige Strömung hatte ihn ergriffen und durch Zeit und Raum transportiert. Stundenlang hatte er erschöpft im feuchten Gras gelegen, ehe er aufstehen
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